Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Mai 2017 - IX ZR 123/16

published on 30/05/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Mai 2017 - IX ZR 123/16
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Previous court decisions
Landgericht Münster, 114 O 100/14, 09/09/2015
Oberlandesgericht Hamm, 28 U 164/15, 31/05/2016

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 123/16
vom
30. Mai 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:300517BIXZR123.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Meyberg
am 30. Mai 2017
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. Mai 2016 gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 90.887,15 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 2, Schweizer Rechtsanwälte, die eine Anwaltskanzlei in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt haben, aus einem Anwaltsvertrag wegen Anwaltsfehlern und die Beklagte zu 3, eine am 17. Juni 2011 von den Beklagten zu 1 und 2 gegründete Anwaltsgesellschaft in der Form einer Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht, auf Schadensersatz in Anspruch, weil die Beklagten zu 1 und 2 alle Passiva und Aktiva ihrer vormaligen Anwaltsgesellschaft in die neue Gesellschaft eingebracht hätten und diese deswegen nach Schweizer Recht neben den Beklagten zu 1 und 2 für deren Anwaltsfehler hafte. Die Beklagten betreiben eine Internetseite in deutscher und englischer Sprache, die von Deutschland erreichbar ist.
2
Der in Deutschland lebende Kläger ist als verbeamteter Feuerwehrmann berufstätig. Er erzielte in der Vergangenheit Nebeneinkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Architekt. Er legte aufgrund von Vermögensverwaltungsverträgen ab dem 24. Februar 2005 Gelder bei einer Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Firmensitz in der Schweiz (künftig: Unternehmen) an, die ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG ihre Anlageprodukte in Deutschland vertrieb. Im Jahr 2009 kündigte der Kläger die Verträge, erhielt aber nur einen Teilbetrag der eingezahlten Gelder zurück. Deswegen beauftragte er seine Rechtsanwälte, die neben ihm 60 bis 100 weitere Mandanten gegen dasselbe Unternehmen vertraten , mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Spätestens im Sommer 2010 wurde den klägerischen Anwälten bekannt, dass über das Vermögen des Schweizer Unternehmens ein sogenanntes Nachlassverfahren nach Schweizer Recht anhängig war, das der Schuldensanierung dient. Deswegen fragten sie Ende 2010 den Beklagten zu 1, ob er bereit sei, ihre Mandanten im Nachlassverfahren zu vertreten.
3
Mit Schreiben vom 3. Januar 2011 überließ der Beklagte zu 1 den klägerischen Anwälten per Email zum Ausdrucken Auftragsformulare, Vollmachten sowie Formulare für die sogenannten Forderungseingaben im Nachlassverfahren. Das genannte Schreiben war an die geschädigten Kunden des Unternehmens gerichtet; in ihm stellte der Beklagte zu 1 seine Anwaltskanzlei und das Nachlassverfahren vor und erklärte die Bereitschaft, die Geschädigten im Nach- lassverfahren zu vertreten. Die klägerischen Anwälte vervielfältigten die Unterlagen und leiteten sie mit einem Anschreiben an ihre Mandanten weiter, unter anderem an den Kläger. Dieser gab die Unterlagen unterschrieben unter dem Datum des 8. Januar 2011 an seine Anwälte zurück, die sie an die Beklagten zu 1 und 2 weiterleiteten. Danach hatte der Kläger die Beklagten zu 1 und 2 mit der Forderungseingabe in das Nachlassverfahren und der Vertretung in den Gläubigerversammlungen beauftragt. Auftragsgemäß meldete der Beklagte zu 1 die klägerischen Forderungen im Nachlassverfahren an und stimmte in der Gläubigerversammlung am 7. November 2011 auch namens des Klägers dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zwischen dem Unternehmen und seinen Gläubigern vorbehaltlos zu.
4
Parallel zum Nachlassverfahren verklagte der Kläger einen Delegierten, einen ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsrats und einen Verwaltungsrat des Unternehmens auf Schadensersatz. Die Klage wurde abgewiesen, weil die Schadensersatzansprüche des Klägers nach dem anzuwendenden Schweizer Recht gemäß Artikel 303 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) untergegangen seien. Nach dieser Regelung wahrt ein Gläubiger, welcher dem Nachlassvertrag zugestimmt hat, seine Rechte gegen Mitschuldner, Bürgen und Gewährspflichtige nur, sofern er ihnen mindestens zehn Tage vor der Gläubigerversammlung deren Ort und Zeit mitgeteilt und ihnen die Abtretung seiner Forderung gegen Zahlung angeboten hat.
5
Nunmehr verlangt der Kläger wegen des Verlusts dieser Ansprüche von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von 90.887,15 €, teilweise in der Form der Freistellung. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

II.


