Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2012 - V ZB 288/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kostengläubiger beurkundete einen Vertrag, mit dem der Kostenschuldner ein bebautes Grundstück kaufte. In dem Kaufvertrag wurden zugleich die Auflassung und die Bewilligung des Verkäufers zur Eintragung einer den Anspruch auf Übereignung sichernden Vormerkung beurkundet. Der Kostenschuldner bewilligte zugleich die Löschung dieser Vormerkung, unabhängig von der Eigentumsumschreibung. Der Kostengläubiger war berechtigt, aber nicht verpflichtet, den Antrag auf Löschung der Auflassungsvormerkung zu stellen, wenn der Kostenschuldner nicht nach Fälligkeit den Kaufpreis zahlte, der Verkäufer den Rücktritt von dem Vertrag erklärte, und der Kostenschuldner auch auf Aufforderung des Kostengläubigers diesem gegenüber die Zahlung des Kaufpreises nicht nachwies. Vor der Beantragung der Umschreibung des Eigentums oder Löschung der Vormerkung sollte der Kostengläubiger den Vertragsparteien keine vollständige Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Vertrags erteilen.
- 2
- Der Kostengläubiger erstellte gegenüber dem Kostenschuldner eine Kostenberechnung , in der er - hier von Interesse - auch eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Überwachung der Löschungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung in Ansatz brachte. Der Präsident der Landgerichts hat im Rahmen der Geschäftsprüfung die Kostenberechnung hinsichtlich dieser Gebühr beanstandet und dem Kostengläubiger aufgegeben, im Wege der Beschwerde die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Das Landgericht hat die Kostenberechnung abgeändert und unter Herausrechnung der Betreuungsgebühr für die Überwachung der Löschung der Vormerkung neu gefasst. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Kostengläubigers zurückgewiesen.
II.
- 3
- Das Beschwerdegericht bejaht zwar die Entstehung einer Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO, weil diese nicht durch eine andere Gebühr abgedeckt sei und mit der Annahme des Auftrags ausgelöst werde, wenn der Notar auf Grund einer von ihm zu beachtenden Ausfertigungssperre den Parteien keine vollständigen Ausfertigungen habe erteilen dürfen. Die Gebühr müsse aber außer Ansatz bleiben, da sie nach § 16 KostO wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben sei.
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- Das von den Vertragsparteien angestrebte Ziel, mit der Bewilligung der Auflassungsvormerkung für den Käufer zugleich auch den durch den Rücktritt bedingten Anspruch des Verkäufers auf deren Löschung zu sichern, könne auf verschiedenen Wegen erreicht werden, die für den Verkäufer gleich sicher, für den Käufer jedoch mit unterschiedlichen Kosten verbunden seien. Wenn der Notar, statt sogleich die Löschungsbewilligung des Käufers zu beurkunden, sich von dem Käufer bevollmächtigen lasse, erst nach einem Rücktritt des Verkäufers wegen Nichtzahlung des Kaufpreises die Löschung der Vormerkung zu bewilligen, werde bei ungestörter Vertragsabwicklung die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO nicht ausgelöst, so dass für die Parteien durch diese Sicherung keine zusätzlichen Kosten entstünden.
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- Die Wahl derjenigen Gestaltung, die auch für die Mehrzahl der problemlos abzuwickelnden Kaufverträge höhere Kosten entstehen lasse, sei nicht durch das einem Notar grundsätzlich zustehende Gestaltungsermessen gedeckt. Zwar gehöre es nicht zu dessen Amtspflichten, einen mit der Übernahme einer Vollmacht verbundenen Betreuungsauftrag anzunehmen. Auf das Fehlen einer dienstrechtlichen Verpflichtung könne sich der Kostengläubiger aber deshalb nicht berufen, wenn er für den Vollzug des Vertrags umfangreiche Bevollmächtigungen seiner Angestellten in den Vertrag aufgenommen habe, sich aber ohne jede sachliche Begründung weigere, eine Bevollmächtigung für den von ihm selbst vorgesehenen Fall einer Rückabwicklung zu akzeptieren. Vor diesem Hintergrund verstoße das Verhalten des Kostengläubigers gegen das Gebot, von mehreren, gleich sicheren Gestaltungen die für die Vertragsparteien kostengünstigste zu wählen.
III.
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- Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
- 7
- Die angefochtene Entscheidung ist in allen Punkten rechtsfehlerfrei begründet worden. Das Vorbingen des Kostengläubigers in der Rechtsbeschwerdeinstanz führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Auslegung des § 16 KostO durch das Beschwerdegericht stellt insbesondere keinen unzulässigen Eingriff in ein dem Notar zuzugestehendes Gestaltungsermessen dar.
