Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2018 - IV ZR 264/17

ECLI: ECLI:DE:BGH:2018:090518BIVZR264.17.0
published on 09/05/2018 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2018 - IV ZR 264/17
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Landgericht Memmingen, 25 O 363/11, 11/11/2016
Oberlandesgericht München, 24 U 4708/16, 05/10/2017

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 264/17
vom
9. Mai 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:090518BIVZR264.17.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Götz
am 9. Mai 2018

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts München - 24. Zivilsenat - vom 5. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 500 €

Gründe:


1
I. Der Kläger nimmt den Beklagten als Alleinerben der am 3. Dezember 2010 verstorbenen Erblasserin, der Mutter der Parteien, im Wege der Stufenklage auf Zahlung von Pflichtteil und Pflichtteilsergänzung in Anspruch.
2
Mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 27. September 2011 hat das Landgericht den Beklagten zur Auskunft über alle beim Erbfall tatsächlich vorhandenen Sachen und Forderungen, alle Nachlassverbindlichkeiten , alle ergänzungspflichtigen Schenkungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten getätigt hatte, und alle unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen verurteilt. Nachdem der Beklagte am 29. Februar 2012 ein Nachlassverzeichnis vorgelegt hatte, hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der von ihm im Nachlassverzeichnis erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern. Mit Beschluss vom 18. Mai 2012 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über den Nachlass der Erblasserin eröffnet. Am 10. Februar 2016 hat es das Nachlassinsolvenzverfahren aufgehoben. An den Beklagten ist bei der Schlussverteilung kein Überschuss ausgekehrt worden. Anschließend ist der Rechtsstreit auf Antrag des Klägers fortgesetzt worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 23. September 2016 hat der Beklagte die Erschöpfungseinrede des § 1989 BGB erhoben. Der Kläger hat in einem nachgelassenen Schriftsatz vorgetragen, der Beklagte habe es unterlassen, Zuwendungen der Erblasserin an ihn aus der Zeit vom 1. März 2010 bis 8. November 2010 in Höhe von insgesamt 99.000 € im Nachlassverzeichnis anzugeben. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der von ihm im Nachlassverzeichnis vom 29. Februar 2012 erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger zuletzt unter anderem beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 99.000 € zu zahlen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm am 29. Februar 2012 erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern sowie festzustellen, dass der Kläger vom Beklagten die Herausgabe weiterer Schenkungen nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung verlangen kann. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Beklagten verurteilt , dem Kläger die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm am 29. Februar 2012 erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern. Ferner hat es den Rechtsstreit zur Durchführung des Verfahrens in der dritten Stufe der Stufenklage an das Landgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Berufung einschließlich der Klageänderung sei zulässig. Sie sei hinsichtlich der eidesstattlichen Versicherung auch begründet. Dem Pflichtteilsberechtigten stehe ein Auskunftsanspruch entsprechend § 2314 BGB gegen den Beschenkten zu, soweit Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2329 BGB in Betracht kämen. Dies sei hier der Fall. Es bestehe auch Grund zu der Annahme , dass das Nachlassverzeichnis vom 29. Februar 2012 nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden sei. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten.
4
II. Diese ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
5
Der Wert des Beschwerdegegenstandes richtet sich im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordert, sowie nach einem - hier nicht geltend gemachten - Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten (zuletzt Senatsbeschluss vom 13. September 2017 - IV ZB 21/16, ZEV 2017, 648 Rn. 9). Wird - wie hier - der Beklagte auf eine Stufenklage hin vom Berufungsgericht zur Auskunft oder eidesstattlichen Versicherung verurteilt und die Sache im Übrigen wegen der weiteren Stufen an das Landgericht zurückverwiesen, richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Streitwert eines gegen dieses Berufungsurteil gerichteten Rechtsmittels lediglich nach der Beschwer des Beklagten durch die Verurteilung zur Auskunft. Dies gilt selbst dann, wenn das Landgericht die Stufenklage ursprünglich insgesamt abgewiesen hat (Senatsbeschlüsse vom 30. April 2008 - IV ZR 