Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2015 - IV ZR 373/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Der Streitwert wird auf bis zu 3.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin beantragte am 21. März 2011, eine fondsgebundene Rentenversicherung bei der Beklagten abzuschließen. Die Vermittlerin der Beklagten nahm diesen Antrag auf und übergab der Klägerin bei dieser Gelegenheit verschiedene Unterlagen, insbesondere die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedin- gungen sowie ein dreiseitiges Formular mit Informationen gemäß § 7 VVG und § 154 VVG. In diesem Formular befand sich auf der zweiten Seite eine Widerrufsbelehrung, deren Text farblich unterlegt war. Die Beklagte nahm den Antrag an und übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 25. März 2011 den Versicherungsschein. Versicherungsbeginn war der 1. April 2011.
- 2
- Die Klägerin zahlte die Einmalprämie von 11.250 €. Mit Schreiben vom 3. Februar 2012 kündigte sie die Versicherung. Die Beklagte er- rechnete einen Rückkaufswert von 9.062,56 € und zahlte ihn an die Klä- gerin aus. Mit Anwaltsschreiben vom 22. Januar 2013 widerrief diese den Vertrag und erklärte, ihr stehe ein unbegrenztes Widerrufsrecht zu. Sie meint, die Beklagte habe sie nicht ordnungsgemäß über die Risiken des Vertrags belehrt und sei ihren Informationspflichten nicht vollständig nachgekommen.
- 3
- Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin - soweit noch von Interesse - Zahlung weiterer 2.736,72 € nebst Zinsen und außergerichtlicher An- waltskosten. Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.
- 4
- II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 5
- 1. Zulassungsgründe i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestehen nicht. Das Landgericht hat zwar die Revision im Tenor seines Urteils zugelassen , jedoch fehlt jede Begründung, warum die Revision zuzulassen sei. Es ist auch sonst nicht erkennbar, warum sich das Landgericht veranlasst gesehen hat, die Revision zuzulassen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung.
- 6
- a) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (Senatsurteile vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d; vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 14 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 14. Mai 2014 - IV ZA 5/14, VersR 2014, 824 Rn. 17; BGH, Beschluss vom 16. November 1995 - I ZR 25/94, VersR 1996, 221 unter I 2). Auch die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, aufgrund derer Klärungsbedarf bestehen könnte.
- 7
- b) Auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG erlischt, kommt es nach den Feststellungen des Landgerichts nicht an.
- 8
- Dieses hat im Streitfall festgestellt, dass die der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß und wirksam war und auch die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 VVG mit Zugang des Ende März 2011 an die Klägerin versandten Versicherungsscheins vollständig erfüllt waren. Als die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 22. Januar 2013 ihre Vertragserklärungen widerrief, war die Widerrufsfrist gemäß § 8 Abs. 1, § 152 Abs. 1 VVG bereits abgelaufen. Ohne Erfolg greift die Revision die Feststellungen des Landgerichts an.
- 9
- aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin wirksam über ihr Widerrufsrecht belehrt worden.
- 10
- Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet ist und die Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG erfüllt sind. Soweit die Widerrufsbelehrung nicht umrahmt, sondern farblich unterlegt ist, handelt es sich um eine nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VVG unerhebliche Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung. Dagegen setzt die Revision nur ihre eigene Würdigung; revisionsrechtlich beachtliche Fehler zeigt sie nicht auf. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Widerrufsbelehrung drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben sei. Da die W iderrufsbelehrung sich über fast eine halbe Seite erstreckt, die Überschrift und die Zwischenüberschriften fett gedruckt sind und der gesamte Text farblich unterlegt ist, weist die Würdigung des Berufungsgerichts, dass diese Belehrung beim (flüchtigen) Lesen auffalle und ausreichend markant sei, keinen revisionsrechtlich erheblichen Fehler auf. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Widerrufsbelehrung innerhalb des dreiseitiges Formulars mit Informationen gemäß § 7 VVG und § 154 VVG befand.
- 11
- Dass die Klägerin die weiter gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VVG für den Fristbeginn erforderlichen Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 VVG vor Abgabe ihrer Vertragserklärung erhalten hat, hat das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt. Die Revision erhebt hiergegen keine Rügen. Den Versicherungsschein hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 25. März 2011 zugesandt; er ist der Klägerin unstreitig zugegangen.
- 12
- bb) Damit begann die 30-tägige Widerrufsfrist jedenfalls Ende März 2011 zu laufen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 VVG). Der erst im Januar 2013 erklärte Widerruf der Klägerin war mithin verspätet.
- 13
- 2. Die Revision der Klägerin hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts kein Widerrufsrecht mehr zustand.
Dr. Brockmöller Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
AG Salzgitter, Entscheidung vom 21.01.2014- 23 C 160/13 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 26.08.2014- 7 S 85/14 (008) -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung der Rechnungsgrundlagen für die Prämienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. Dies gilt nicht für Risikoversicherungen und Verträge, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechenmodell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann.
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage.
(2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder, wenn dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist, die für das erste Jahr gezahlten Prämien zu erstatten.
(3) Abweichend von § 33 Abs. 1 ist die einmalige oder die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen.
(1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung der Rechnungsgrundlagen für die Prämienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. Dies gilt nicht für Risikoversicherungen und Verträge, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechenmodell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann.