Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Okt. 2013 - IV ZR 6/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- I. Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der Umstellung der Umlageberechnung für den Ausgleich von Aufwendungen im Rahmen des Kommunalen Schadenausgleichs.
- 2
- Der Beklagte ist ein nichtrechtsfähiger Zusammenschluss nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und dient gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 seiner Satzung dem solidarischen Ausgleich von Aufwendungen seiner Mitglieder aus Haftpflicht-, Kraftfahrt- und Unfallschäden (Schadenausgleich). Zum Stichtag 31. Dezember 2010 waren bei dem Beklagten 5.412 Mitglieder verzeichnet. Die Klägerin, Trägerin eines Kreiskrankenhauses, ist seit 1. Januar 1991 Mitglied des Beklagten.
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- Der Beklagte erhebt von seinen Mitgliedern getrennt nach Verrechnungsstellen eine jährliche Umlage, über die der Schadenausgleich sowie die Deckung der Verwaltungskosten und der sonstigen Aufwendungen erfolgen. Für den voraussichtlichen Bedarf des kommenden Geschäftsjahres wird stets eine Vorschussumlage erhoben.
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- § 9 Abs. 1 der Satzung des KSA lautet: "Die Schadenbeträge, die Verwaltungskosten und die sonstigen Aufwendungen des KSA werden nach Abschluss des Geschäftsjahres auf die Mitglieder nach den für die Verrechnungsstellen geltenden Schlüsseln umgelegt. […] Zur Deckung der voraussichtlichen Aufwendungen des Geschäftsjahres wird eine Vorschussumlage erhoben."
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- § 10 der Satzung bestimmt, dass Geschäftsjahr des KSA das Kalenderjahr ist.
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- Bis einschließlich des Geschäftsjahres 2007 wurde die Umlage für das einzelne Mitglied aufgrund des in den Allgemeinen Verrechnungsgrundsätzen geregelten Umlageschlüssels ermittelt, wobei die sog. Jahrespunkte im Jahr der Schadenszahlung entscheidend waren. Mit Hilfe der Jahrespunktzahlen wurde das von den Mitgliedern eingebrachte Risiko ausgedrückt. Ab dem Geschäftsjahr 2008 stellte die Geschäftsführung des Beklagten in der Verrechnungsstelle Heilwesen das bis dahin geltende Umlagesystem um. Die Zahlungen richten sich seither nach dem im Ereignisjahr des Schadens eingebrachten Risiko, aus denen die jeweilige Umlagequote je Jahr gebildet wird. Der Verwaltungsrat stimmte mit Beschluss vom 14. Oktober 2011 der seit 2008 eingeführten neuen Umlageabrechnung zu. Für die Klägerin, deren Jahrespunktzahl seit 2004 deutlich gesunken war, hatte die Umstellung eine ganz erhebliche Erhöhung der auf sie entfallenden Umlage bzw. Vorschussumlage zur Folge.
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- Die Klägerin zahlte die ihr in Rechnung gestellten Umlagen für die Geschäftsjahre 2008 und 2009 sowie den geforderten Vorschussumlagebetrag für 2010 an den Beklagten unter Vorbehalt. Sie hält die Umstellung der Umlageberechnung für formell und materiell unwirksam. Mit ihrer Klage begehrt sie Auskunft über die Höhe der Umlagen für die Jahre 2008, 2009 und die Vorschussumlage für 2010 sowie - abhängig vom Ergebnis des Auskunftsanspruchs - Rückzahlung der unberechtigt gezahlten Umlagen.
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- II. Das Landgericht hat mit Teilurteil dem Auskunftsanspruch stattgegeben.
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- Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Rechtsgrundlage für die von den Mitgliedern zu zahlende Umlage sei in § 9 Abs. 1 der Satzung geregelt. Diese enthalte in Verbindung mit den Allgemeinen Verrechnungsgrundsätzen für Haftpflichtschäden (AVHaftpflicht) auch die maßgeblichen Berechnungsgrundsätze. Unter Zugrundelegung des Verständnisses eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers könne § 9 Abs. 1 der Satzung nur dahingehend verstanden werden, dass die von den Mitgliedern zu zahlenden Umlagen und Vorschussumlagen nach Maßgabe der für das jeweilige Mitglied im Jahr der Schadenszahlung geltenden Jahrespunkte berechnet werden. § 9 Abs. 1 der Satzung sei folglich so zu verstehen, wie er bis 2007 auch angewandt worden sei.