6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das angerufene Landgericht Münster nach Art. 16 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Fall 2 des LuganoÜbereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (künftig: LugÜ 2007 oder Lugano-Übereinkommen) international zuständig. Gegenstand der Klage seien Ansprüche des Klägers aus einem Vertrag, welchen er als Verbraucher geschlossen habe. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten ihre Tätigkeit auf Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers sowohl durch ihren Internetauftritt als auch durch ihr Schreiben vom 3. Januar 2011 ausgerichtet, als sie die Mandanten der klägerischen Rechtsanwälte, auch den Kläger, am 3. Januar 2011 werbend angeschrieben und dem Anschreiben Auftrags- und Vollmachtformulare beigefügt hätten. Auch die Beklagte zu 3 könne im Verbrauchergerichtsstand in Deutschland verklagt werden. Sie sei zwar nicht selbst Vertragspartner des Klägers geworden, habe den Vertrag jedoch durch Übernahme der Mandate der vorher bestehenden Anwaltsgesellschaft übernommen und könne deswegen als Rechtsnachfolgerin im Verbrauchergerichtsstand verklagt werden.

III.


7
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
8
1. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Frage zugelassen, ob die Beklagten zu 1 und 2 ihre Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Klägers ausgerichtet haben. Diese Frage ist nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie der Senat mit Urteil vom 9. Februar 2017 (IX ZR 67/16, WM 2017, 565) entschieden hat.
9
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
10
a) Die Wertung des Berufungsgerichts, die Beklagten zu 1 und 2 hätten ihre anwaltliche Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet, hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand (vgl. BGH, aaO Rn. 28). Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob die Beklagten zu 1 und 2 allein durch die Ausgestaltung der Internetseite ihre anwaltliche Tätigkeit gerade auch auf Deutschland ausgerichtet haben. Denn jedenfalls die Gesamtschau von Internetseite und den von den Beklagten zu 1 und 2 vorgenommenen Tätigkeiten, um den Vertragsschluss zu erreichen, ergibt das Ausrichten ihrer Tätigkeit gerade auch auf Deutschland.
11
aa) Die Internetseite der Beklagten zu 1 und 2 enthält allerdings allenfalls schwache Anhaltspunkte für ein Ausrichten ihrer Anwaltstätigkeit auf Deutschland. Doch belegt der Internetauftritt, dass die Beklagten zu 1 und 2 ihre Tätigkeit auch auf Mandanten aus dem Ausland ausgerichtet haben, ohne Verbraucher als Mandanten auszuschließen. Dabei hat der Kläger mit der Vorlage ei- nes Ausdrucks der aktuellen Internetseite der Beklagten zu 3 das Erforderliche getan, um den Inhalt der Internetseite der Beklagten zu 1 und 2 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses frühestens im Januar 2011 zu beschreiben. Es hätte nunmehr den Beklagten oblegen, diesen Vortrag gemäß § 138 Abs. 2 ZPO substantiiert zu bestreiten (BGH, aaO Rn. 30 f).
12
Auf der in deutscher und englischer Sprache abgefassten Internetseite warben die Beklagten zu 1 und 2 damit, ihre Rechtsanwälte sprächen neben Deutsch und Englisch Französisch, Italienisch, Spanisch und Tibetisch, wovon nur Deutsch, Französisch und Italienisch Landessprachen sind. Weiter haben die Beklagten zu 1 und 2 darauf hingewiesen, Personen und Unternehmen aus der Schweiz und aus dem Ausland zu vertreten. Sie boten eine international ausgerichtete Rechtsberatung an und warben mit internationalen Kompetenzen. Sie verwendeten einen anderen Domänennamen oberster Stufe als den der Schweiz; Telefonnummer und Anschrift waren mit Auslandsvorwahl und Länderkennzeichen versehen. Interessenten konnten über die Internetseite, die von Deutschland aus zu erreichen war, Kontakt zu den Beklagten aufnehmen (vgl. BGH, aaO Rn. 33). Dass den angebotenen Dienstleistungen in Bezug auf die forensische Tätigkeit der internationale Charakter fehlte, hindert die nationalen Gerichte nicht, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller festgestellten Indizien dennoch ein Ausrichten der Tätigkeit auf einen anderen Staat anzunehmen. Denn keines der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien ist für sich alleine für die Annahme des Merkmals des Ausrichtens erforderlich oder ausschlaggebend. Der Europäische Gerichtshof misst dem Indiz des internationalen Charakters der Tätigkeit zudem nur eine begrenzte Wirkung zu (BGH, aaO Rn. 34 f).

