Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2007 - IX ZR 230/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 88.170,61 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 544 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- 1. Entgegen der Auffassung der Beschwerde beruht das Berufungsurteil nicht auf Willkür.
- 3
- a) Das Berufungsgericht hat die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und behauptetem Schaden in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Die Darlegungslast des Mandanten kann durch die Grundsätze des Anscheinsbeweises erleichtert sein, nach denen die Vermutung gilt, der Mandant hätte beratungsgemäß gehandelt, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des steuerlichen Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahe gelegen hätte (vgl. BGHZ 123, 311, 315; BGH, Urt. v. 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444 f). Vorliegend ist jedoch die Annahme nicht gerechtfertigt, der Kläger zu 1) hätte sich bei sachgerechter Aufklärung durch die Beklagte zwingend für die Besteuerung seiner eigenen Auslandseinkünfte nach dem Recht der Betriebsstättenländer entschieden. Grundsätzlich hängt zwar das Besteuerungsrecht des Quellenstaates nach Art. 15 OECD-MA sowie den hier einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen nicht von einer Wahlentscheidung des Steuerpflichtigen ab. Der Kläger zu 1) war jedoch kein gewöhnlicher Arbeitnehmer, der von seinem Unternehmen zu Auslandseinsätzen entsandt wurde. Vielmehr konnte er als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der B. GmbH entscheidenden Einfluss auf die Besteuerung der Gewinne der Gesellschaft und seiner Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit nehmen. Die Aufteilung der Gewinne und Einkünfte sowie die Meldung des steuerlichen Sachverhalts an die zuständigen Finanzbehörden hätte grundsätzlich die Steuerbarkeit im Ausland, andererseits eine teilweise Freistellung der Einkünfte im Inland zur Folge gehabt. Durch das Unterbleiben dieser Maßnahmen konnte der Kläger zu 1) dagegen faktisch eine reine Inlandsbesteuerung erreichen. Den möglichen Vorteilen einer teilweisen Besteuerung der Einkünfte im Ausland hätte ein nicht unerheblicher Mehraufwand für die gesonderte Ermittlung der Gewinne und Einkünfte sowie für die Fertigung ausländischer Steuererklärungen und Anmeldungen gegenübergestanden.
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- Revisionsrechtlich einwandfrei ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts , das den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechende Verhalten des Klägers bei der Nichtanmeldung der Betriebsstätten im Ausland sei bei der Frage , wie er sich bei pflichtgemäßer Aufklärung durch die Beklagte verhalten hätte , nicht zu berücksichtigen.
- 5
- b) Das Berufungsgericht hat zutreffend den inländischen Steueraufwand nach der Differenzhypothese nur als Einzelposten der Schadensberechnung angesehen, dem die bei einer pflichtgemäßen Anmeldung der Einkünfte im Ausland anfallenden dortigen Steuern und Kosten gegenüberzustellen sind. Ein Vermögensschaden ist nach der Differenzmethode durch einen rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen zu ermitteln, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte (vgl. BGHZ 98, 212, 217). Ein entgangener Steuervorteil kann grundsätzlich nur als Schaden im Rechtssinne geltend gemacht werden, wenn er rechtmäßig und nicht unter Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten hätte erlangt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983 - III ZR 40/83, WM 1984, 95, 96; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung 3. Aufl. Rn. 569). Es unterliegt deshalb keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht bei der Schadensberechnung auf ein rechtmäßiges Verhalten auch bei der Erfüllung etwaiger ausländischer Steuerpflichten abgestellt hat.
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- c) Ebenso wenig willkürlich ist die Auffassung des Berufungsgerichts, den Klägern stehe kein Schadensersatz für die Kosten ihrer jetzigen steuerlichen Berater zu. Dabei kann offen bleiben, ob die im Berufungsurteil aufgeführten Gründe für sich genommen die Aberkennung dieser Schadensposition tragen. Bei einer Durchsicht der in Rechnung gestellten Tätigkeiten der neuen Steuerberater der Kläger erschließt sich teilweise schon nicht, in welchem konkreten Zusammenhang diese mit Versäumnissen der Beklagten stehen. Die geltend gemachten Kosten können auch überwiegend nicht den im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde noch streitgegenständlichen Steuerjahren zugeordnet werden. Die Schätzung eines Schadens nach § 287 ZPO ist unzulässig , wenn sie mangels greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (vgl. BGHZ 91, 243, 257). So liegt der Fall hier.
- 7
- Das 2. Berufungsurteil beruht zu den Fragen der Kausalität und des Schadens auf durch die Senatsrechtsprechung geklärten Rechtsgrundsätzen. Das gilt auch für die Frage, ob zur Darlegung eines Schadens bei einer nach den Doppelbesteuerungsabkommen vermeidbaren Besteuerung von Auslandseinkünften in der Bundesrepublik Deutschland auch die Darlegung der möglichen , allerdings tatsächlich nicht erfolgten Versteuerung dieser Einkünfte im Ausland gehört. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist damit nicht die Frage der Vorteilsausgleichung angesprochen. Die Ersparnis etwaiger im Ausland zu zahlender Steuern und der zur dortigen Versteuerung aufzuwendenden Kosten ist kein Vermögensvorteil als Folge einer Pflichtverletzung der Beklagten , sondern beruht auf einer selbständigen Unterlassung des Klägers.
- 8
- einer Von weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
Kayser Cierniak
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 14.05.2004 - 13 O 359/02 -
OLG Celle, Entscheidung vom 08.12.2004 - 3 U 163/04 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.