287/07, FamRZ 2008, 1346 Rn. 5; vom 3. Juli 2002 - IV ZR 191/01, ZEV 2002, 503 [juris Rn. 3]; BGH, Beschluss vom 23. März 1970 - VII ZR 137/68, NJW 1970, 1083 [juris Rn. 8-10]). Zwar enthält die Zurückverweisung an die untere Instanz eine Beschwer für die Partei , die ein endgültiges, ihr günstiges Sachurteil erstrebt hatte. Bei Stufenklagen ist aber eine besondere Rechtslage gegeben. Wenn das Verfahren ohne Grundurteil wegen der weiteren Stufen lediglich zurückverwiesen wird, hat das Berufungsgericht eine sachliche Entscheidung über die weiteren Stufen und insbesondere über den Zahlungsanspruch nicht getroffen. Es liegt nicht anders, als wenn das Berufungsgericht von einer Zurückverweisung abgesehen (vgl. § 538 Abs. 1 ZPO) und durch Teilurteil über den Anspruch auf Auskunftserteilung oder eidesstattliche Versicherung entschieden hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Juli 2002 aaO; BGH, Beschluss vom 23. März 1970 aaO [juris Rn. 10]). Demgegenüber ist es unerheblich, ob - wie hier - das Landgericht die Stufenklage zuvor insgesamt abgewiesen hatte. Für den Streitwert des Beschwerdeverfahrens kommt es allein auf die Beschwer des Beklagten durch das Berufungsurteil an. Das Interesse des Beklagten , mit Hilfe der durchzuführenden Revision die Durchsetzung des Hauptanspruchs insgesamt zu verhindern, geht über den unmittelbaren Gegenstand der angegriffenen Entscheidung hinaus und muss daher außer Betracht bleiben. Dem Beklagten stehen nach einer Verurteilung zur Zahlung die dann eröffneten Rechtsmittel zu (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2002 aaO [juris Rn. 5]).
6
Anders als die Beschwerde meint ändert sich daran auch nichts dadurch, dass das Berufungsgericht die Berufung für zulässig erachtet hat. Hierbei handelt es sich um isoliert nicht angreifbare Gründe der angefochtenen Entscheidung. Beschwert wird der Beklagte allein durch den Tenor, hier durch seine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat das Berufungsgericht auch kein Zwischenurteil im Sinne von § 303 ZPO er- lassen. Zwar kann das Berufungsgericht über die Zulässigkeit einer Berufung durch Zwischenurteil entscheiden (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 4/06, VersR 2007, 811 Rn. 4; vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86, NJW 1987, 3264 [juris Rn. 8]). In Einzelfällen kann auch ein nicht als Zwischenurteil bezeichnetes Urteil in ein solches umgedeutet werden, wenn ein entsprechender Wille des Gerichts aus dem Urteil hervorgeht (Rensen in Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. § 303 Rn. 6a). Hier bestehen aber keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür , dass das Berufungsgericht ein Zwischenurteil erlassen hat oder erlassen wollte. Ein entsprechender Wille kommt an keiner Stelle des Urteils zum Ausdruck.
7
Hinzu kommt, dass ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Berufung ohnehin nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Endurteil anfechtbar ist (BGH, Urteile vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 4/06, VersR 2007, 811 Rn. 4; vom 6. Mai 1987 - IV ZB 52/86, NJW 1987, 3264 juris Rn. 8). Zu einer Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstandes des zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilten Beklagten führt es jedenfalls nicht, wenn das Berufungsgericht zugleich in den Entscheidungsgründen über die Zulässigkeit der Berufung insgesamt entschieden hat. Hierdurch werden die Rechte des Beklagten auch nicht unzulässig verkürzt. Ihm verbleiben die Rechtsmittel gegen das auf der dritten Stufe ergehende Zahlungsurteil. In diesem Rahmen kann, soweit der Wert des Beschwerdegegenstandes des § 26 Nr. 8 EGZPO überschritten ist, das Revisionsgericht auch überprüfen , ob die zunächst gegen das Urteil des Landgerichts eingelegte Berufung zulässig war oder nicht.
8
III. Die Beschwerde hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Mayen Prof. Dr. Karczewski Dr. Brockmöller
Dr. Bußmann Dr. Götz

Vorinstanzen:
LG Memmingen, Entscheidung vom 11.11.2016- 25 O 363/11 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 05.10.2017 - 24 U 4708/16 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichniss
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Annotations

Ist das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet, so findet auf die Haftung des Erben die Vorschrift des § 1973 entsprechende Anwendung.

(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.

(1) Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.

(2) Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.

(3) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Ist ein Zwischenstreit zur Entscheidung reif, so kann die Entscheidung durch Zwischenurteil ergehen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.