13
bb) Das Berufungsgericht durfte in dem Schreiben der Beklagten zu 1 und 2 vom 3. Januar 2011 ein Werbeschreiben sehen, durch das ein Ausrichten begründet wird (vgl. BGH, aaO Rn. 25). Die Beklagten zu 1 und 2 haben mit ihrem Schreiben nicht nur einem die Bedingungen eines Anwaltsmandats erfragenden Interessenten geantwortet, sondern ihnen weder namentlich noch in der Zahl bekannte Mandanten der klägerischen Anwaltskanzlei beworben, um sie zu einem Vertragsschluss zu veranlassen. Weiter haben sie ihnen entweder ein ausdrückliches Angebot oder aber eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots gemacht. Dadurch haben sie ihren Willen zum Ausdruck gebracht, in Deutschland ansässige Mandanten zum Abschluss eines Anwaltsvertrages zu motivieren (vgl. BGH, aaO Rn. 39 ff). Einen faktisch bereits ausgehandelten Anwaltsvertrag hat es ausweislich des Anschreibens vom 3. Januar 2011 nicht gegeben (BGH, aaO Rn. 40). Der Verbrauchergerichtsstand kann auch nicht deswegen verneint werden, weil der Kläger den Anwaltsvertrag mit den Beklagten zu 1 und 2 letztlich aufgrund einer dahin gehenden Beratung und Empfehlung durch seine deutschen Anwälte geschlossen hat. Gegen das Merkmal des Ausrichtens spricht jedenfalls nicht die fehlende (oder über den Zurechnungszusammenhang zu modifizierende) Kausalität oder Motivation durch die absatzfördernde Tätigkeit des Unternehmers, weil diese nicht erforderlich ist. Für das Merkmal des Verbrauchers kommt es darüber hinaus auf eine tatsächlich vorhandene Schutzbedürftigkeit nicht an, solange der Vertragspartner eines gutgläubigen Unternehmers nicht den Eindruck erweckt, er handele zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken (vgl. BGH, aaO Rn. 47). Zudem sind vorliegend den Beklagten zu 1 und 2 die absatzfördernden Handlungen der klägerischen Anwälte zuzurechnen. Die im Streitfall festgestellten Umstände sprechen für ein gemeinsames Vermarktungskonzept von klägerischen Anwälten und Beklagten. Deswegen ist die Empfehlung durch die klägerischen Anwälte, die Beklagten zu 1 und 2 zu beauftragen, diesen als Unternehmer zuzurechnen, weil sie mit deren Wissen und Wollen als Teil des Konzeptes erfolgt ist (vgl. BGH, aaO Rn. 48 ff).
14
b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht weiter festgestellt, dass der Kläger Verbraucher im Sinne von Art. 15 LugÜ 2007 ist.
15
aa) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Verbraucher natürliche Personen, die zu einem privaten Zweck einen Vertrag schließen, der nicht einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der Begriff des Verbrauchers ist eng auszulegen und nach der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung dieser Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann. Es fallen nur Verträge unter diese Sonderregelung, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen schließt. Die Beweislast für die Verbrauchereigenschaft trägt derjenige, der sich darauf beruft (BGH, aaO Rn. 13).
16
bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger den Anwaltsvertrag allein zu nichtberuflichen und nichtgewerblichen Zwecken mit den Beklagten zu 1 und 2 geschlossen hat, weil er die dem Anwaltsvertrag zugrundeliegenden Kapitalanlageverträge zu einem allein nichtberuflichen und nichtgewerblichen Zweck geschlossen hat. Es hat darauf verwiesen, dass der Kläger sowohl den Anwaltsvertrag als auch die Vermögensverwaltungsverträge im eigenen Namen ohne Bezug auf seine Tätigkeit als Architekt geschlossen hat. Die Vertragsunterlagen der Kapitalanlage in der Schweiz belegen nach Ansicht des Berufungsgerichts die private Zielsetzung. Der Kläger wurde im Rahmen der abgeschlossenen Lebensversicherungen zu gesundheitlichen Problemen befragt; dabei wurde auf seine Dienstfähigkeit als feuertechnischer Beamter abgestellt. Das Unternehmen beglückwünschte den Kläger nach Vertragsschluss dazu, einen wichtigen Schritt für seine "private Vermögensbildung" getan zu haben. Daraus hat das Berufungsgericht geschlossen, dass dieser Vertrag dazu diente, privates Vermögen des Klägers anzulegen und zu verwalten. Anhaltspunkte dafür, dass das nach dem Willen der Anleger über Jahrzehnte hinweg einzuzahlende Kapital letztlich wieder dem Betriebsvermögen hätte zugeführt werden sollen, lägen nicht vor und seien auch nicht plausibel. Das gelte auch, wenn die Behauptung der Beklagten zutreffe, der Kläger habe die Mittel für die Geldanlagen in der Schweiz aus den (unversteuerten) freiberuflichen Einnahmen gezahlt.