- 10
- Die von dem Beklagten seit 2008 angewandte Umlageberechnung verstoße gegen § 9 Abs. 1 der Satzung.
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- Außerdem sei gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung der Verwaltungsrat für die Änderung der Verrechnungsgrundsätze zuständig, nachdem den Mitgliedern unter Darlegung der Gründe Gelegenheit zur Stellungnahme in angemessener Frist gegeben worden sei. Aus Sicht verständiger Vertragsparteien sei § 6 Abs. 1 Nr. 3 nicht nur anwendbar, wenn der Umlageschlüssel geändert werde, sondern auch dann, wenn die "Verrechnungsgrundsätze" (im Sinne von "Art der Umlageberechnung" ) geändert werden. Die seit 2008 vorgenommene Umlageberechnung greife in die Rechte der Mitglieder mindestens genauso ein wie eine Änderung des Umlageschlüssels.
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- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte weiter die Abweisung der Klage.
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- III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
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- 1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO kommt einer Rechtssache nicht schon deshalb zu, weil die Entscheidung von der Auslegung einer Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen abhängt. Erforderlich ist weiter, dass deren Auslegung über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist (BGH, Beschluss vom 13. Mai 2009 - IV ZR 217/08, VersR 2009, 1106 Rn. 2 m.w.N.) und dass die Rechtssache damit eine Rechtsfrage im konkreten Fall als entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und klärungsfähig aufwirft und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschlüsse vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 191). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen dazu vertreten werden (Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 319/02, VersR 2004, 225 unter 2 a und b; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3, jeweils m.w.N.).
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- Danach ist eine grundsätzliche Bedeutung hier nicht gegeben. Dass über die Auslegung des § 9 Abs. 1 der Satzung des Beklagten in Rechtsprechung und Literatur Streit herrscht, ist nicht ersichtlich. Der Ausgang des Rechtsstreits hängt maßgeblich von der Auslegung dieser Satzungsvorschrift ab, deren Transparenz der Senat bereits mit Beschluss vom 14. Juli 2010 (IV ZR 250/09, VersR 2010, 1598, 1599 Rn. 12) bestätigt hat. In dem genannten Senatsbeschluss (Rn. 11) hat der Senat auch ausgeführt, dass in die Umlageverpflichtung nicht nur die eigenen Schadenfälle, sondern die sämtlicher Mitglieder einzubeziehen sind. Beachtliche Zulassungsgründe sind danach nicht zu erkennen.
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- 2. Das Rechtsmittel ist auch unbegründet.
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- a) Das Berufungsgericht hat zutreffend unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung angenommen, das zum Geschäftsjahr 2008 durch den Beklagten eingeführte neue Umlagesystem sei nicht von § 9 Abs. 1 der Satzung des KSA gedeckt.
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- aa) Beim Kommunalen Schadenausgleich (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 VAG) handelt es sich um eine freiwillige Selbstversicherungseinrichtung, welche die Gemeinden und Gemeindeverbände in Form nicht rechtsfähiger Vereine geschaffen haben, um im Wege des Ausgleichs insbesondere Haftpflicht- und Kfz-Haftpflichtschäden sowie Kaskoschäden ihrer Mitglieder zu tragen. Er finanziert sich auf der Grundlage eines Umlageverfahrens ; es werden keine Rücklagen oder Rückstellungen gebildet (Präve in Prölss, VAG 12. Aufl. § 1 Rn. 68 m.w.N.). Der Senat hat bereits dargelegt, dass beim kommunalen Schadenausgleich nicht nur die eigenen Schadensfälle, sondern die sämtlicher Mitglieder in die Umlageverpflichtung einzubeziehen sind. Eine umfassende Umlagepflicht der im Laufe eines Geschäftsjahres ausgeschiedenen Mitglieder entspricht dem Leitbild des § 25 Abs. 1 VAG (Senatsbeschluss vom 14. Juli 2010 - IV ZR 250/09, VersR 2010, 1598, 1599 Rn. 12). Diese Norm kann auch hier herangezogen werden. § 25 Abs. 1 Satz 1 VAG ist unmissverständlich zu entnehmen, dass zu den Nachschüssen oder Umlagen nicht nur die im Laufe des Geschäftsjahres ausgeschiedenen, sondern auch die eingetretenen Mitglieder beitragen. In § 24 Abs. 1 VAG ist zudem das Umlage- system als solches ausdrücklich anerkannt; auf diese Weise wird das übernommene Risiko planmäßig auf die Gemeinschaft aller von der gleichen Gefahr bedrohten Mitglieder verteilt (Senatsbeschluss vom 14. Juli 2010 aaO).