- 8
- 1. Richtig ist allerdings, dass ein Notar nicht verpflichtet ist, einen Betreuungsvertrag im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 BNotO anzunehmen. Daraus lässt sich jedoch nicht der von der Rechtsbeschwerde gezogene Schluss ziehen , dass ein Notar die für die Vertragsparteien teurere Gestaltung wählen dürfe , weil es keine Rechtsvorschrift gebe, die einen Notar zur Annahme einer Vollmacht verpflichte. Eine solche Norm kann es schon deshalb nicht geben, weil die Erteilung einer Vollmacht eine selbständige, einseitige Erklärung des Vollmachtgebers ist, die keiner Annahme durch den Bevollmächtigten bedarf (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - XI ZR 341/05, NJW-RR 2007, 1202, 1203). Da für Notare nichts anderes gilt, kann ein Notar nicht die Erteilung der Vollmacht, sondern nur die Annahme des ihr zugrunde liegenden Betreuungsauftrags ablehnen.
- 9
- 2. Es gibt keine anzuerkennenden Sachgründe für einen Notar, der eine Betreuungspflicht übernimmt, dabei die für die Parteien mit höheren Kosten verbundene Gestaltung zu wählen. Solche Gründe werden von dem Kostengläubiger auch in dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht aufgezeigt.
- 10
- a) Dem Notar ist es weder durch Rechtsvorschriften noch durch Standesrichtlinien untersagt, zum Zweck der Vertragsdurchführung oder -abwicklung Betreuungsaufträge mit solchen Vollmachten für sich oder seine Angestellten anzunehmen und von den erteilten Bewilligungsvollmachten gemäß dem Auftrag Gebrauch zu machen (Reithmann, ZNotP 2005, 322, 326; Weingärtner /Wöstmann, Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer B.II Rn. 91).
- 11
- b) Mit der Bevollmächtigung ist für den Notar weder ein höherer Prüfungsumfang noch ein größeres Haftungsrisiko als bei einer Vorabbewilligung der Löschung der Vormerkung durch den Käufer verbunden. Maßgebend dafür ist allein der Inhalt des Betreuungsauftrags. Nach dessen Bestimmungen muss der Notar - wenn der Verkäufer ihm den Vertragsrücktritt wegen Nichtzahlung des Kaufpreises anzeigt - bei beiden Gestaltungen prüfen und entscheiden, ob er die Löschung der Auflassungsvormerkung herbeizuführen hat. Ob der Notar bei dem Grundbuchamt den Antrag auf deren Löschung unter Einreichung einer vom Käufer vorab erteilten Bewilligung oder unter Vorlage der von ihm auf Grund der Vollmacht des Käufers erklärten Löschungsbewilligung stellt, ist lediglich eine Frage der technischen Abwicklung des Betreuungsauftrags, die für den Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen des Notars nicht wesentlich ist.
IV.
- 12
- Gebühren und Auslagen werden in den auf Anweisung eines Gerichtspräsidenten eingeleiteten Beschwerdeverfahren nach § 156 Abs. 7 Satz 3 KostO von dem Notar nicht erhoben (Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 18. Aufl., § 56 Rn. 103). Die Wertfestsetzung beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 KostO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
LG Bochum, Entscheidung vom 07.12.2010 - I 7 T 249/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.12.2011 - I 15 W 6/11 -
Annotations
(1) Zu dem Amt des Notars gehört auch die sonstige Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiete vorsorgender Rechtspflege, insbesondere die Anfertigung von Urkundenentwürfen und die Beratung der Beteiligten. Der Notar ist auch, soweit sich nicht aus anderen Vorschriften Beschränkungen ergeben, in diesem Umfange befugt, die Beteiligten vor Gerichten und Verwaltungsbehörden zu vertreten.
(2) Nimmt ein Anwaltsnotar Handlungen der in Absatz 1 bezeichneten Art vor, so ist anzunehmen, daß er als Notar tätig geworden ist, wenn die Handlung bestimmt ist, Amtsgeschäfte der in den §§ 20 bis 23 bezeichneten Art vorzubereiten oder auszuführen. Im übrigen ist im Zweifel anzunehmen, daß er als Rechtsanwalt tätig geworden ist.
(3) Soweit der Notar kraft Gesetzes ermächtigt ist, im Namen der Beteiligten bei dem Grundbuchamt oder bei den Registerbehörden Anträge zu stellen (insbesondere § 15 Abs. 2 der Grundbuchordnung, § 25 der Schiffsregisterordnung, § 378 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), ist er auch ermächtigt, die von ihm gestellten Anträge zurückzunehmen. Die Rücknahmeerklärung ist wirksam, wenn sie mit der Unterschrift und dem Amtssiegel des Notars versehen ist; eine Beglaubigung der Unterschrift ist nicht erforderlich.