17
Gegen diese tatrichterliche Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die grundsätzlich dem Tatrichter obliegende Beweiswürdigung kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, aaO Rn. 15). Solche Fehler weist die Revision nicht nach. Sie rügt insoweit lediglich, das Berufungsgericht habe gehörswidrig den Vortrag der Beklagten übergangen, der Kläger sei deswegen als Unternehmer anzusehen , weil er die Erlöse aus der selbständigen Tätigkeit als Architekt bei dem Schweizer Unternehmen angelegt habe, die er als Bargeld am deutschen Fiskus vorbei in die Schweiz geschafft habe. Das angelegte Geld entstamme deswegen nicht seinem Privatvermögen und sei auch nicht aus dem Betriebsver- mögen in sein Privatvermögen überführt worden. Der Kläger hätte substantiiert vortragen und nachweisen müssen, dass er die angelegten Gelder in sein Privatvermögen überführt und dann aus seinem Privatvermögen in die Schweiz transferiert habe. Deswegen entbehre die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe als Verbraucher gehandelt, jeder tragfähigen Grundlage.
18
Der behauptete Gehörsverstoß liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten berücksichtigt, es kam auf diesen Vortrag nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch nicht an. Diese Ansicht des Berufungsgerichts ist auch richtig, weil der Vortrag unerheblich ist. Auch wenn der Kläger das Geld für die Kapitalanlagen aus den (unversteuerten) Einnahmen als freiberuflich tätiger Architekt entnommen haben sollte, um diese selbst am deutschen Fiskus vorbei in eigenem Namen in der Schweiz anzulegen, verfolgte der seinem Wortlaut und Inhalt nach auf eine solche private Vermögensanlage ausgerichtete Anlagevertrag keine beruflichen oder gewerblichen Zwecke. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die (möglicherweise strafrechtlich relevante ) Herkunft des Geldes für die Zweckbestimmung unerheblich. Denn anderenfalls würde der Verbrauchergerichtsstand eine internationale Zuständigkeit selten begründen können, weil ein Verbraucher die Geldmittel für seine privaten Geschäfte regelmäßig mit beruflichen Einnahmen erwirtschaftet (BGH, aaO Rn. 17).
19
Soweit die Beklagten unter Hinweis auf § 286 ZPO rügen, dass das Berufungsgericht nicht ohne Nachweis den Angaben des informatorisch angehörten Klägers habe glauben dürfen, das Geld für die Kapitalanlagen in der Schweiz stamme aus einem Bausparvertrag und hätte von ihm und seiner Frau monatlich aus den privaten Ersparnissen gezahlt werden sollen, beruht das Urteil hierauf nicht. Denn das Berufungsgericht hat alternativ den Vortrag der Be- klagten zur Herkunft des Geldes unterstellt und ist zu dem - zutreffenden - Ergebnis gelangt, auf die Herkunft des Geldes komme es aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung des Anwaltsvertrages und der Vermögensanlageverträge rechtlich nicht an.
20
Die Geschäfte des Klägers im Zusammenhang mit der Verwaltung eigenen Privatvermögens lassen ihn nicht zum Unternehmer werden. Insbesondere steht das Vorliegen eines Gewinninteresses der Einordnung seiner Person als Verbraucher nicht entgegen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Anlage einer Privatperson einen solchen Umfang annimmt, dass sie eine kaufmännische Organisation erforderlich macht, kann dahin stehen, weil dies auf den Kläger nicht zutrifft (vgl. BGH, aaO Rn. 18).
21
