Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2016 - IV ZR 238/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende RichterinMayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann
am 7. Dezember 2016
einstimmig beschlossen:
Streitwert: 72.000 €
Gründe:
- 1
- I. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers ist gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht mehr vorliegen und das Rechtsmittel auch keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO). Der Senat nimmt insoweit auf die Gründe des Beschlusses vom 7. September 2016 Bezug, mit dem er auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen hat.
- 2
- II. Die Ausführungen im Schriftsatz der Klägervertreter vom 17. November 2016 geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.
- 3
- 1. Der Senat hält auch unter Berücksichtigung der Einwände des Klägers daran fest, dass im Hinblick auf den Zweck des Güteverfahrens die im Hinweisbeschluss genannten Mindestanforderungen an den Inhalt eines Güteantrags zu stellen sind. Die vorgetragenen Einwände vermögen nicht auszuräumen, dass selbst für die Beklagte der Gegenstand des klägerischen Begehrens - das auch nach § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung der Gütestelle zu schildern ist - aus dem Güteantrag nicht ausreichend deutlich wurde. Dies gilt nicht nur wegen der Unklarheit, ob der Kläger Ansprüche nur aus der mit einer Vertragsnummer bezeichneten oder auch aus weiteren bei der Beklagten abgeschlossenen Versicherungen verfolgen wollte, sondern vor allem auch, weil der Antrag nicht erkennen ließ, in welchem Umfang der Kläger Darlehensverbindlichkeiten eingegangen ist, von denen er freigestellt werden möchte, und welchen sonstigen Aufwand er erbracht hat. Das konnte die Beklagte auch aus der mitgeteilten Vertragsnummer nicht erkennen. Erst recht gilt dies für die angerufene Gütestelle.
- 4
- 2. Unbegründet sind die vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom III. Zivilsenat begründete neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der erkennende Senat insoweit angeschlossen hat. Dem entspricht auch, dass das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2015 (III ZR 198/14, BGHZ 206, 41) nicht zur Entscheidung angenommen hat (Beschluss vom 10. September 2015 - 1 BvR 1817/15, juris).
- 5
- 3. Des Weiteren steht auch Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten ) den nach dieser Rechtsprechung bestehenden Mindestanforderungen an den Güteantrag, damit dieser eine Hemmung der Verjährung bewirken kann, nicht entgegen.
- 6
- Abgesehen davon, dass diese Richtlinie erst nach Beendigung des im Streitfall eingeleiteten Güteverfahrens erlassen und in Kraft getreten ist, hindert auch Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie die genannten inhaltlichen Anforderungen an einen Güteantrag für eine Hemmung der Verjährung nicht. Wie sich dem Erwägungsgrund 45 der RL 2013/11/EU entnehmen lässt, zielt die Bestimmung darauf, den Antragstellern ihr Recht auf den Zugang zu den Gerichten auch im Falle eines gescheiterten Güteverfahrens zu erhalten, weshalb es den Mitgliedsstaaten u.a. freistehen soll vorzusehen, dass Verjährungsfristen nicht während des Verfahrens zur alternativen Streitbeilegung ablaufen. Diesen Anforderungen der Richtlinie genügt die Regelung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB, nach der die Veranlassung der Bekanntgabe eines Güteantrags zur Hemmung der Verjährung führt (BGH, Beschluss vom 24. März 2016 - III ZB 75/15, juris Rn. 18). Das damit schon lange vor Inkrafttreten der Richtlinie national gewährleistete grundsätzliche Recht, einen Anspruch auch noch nach einem gescheiterten Güteverfahren vor einem Gericht durchsetzen zu können, ohne durch eine während des Verfahrens eingetretene Verjährung hieran gehindert zu sein, schließt es jedoch nicht aus, diese Gewährleistung daran zu knüpfen, dass der Güteantrag bestimmte formelle und inhaltliche Anforderungen erfüllen muss, die sich aus dem notwendi- gen Schutz des Anspruchsgegners sowie dem Zweck des alternativen Schlichtungsverfahrens ergeben. Vorgaben für den Inhalt eines Güteantrags ergeben sich aus Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie nicht (BGH aaO).
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 11.04.2014- 10 O 258/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.04.2015- 12 U 156/14 -
Annotations
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.