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- bb) § 9 Abs. 1 der Satzung ist wirksam und verstößt nicht - wie der Senat ebenfalls mit Beschluss vom 14. Juli 2010 (aaO) bereits ausgeführt hat - gegen das Transparenzgebot. Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, dass er in Verbindung mit den AVHaftpflicht das Verfahren der Umlageberechnung regelt. Danach erfolgt die Umlegung nach Abschluss des Geschäftsjahres. § 10 der Satzung bestimmt das Kalenderjahr als Geschäftsjahr. Auch ein durchschnittliches, bei dem Beklagten versichertes rechtskundiges Mitglied kann die Regelung im Zusammenhang mit der Regelung des § 7 AVHaftpflicht (Umlageschlüssel) - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - nur dahingehend verstehen, dass die von den Mitgliedern zu zahlende Umlage und Vorschussumlage unter Zugrundelegung der für das jeweilige Mitglied im Jahr der Schadenszahlung geltenden Jahrespunkte berechnet wird. Wenn für den Umlageschlüssel die Jahrespunktzahlen maßgeblich sind und die Berechnung der Umlage am Ende des Geschäftsjahres erfolgt, ist daraus zu schließen , dass die Jahrespunkte für das jeweils abgelaufene Geschäftsjahr gelten und der Beklagte seine Mitglieder mit der Umlage belastet, wenn ihm selbst die Aufwendungen entstanden sind, wie dies der Beklagte bis zum Jahr 2008 auch durchgehend gehandhabt hatte. Die Satzung sieht keine Ausnahme für Neumitglieder hinsichtlich ihrer Haftung für Altverbindlichkeiten vor.
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- b) Schon aus diesem Grund hat die Revision keinen Erfolg. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht auch zu Recht der Ansicht war, es fehle an einem wirksamen Beschluss für die Änderung des Berechnungsmodus. Änderungen der Umlageberechnung fallen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 1 der Satzung in den Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsrats. Danach ist dieser zuständig "für die Änderung der Verrechnungsgrundsätze, nachdem den Mitgliedern unter Darlegung der Gründe Gelegenheit zur Stellungnahme in angemessener Frist gegeben worden ist". Auch wenn der Wortlaut der Norm dafür sprechen könnte, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3 nur dann greift, wenn der Umlageschlüssel in den AVHaftpflicht geändert werden soll, so ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, dass auch eine Änderung der Umlageberechnung erfasst wird. Der Verwaltungsrat ist nach § 6 und § 7 Abs. 2 Satz 2 der Satzung zuständig für alle Entscheidungen "von größerer Bedeutung". Dazu zählt, entgegen der Ansicht der Revision, auch die Art der Umlageberechnung. Im Ergebnis macht es keinen Unterschied, ob der Umlageschlüssel selbst oder das Bezugsjahr für die Ermittlung der Jahrespunktzahlen geändert wird. Im letzteren Fall kann es, wie das Beispiel der Klägerin zeigt, ebenfalls zu einer gravierenden Umlageveränderung zu Lasten der Mitglieder kommen.