Die Beklagten zu 1 und 2 können sich auch nicht darauf berufen, dass der Kläger durch sein Verhalten gegenüber seinen künftigen Vertragspartnern bei diesen den Eindruck erweckt habe, er handele zu beruflich-gewerblichen Zwecken, und diese den nichtberuflich-gewerblichen Zweck des Geschäftes deswegen nicht hätten erkennen müssen. Der Kläger ist ihnen gegenüber nie unter einer Berufsbezeichnung, sondern als Privatperson aufgetreten. Ebenso wenig ergab sich aus dem Anlagevertrag, der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit war, ein Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit des Klägers. Die Beklagten zu 1 und 2 haben die Forderungen des Klägers aus den Anlageverträgen im Nachlassverfahren nicht unter Angabe einer Berufsbezeichnung angemeldet. Sie hatten deswegen keine Anhaltspunkte, die sie hätten berechtigen können, von einem beruflichen Zweck des Anwalts- und des Anlagevertrages auszugehen (vgl. BGH, aaO Rn. 19).
22
c) Der Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ 2007 ist auch im Verhältnis zu der Beklagten zu 3 gegeben, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat. Allerdings wurde die Beklagte zu 3 erst nach Abschluss des Anwaltsvertrages gegründet, sie wurde daher nicht originär Vertragspartnerin des Klägers im Sinne der genannten Regelung. Doch hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte zu 3 habe bei der Gründung das Geschäft der nicht im Handelsregister eingetragenen einfachen Gesellschaft T. Rechtsanwälte, übernommen, und zwar mit allen Aktiven und Passiven. Nach dem Vortrag des Klägers hat dies nach Schweizer Recht zur Folge, dass die Beklagte zu 3 dem Kläger neben den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldnerin hafte. Dann aber bleibt es bei dem Verbrauchergerichtsstand auch gegenüber der Beklagten zu 3. Für die Annahme der internationalen Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers ist es unerheblich, ob dieser den Vertragspartner oder einen Rechtsnachfolger des Vertragspartners des Verbrauchervertrages nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c/Art. 17 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO aF/nF, Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ 2007 verklagt. In beiden Fällen ist der Verbrauchergerichtsstand gegeben (BGH, aaO Rn. 52 f).
23
Im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach dem LuganoÜbereinkommen ist es nicht erforderlich, zu strittigen Tatsachen, die sowohl für die Frage der Zuständigkeit als auch für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs von Relevanz sind, ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen. Das angerufene Gericht prüft im Stadium der Prüfung der internationalen Zuständigkeit weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der Klage nach den Vorschriften des nationalen Rechts, sondern ermittelt nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands, die seine Zuständigkeit nach dieser Bestimmung rechtfertigen. Daher darf das nationale Gericht, soweit es nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit nach der genannten Bestimmung geht, die einschlägigen Behauptungen des Klägers zu den die internationale Zuständigkeit begründenden Merkmalen als erwiesen ansehen (BGH, aaO Rn. 54).
24
3. Hat mithin die Revision keine Aussicht auf Erfolg, steht die grundsätzliche Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen erst nach Einlegung der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision einer Revisionszurückweisung durch Beschluss nach § 552a ZPO nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2017 - IV ZR 373/13, nv Rn. 13; Zöller/Heßler ZPO, 31. Aufl., § 552a Rn. 3).
Kayser Lohmann Pape
Möhring Meyberg
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 09.09.2015 - 114 O 100/14 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 31.05.2016 - I-28 U 164/15 -
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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf
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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf
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published on 15/02/2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 373/13 vom 15. Februar 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:150217BIVZR373.13.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Felsch, Dr. Karczew
published on 09/02/2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 67/16 Verkündet am: 9. Februar 2017 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Annotations

