Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2011 - IX ZR 139/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 107.290,11 Euro festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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- 1. Das Urteil des Berufungsgerichts weicht nicht in zulassungsrelevanter Weise von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. September 2005 (IX ZR 23/04, WM 2005, 2197 ff) ab. Nach dieser Entscheidung darf sich ein Anwalt grundsätzlich auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben des Mandanten verlassen; zu einer weiteren Erforschung des Sachverhalts ohne entsprechende Anhaltspunkte ist er grundsätzlich nicht verpflichtet (aaO S. 2199). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht Anhaltspunkte gesehen, die Anlass zu weiteren Nachforschungen gegeben hätten (die bisherige Nutzung des Gebäudes , der Vertrag vom 21. Februar 1927, in welchem das Wohnhaus "mit Synagoge und Schule" verkauft worden war; das Vermessungsgutachten vom 1. Dezember 2004 nebst Anlagen). Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass sich ein Anwalt immer und unter allen Umständen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit einer ihm vom Mandanten vorgelegten Urkunde verlassen darf, gibt es nicht.
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- 2. Verfahrensgrundrechte der Beklagten wurden nicht verletzt. Insbesondere wurde deren Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht hat vielfach andere Schlüsse aus dem ihm unterbreiteten Sachverhalt - etwa den vom Historienforscher H. aufgefundenen und vom Kläger eingereichten Unterlagen - gezogen, als die Beklagten für richtig halten. Das verstößt jedoch nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Die Anknüpfungstatsachen , auf denen das Rechtsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W. beruht, hat das Berufungsgericht nach Auswertung der vom Kläger vorgelegten Urkunden für bewiesen angesehen; es hat das Bestreiten der Beklagten nicht, wie diese rügen, übergangen.
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- Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet, entsprechend dem in erster Instanz ausdrücklich gestellten und in zweiter Instanz in Bezug genommenen Antrag der Beklagten ein weiteres Gutachten einzuholen. Die Einholung eines weiteren Gutachtens steht, wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 412 Abs. 1 ZPO ergibt, im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 258 f; vom 4. November 2010 - III ZR 45/10, NJW 2011, 852 Rn. 29). Ein Beweisantrag ist nicht erforderlich; wird ein entsprechender Antrag gestellt, bindet er das Gericht aber auch dann nicht, wenn das erste Gutachten das Gegenteil der behaupte- ten Tatsache bewiesen hat (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970, aaO S. 258 f). Das Berufungsgericht hat ausführlich begründet, von welchen tatsächlichen Grundlagen es ausgegangen ist und warum es auf dieser Grundlage den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. folgt. Anlass, ein weiteres Gutachten einzuholen, bestand danach nicht. Auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob ein Beweisantrag in der Berufungsbegründung ausdrücklich wiederholt werden muss oder ob eine Bezugnahme auf einen in erster Instanz gestellten Antrag ausreicht, kommt es folglich nicht an.
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- 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Fall 2 ZPO abgesehen.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 30.10.2009 - 1 O 529/07 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.07.2010 - 3 U 186/09 -
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(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.