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- Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich auch angenommen , dass mit dem Beschluss des Verwaltungsrats vom 14. Oktober 2011 die Änderung der Umlageberechnung nachträglich schon deshalb nicht geheilt werden konnte, weil die Mitglieder nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung unter Setzung einer angemessenen Frist zur Stellungnahme aufgefordert wurden. Nur bei Einhaltung dieses Verfahrens kann festgestellt werden, ob 10% der Stimmen der Mitglieder der Änderung widersprechen und gegebenenfalls dann nach § 4 Abs. 2 Nr. 6 der Satzung die Mitgliederversammlung für die Änderung zuständig ist.
Lehmann Dr. Brockmöller
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.08.2011 - 7 O 405/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.11.2012 - 8 U 222/11 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Der Aufsicht nach diesem Gesetz unterliegen
- 1.
Versicherungsunternehmen im Sinne des § 7 Nummer 33 und 34, - 2.
Versicherungs-Holdinggesellschaften im Sinne des § 7 Nummer 31 sowie Unternehmen im Sinne des § 293 Absatz 4, - 3.
Versicherungs-Zweckgesellschaften im Sinne des § 168, - 4.
Sicherungsfonds im Sinne des § 223 und - 5.
Pensionsfonds im Sinne des § 236 Absatz 1.
(2) Die in der Anlage 1 Nummer 22 bis 24 genannten Geschäfte fallen nur dann in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes, wenn sie von Versicherungsunternehmen betrieben werden, denen die Erlaubnis für eine der in der Anlage 1 Nummer 19 bis 21 genannten Versicherungssparten erteilt wurde; in diesem Fall werden diese Geschäfte Lebensversicherungsgeschäften gleichgestellt. Als Kapitalisierungsgeschäfte (Anlage 1 Nummer 23) gelten Geschäfte, bei denen unter Anwendung eines mathematischen Verfahrens die im Voraus festgesetzten einmaligen oder wiederkehrenden Prämien und die übernommenen Verpflichtungen nach Dauer und Höhe festgelegt sind. Geschäfte nach der Anlage 1 Nummer 24 bestehen in der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen, die Leistungen im Todes- oder Erlebensfall oder bei Arbeitseinstellung oder bei Minderung der Erwerbsfähigkeit vorsehen; dazu gehören auch die Anlage und Verwaltung der Vermögenswerte. Bei Geschäften nach Satz 3 dürfen die Versicherungsunternehmen im Zusammenhang mit der Verwaltung auch Garantiezusagen für die Erhaltung des verwalteten Kapitals und das Erreichen einer Mindestverzinsung abgeben.
(3) Für öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen des öffentlichen Dienstes oder der Kirchen, die ausschließlich die Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zum Gegenstand haben, gelten nur § 12 Absatz 1, die §§ 13, 37 Absatz 1, § 38 Absatz 1, die §§ 39, 47 Nummer 12 sowie die §§ 294 bis 298, 300, 302, 305 bis 307, §§ 310 bis 312 und 314. Für die nach Landesrecht errichteten und der Landesaufsicht unterliegenden Versicherungsunternehmen kann das Landesrecht Abweichendes bestimmen.
(4) Für Einrichtungen der in § 140 Absatz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Art gelten § 12 Absatz 1, die §§ 13, 37 Absatz 1, § 38 Absatz 1, § 39 sowie die §§ 294 bis 298, 300, 302, 305 bis 307, 310, 312 und 314 entsprechend. Beschlüsse der Vertreterversammlung über diese Einrichtungen sowie über deren Satzungen und Geschäftspläne bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde; § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1 bis 4 und § 11 gelten hierfür entsprechend.
(1) Die Vergütungssysteme für Geschäftsleiter, Mitarbeiter und Aufsichtsratsmitglieder von Versicherungsunternehmen müssen angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung des Unternehmens ausgerichtet sein.
(2) Versicherungsunternehmen dürfen Geschäftsleitern und Aufsichtsratsmitgliedern Vergütungen für andere Tätigkeiten, die sie für das jeweilige Unternehmen erbringen, nur gewähren, soweit dies mit ihren Aufgaben als Organmitglieder vereinbar ist.