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will, bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Aufsichtsbehörde; die Bundesanstalt hat § 37 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes anzuwenden. Soweit diese Geschäfte durch eine Erlaubnis nach § 15 des Wertpapierinstitutsgesetzes gedeckt sind, tritt dahinter der Erlaubnisvorbehalt nach Satz 1 zurück und gilt das Unternehmen nicht als Institut im Sinne dieses Gesetzes bis zu dem Tag, an dem

1.
der über einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten berechnete Monatsdurchschnitt der gesamten Vermögenswerte des Unternehmens 30 Milliarden Euro überschreitet und es das Emissionsgeschäft, den Eigenhandel oder das Eigengeschäft betreibt oder
2.
der über einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten berechnete Monatsdurchschnitt der gesamten konsolidierten Vermögenswerte aller Unternehmen der Gruppe, die das Emissionsgeschäft, den Eigenhandel oder das Eigengeschäft betreiben, 30 Milliarden Euro überschreitet.
Gegebenenfalls ist der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 1 unverzüglich nachzuholen. War das Unternehmen zu dem Zeitpunkt, da es oder die Gruppe die in Satz 2 bestimmte Grenze überschreitet, nach § 15 des Wertpapierinstitutsgesetzes erlaubt tätig, darf es im Rahmen dieser Erlaubnis sein Wertpapiergeschäft fortsetzen, bis die Aufsichtsbehörde über den Erlaubnisantrag bestandskräftig entschieden hat. Der Erlaubnisantrag muß enthalten
1.
einen geeigneten Nachweis der zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel;
2.
die Angabe der Geschäftsleiter;
3.
die Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Antragsteller und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4.
die Angaben, die für die Beurteilung der zur Leitung des Instituts erforderlichen fachlichen Eignung der Inhaber und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4a.
die Angaben, die für die Beurteilung, ob die Geschäftsleiter über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit verfügen, erforderlich sind;
5.
einen tragfähigen Geschäftsplan; aus dem Geschäftsplan muss hervorgehen:
a)
die Art der geplanten Geschäfte,
b)
der organisatorische Aufbau des Instituts unter Angabe von Mutterunternehmen, Finanzholding-Gesellschaften und gemischten Finanzholding-Gesellschaften innerhalb der Gruppe und
c)
die Angaben, die für die Beurteilung der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation des Instituts gemäß § 25a Absatz 1 einschließlich der geplanten internen Kontrollverfahren erforderlich sind;
6.
sofern an dem Institut bedeutende Beteiligungen gehalten werden:
a)
die Angabe der Inhaber bedeutender Beteiligungen,
b)
die Höhe dieser Beteiligungen,
c)
die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit dieser Inhaber oder gesetzlichen Vertreter oder persönlich haftenden Gesellschafter erforderlichen Angaben,
d)
sofern diese Inhaber Jahresabschlüsse aufzustellen haben: die Jahresabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre nebst Prüfungsberichten von unabhängigen Abschlußprüfern, sofern solche zu erstellen sind, und
e)
sofern diese Inhaber einem Konzern angehören: die Angabe der Konzernstruktur und, sofern solche Abschlüsse aufzustellen sind, die konsolidierten Konzernabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre nebst Prüfungsberichten von unabhängigen Abschlußprüfern, sofern solche zu erstellen sind;
6a.
sofern an dem Institut keine bedeutenden Beteiligungen gehalten werden, die maximal 20 größten Anteilseigner;
7.
die Angabe der Tatsachen, die auf eine enge Verbindung zwischen dem Institut und anderen natürlichen Personen oder anderen Unternehmen hinweisen;
8.
die Angabe der Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans nebst der zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und Sachkunde erforderlichen Tatsachen sowie Angaben, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob sie der Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit widmen können.
Die nach Satz 2 einzureichenden Anzeigen und vorzulegenden Unterlagen sind durch Rechtsverordnung nach § 24 Abs. 4 näher zu bestimmen. Die Pflichten nach Satz 2 Nr. 6 Buchstabe d und e bestehen nicht für Finanzdienstleistungsinstitute. Die Aufsichtsbehörde berücksichtigt im Rahmen des Erlaubniserteilungsverfahrens in angemessener Weise die aufgrund der bestehenden Erlaubnis nach dem Wertpapierinstitutsgesetz bereits vorliegenden Angaben.

(1a) Wer neben einer Erlaubnis nach Absatz 1 und neben dem Betreiben von Bankgeschäften oder der Erbringung von Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 5 und 11 auch Eigengeschäft betreiben will, bedarf auch hierfür der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt. Dies gilt unabhängig von dem Bestehen einer Erlaubnis nach Absatz 1 und von einem Betreiben von Bankgeschäften oder dem Erbringen von Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 5 und 11 auch dann, wenn das Unternehmen das Eigengeschäft als Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems oder mit einem direkten elektronischen Zugang zu einem Handelsplatz oder mit Warenderivaten, Emissionszertifikaten oder Derivaten auf Emissionszertifikate betreibt. Einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf es in den Fällen des Satzes 2 nicht, wenn

1.
das Eigengeschäft von einem Unternehmen, das keine Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, betrieben wird
a)
als Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems oder
b)
mit einem direkten elektronischen Zugang zu einem Handelsplatz,
um objektiv messbar die Risiken aus der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement des Unternehmens oder der Gruppe, dem das Unternehmen angehört, zu reduzieren,
2.
das Eigengeschäft mit Emissionszertifikaten von einem Betreiber im Sinne des § 3 Nummer 4 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes betrieben wird, der keine Bankgeschäfte betreibt und Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 erbringt,
3.
das Eigengeschäft ausschließlich mit Warentermingeschäften, Emissionszertifikaten und Derivaten auf Emissionszertifikate betrieben wird und
a)
das Unternehmen nicht Teil einer Unternehmensgruppe ist, die in der Haupttätigkeit Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 erbringt,
b)
das Eigengeschäft in jedem dieser Fälle sowohl auf individueller als auch auf auf Ebene der Unternehmensgruppe aggregierter Basis eine Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit darstellt; die Kriterien, wann eine Nebentätigkeit vorliegt, werden in einem auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 4 und Artikel 89 der Richtlinie 2014/65/EU erlassenen delegierten Rechtsakt der Kommission bestimmt,
c)
das Unternehmen der Bundesanstalt auf Anforderung die Umstände mitteilt, auf Grund derer es zu der Auffassung gelangt, dass seine Tätigkeit eine Nebentätigkeit zu seiner Haupttätigkeit darstellt.
d)
das Unternehmen auf Anforderung der Bundesanstalt unverzüglich mitteilt, aufgrund welcher Tatsachen und Berechnungsverfahren gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2017/592 es die Ausnahme in Anspruch nimmt,
4.
das Eigengeschäft als Mitglied einer Börse oder Teilnehmer eines Handelsplatzes von einem in einem Drittstaat ansässigen Unternehmen betrieben wird; dies gilt bis zu einer Entscheidung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde über eine Eintragung des Unternehmens in das Register nach Artikel 48 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
Einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf es auch, wenn ein Institut, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 Satz 1 erteilt wurde, eigene Finanzinstrumente vertreibt, soweit dies nicht ohnehin bereits als Betreiben eines Bankgeschäfts oder als Erbringen einer Finanzdienstleistung nach Absatz 1 Satz 1 oder als Betreiben des Eigengeschäfts nach Satz 1 unter Erlaubnisvorbehalt steht. Ein Unternehmen, das nach Satz 2 der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf, gilt als Finanzdienstleistungsinstitut. Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und die Absätze 2, 4 und 5 sowie die §§ 33 bis 38 sind entsprechend anzuwenden.

(1b) Die Erlaubnis für das eingeschränkte Verwahrgeschäft im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 12 kann nur erteilt werden, wenn die Erlaubnis zur Erbringung mindestens einer Finanzdienstleistung im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 oder zum Betreiben eines Bankgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2 vorliegt oder gleichzeitig erteilt wird; mit Erlöschen oder Aufhebung dieser Erlaubnis erlischt die Erlaubnis für das eingeschränkte Verwahrgeschäft.

(1c) Zentralverwahrer, die nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zugelassen sind, benötigen für das Erbringen von Kerndienstleistungen im Sinne des Abschnitts A des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und von nichtbankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts B des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 sowie für das Betreiben von Bankgeschäften und das Erbringen von Finanzdienstleistungen, die zugleich Wertpapierdienstleistungen im Sinne des § 2 Absatz 8 des Wertpapierhandelsgesetzes sind, keine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1, soweit das Betreiben dieser Bankgeschäfte oder das Erbringen dieser Finanzdienstleistungen von der Zulassung nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist. Satz 1 gilt für das Betreiben des Eigengeschäfts entsprechend.

(1d) Zentralverwahrer im Sinne des Artikels 54 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, die eine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 haben, benötigen für das Erbringen von bankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts C des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 keine weitere Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 für das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen, soweit das Erbringen der bankartigen Nebendienstleistungen von der Genehmigung nach Artikel 54 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist.

(1e) Benannte Kreditinstitute im Sinne des Artikels 54 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, die eine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 haben, benötigen für das Erbringen von bankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts C des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 keine weitere Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 für das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen, soweit das Erbringen der bankartigen Nebendienstleistungen von der Genehmigung nach Artikel 54 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist.

(1f) Wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, als Datenbereitstellungsdienst tätig werden will, bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt; die Bundesanstalt hat § 37 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes anzuwenden. Der Erlaubnisantrag muss enthalten:

1.
die Angabe der Geschäftsleiter;
2.
die Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter erforderlich sind;
3.
die Angaben, die für die Beurteilung der zur Leitung des Unternehmens erforderlichen fachlichen Eignung der in § 1 Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4.
die Angaben, die für die Beurteilung, ob die Geschäftsleiter über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit verfügen, erforderlich sind;
5.
einen tragfähigen Geschäftsplan, aus dem die Art der geplanten Geschäfte, der organisatorische Aufbau und die geplanten internen Kontrollverfahren des Unternehmens hervorgehen;
6.
die Angabe der Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans nebst der zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und Sachkunde erforderlichen Tatsachen sowie Angaben, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob sie der Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichend Zeit widmen können.
Das Nähere zu Inhalt und Form des Erlaubnisantrages regeln die technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards gemäß Artikel 27d Absatz 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist Instituten und Trägern einer inländischen Börse, die eine Börse, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem betreiben, die Tätigkeit als Datenbereitstellungsdienst gestattet, sofern festgestellt wurde, dass sie den Anforderungen des Titels IVa der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 genügen. Diese Dienstleistungen sind in ihre Erlaubnis eingeschlossen.