(3) Übergeordnete Unternehmen einer Gruppe haben sicherzustellen, dass die Vergütungssysteme für Geschäftsleiter, Mitarbeiter und Aufsichtsratsmitglieder innerhalb der gesamten Gruppe angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet sind. Übergeordnetes Unternehmen einer Gruppe im Sinne dieses Absatzes ist das an der Spitze der Gruppe stehende Unternehmen, das entweder selbst Versicherungsunternehmen oder Versicherungs-Holdinggesellschaft ist.
(4) Unter den Voraussetzungen des § 134 Absatz 1 soll die Aufsichtsbehörde anordnen, dass das Versicherungsunternehmen den Jahresgesamtbetrag, den es für die variable Vergütung aller Geschäftsleiter und Mitarbeiter vorsieht (Gesamtbetrag der variablen Vergütungen), auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränkt oder vollständig streicht. Unter den Voraussetzungen des § 134 Absatz 1 soll die Aufsichtsbehörde ferner die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile untersagen oder auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränken. Die Versicherungsunternehmen müssen der Anordnungs-, Untersagungs- und Beschränkungsbefugnis der Sätze 1 und 2 in entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Geschäftsleitern, Mitarbeitern und Aufsichtsratsmitgliedern Rechnung tragen. Soweit vertragliche Vereinbarungen über die Gewährung einer variablen Vergütung einer Anordnung, Untersagung oder Beschränkung nach Satz 1 oder 2 entgegenstehen, können aus ihnen keine Rechte hergeleitet werden.
(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten nicht, soweit die Vergütung durch Tarifvertrag oder in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung auf Grund eines Tarifvertrags vereinbart ist.
(6) Für den Abschluss oder die Vermittlung von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen darf die Struktur der Vergütung der Vermittler deren Fähigkeit nicht beeinträchtigen, im besten Interesse des Verbrauchers zu handeln, insbesondere darf sie nicht an Absatzziele gekoppelt sein.
(1) Personen, die ein Versicherungsunternehmen tatsächlich leiten oder andere Schlüsselaufgaben wahrnehmen, müssen zuverlässig und fachlich geeignet sein. Fachliche Eignung setzt berufliche Qualifikationen, Kenntnisse und Erfahrungen voraus, die eine solide und umsichtige Leitung des Unternehmens gewährleisten. Dies erfordert angemessene theoretische und praktische Kenntnisse in Versicherungsgeschäften sowie im Fall der Wahrnehmung von Leitungsaufgaben ausreichende Leitungserfahrung. Eine ausreichende Leitungserfahrung ist in der Regel anzunehmen, wenn eine dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Versicherungsunternehmen von vergleichbarer Größe und Geschäftsart nachgewiesen wird.
(2) Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten, sind neben den Geschäftsleitern solche, die für das Unternehmen wesentliche Entscheidungen zu treffen befugt sind. Geschäftsleiter sind diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz oder Satzung oder als Hauptbevollmächtigte einer Niederlassung in einem Mitglied- oder Vertragsstaat zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung des Versicherungsunternehmens berufen sind.
(3) Zum Geschäftsleiter kann nicht bestellt werden, wer bereits bei zwei Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds, Versicherungs-Holdinggesellschaften oder Versicherungs-Zweckgesellschaften als Geschäftsleiter tätig ist. Wenn es sich um Unternehmen derselben Versicherungs- oder Unternehmensgruppe handelt, kann die Aufsichtsbehörde mehr Mandate zulassen. Die Bestellung als Geschäftsleiter hindert nicht die Ausübung einer Funktion im Sinne des § 7 Satz 1 Nummer 9.
(4) Wer Geschäftsleiter eines Unternehmens war, kann nicht zum Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans dieses Unternehmens bestellt werden, wenn bereits zwei ehemalige Geschäftsleiter des Unternehmens Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sind. Zum Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans kann auch nicht bestellt werden, wer bereits fünf Kontrollmandate bei Unternehmen ausübt, die unter der Aufsicht der Bundesanstalt stehen; Mandate bei Unternehmen derselben Versicherungs- oder Unternehmensgruppe bleiben dabei außer Betracht.