(2) Die Bundesanstalt kann die Erlaubnis unter Auflagen erteilen, die sich im Rahmen des mit diesem Gesetz verfolgten Zweckes halten müssen. Sie kann die Erlaubnis auf einzelne Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beschränken.

(2a) Die Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben der Bankgeschäfte nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 und 10 sowie zum Erbringen der Finanzdienstleistungen nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 kann nur erteilt werden, wenn die Erlaubnis zur Erbringung mindestens eines anderen Bankgeschäfts vorliegt oder gleichzeitig erteilt wird. Satz 1 gilt nicht, wenn zugleich eine Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft erteilt wird und sich die betriebenen Bankgeschäfte sowie die erbrachten Finanzdienstleistungen auf Rechnungseinheiten im Sinne des § 1 Absatz 11 Nummer 7 oder Kryptowerte im Sinne des § 1 Absatz 11 Nummer 10 beziehen.

(3) Vor Erteilung der Erlaubnis hat die Bundesanstalt die für das Institut in Betracht kommende Sicherungseinrichtung zu hören.

(3a) Mit der Erteilung der Erlaubnis ist dem Institut, sofern es nach den Vorschriften des Zweiten Abschnittes des Einlagensicherungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 des Anlegerentschädigungsgesetzes beitragspflichtig ist, die Entschädigungseinrichtung mitzuteilen, der das Institut zugeordnet ist. Bezieht sich die Tätigkeit eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens im Sinne des § 2 Absatz 10 des Wertpapierhandelsgesetzes auf strukturierte Einlagen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes und wird die strukturierte Einlage von einem Kreditinstitut ausgegeben, das Mitglied eines Einlagensicherungssystems im Sinne des Einlagensicherungsgesetzes ist, so deckt das Einlagensicherungssystem des Kreditinstituts auch die von dem Kreditinstitut ausgegebenen strukturierten Einlagen ab.

(4) Die Bundesanstalt hat die Erteilung der Erlaubnis im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(5) Die Bundesanstalt hat auf ihrer Internetseite ein Institutsregister zu führen, in das sie alle inländischen Institute, denen eine Erlaubnis nach Absatz 1, auch in Verbindung mit § 53 Abs. 1 und 2, erteilt worden ist, mit dem Datum der Erteilung und dem Umfang der Erlaubnis und gegebenenfalls dem Datum des Erlöschens oder der Aufhebung der Erlaubnis einzutragen hat. Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zum Inhalt des Registers und den Mitwirkungspflichten der Institute bei der Führung des Registers erlassen.

(5a) Die Bundesanstalt führt auf ihrer Internetseite ein öffentlich zugängliches Register, in das sie alle Datenbereitstellungsdienste, denen eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1f erteilt worden ist, mit dem Datum der Erteilung und dem Umfang der Erlaubnis und gegebenenfalls dem Datum des Erlöschens oder der Aufhebung der Erlaubnis einträgt. Das Erlöschen oder die Aufhebung der Erlaubnis bleibt für einen Zeitraum von fünf Jahren ab der entsprechenden Entscheidung im Register eingetragen.

(6) Soweit einem Zahlungsinstitut eine Erlaubnis nach § 10 Absatz 1 Satz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes oder einem E-Geld-Institut eine Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erteilt worden ist und dieses zusätzlich Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 erbringt, bedarf dieses Zahlungsinstitut oder E-Geld-Institut keiner Erlaubnis nach Absatz 1. Die Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 1 ist zu erfüllen und § 14 Abs. 2 bis 4 anzuwenden.

(7) Auf den Beschlussentwurf der Bundesanstalt nach Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 sind die Absätze 1, 2 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Aufgaben nach den Absätzen 3a bis 5 obliegen der Bundesanstalt unbeschadet davon, ob die Erlaubnis durch die Europäische Zentralbank oder die Bundesanstalt erteilt wird.

(8) Die Absätze 1 bis 7 finden auch dann Anwendung, wenn im Zuge einer Umwandlung nach § 305, § 320 oder § 333 des Umwandlungsgesetzes eine juristische Person, die nach den Absätzen 1 bis 1f erlaubnispflichtige Geschäfte betreibt, ihren juristischen Sitz vom Ausland ins Inland verlegt.

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.