Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2006 - IV ZR 180/04

published on 13/12/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2006 - IV ZR 180/04
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Landgericht Leipzig, 9 O 7000/03, 06/02/2004
Oberlandesgericht Dresden, 4 U 316/04, 24/06/2004

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 180/04
vom
13. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke
am 13. Dezember 2006

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Juni 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 89.147,32 €

Gründe:


1
Beschwerde Die ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 1, 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
2
1. Einen entscheidungserheblichen Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG hat die Beschwerde nicht dargelegt.
3
Das a) Berufungsgericht hat den Antrag auf Vernehmung des Sachverständigen G. als Zeugen zur Kenntnis genommen und die Ablehnung im Urteil und in dem auf die Gehörsrüge der Klägerin ergangenen Beschluss vom 28. Juli 2004 eingehend begründet. Damit ist es seiner Pflicht nachgekommen, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Ablehnung des Beweisantrags ist überdies verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Die von dem Zeugen bei seiner Ortsbesichtigung im Dezember 2002 getroffenen und schriftlich niedergelegten Feststellungen zum Zustand des Gebäudes waren unstreitig und bedurften keines Beweises. Da die Klägerin nicht vorgetragen hat, der Zeuge habe darüber hinausgehende, zur Bestimmung des Zeitpunkts des Schadenseintritts geeignete Erkenntnisse gehabt, gab es kein Beweisthema, zu dem er zu vernehmen gewesen wäre. Soweit der Zeuge G. angenommen hat, der Schaden sei im August 2002 eingetreten, beruht dies allein auf den Angaben des Zeugen B. .
4
Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist von der Klägerin nicht beantragt worden und auch von Amts wegen nicht veranlasst gewesen.
5
b) Die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen P. verletzt die Klägerin ebenfalls nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Das Berufungsgericht hat den Beweisantritt zu Recht nach § 530 i.V. mit §§ 520, 296 Abs. 1 und 4 ZPO als verspätet zurückgewiesen.
6
aa) Die Ansicht der Beschwerde, die Klägerin habe sich in der Berufungsbegründung darauf beschränken dürfen, den Klagabweisungsgrund im Urteil des Landgerichts anzugreifen und im Übrigen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag zu verweisen, ist nur richtig, soweit es um die Zulässigkeit der Berufung geht. Damit war der in Bezug genommene Vortrag erster Instanz Gegenstand des Berufungsverfahrens. In erster Instanz hatte die Klägerin den Zeugen P. aber nicht benannt. Als neues Beweismittel hätte sie ihn deshalb nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO in der Berufungsbegründung benennen und außerdem darlegen müssen, weshalb das neue Beweismittel nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist. Das war nicht deshalb entbehrlich, weil das Landgericht rechtsfehlerhaft einen Anspruchsverzicht angenommen hatte. Die Klage konnte im Berufungsverfahren nur Erfolg haben, wenn die Klägerin die streitige Behauptung beweisen konnte, der Schaden sei nach Beginn des Versicherungsschutzes (5. Juni 2002) eingetreten.
7
bb) Die Benennung des Zeugen P. nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erst in der mündlichen Verhandlung war damit verspätet. Seine Vernehmung hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert.
8
Das Berufungsgericht hat der Klägerin in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben, die Verspätung zu entschuldigen. Das ist zwar im Protokoll nicht vermerkt, ergibt sich aber aus dem Berufungsurteil. Das Berufungsgericht führt aus, die verspätete Antragstellung beruhe auf einem Verschulden der Klägerin oder ihres Prozessbevollmächtigten. Deren Annahme, der Beweis könne allein mit dem Zeugen B. geführt werden, entlaste sie nicht. Dieser Entschuldigungsgrund kann nur in der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden sein, weil die Klägerin danach bis zur Verkündung des Urteils keinen Schriftsatz mehr eingereicht hat. Die Einzelheiten der Erörterung der Verspätungsproblematik ergeben sich aus dem Beschluss des Berufungsgerichts vom 28. Juli 2004, der sich mit der Gehörsrüge der Klägerin befasst.

9
Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Klägerin die Verspätung nicht genügend entschuldigt hat. Ihrer Auffassung, sie habe nicht vorhersehen können, dass das Berufungsgericht dem Zeugen B. nicht glaubt, deshalb habe frühestens nach seiner Vernehmung Anlass zur Benennung des Zeugen P. bestanden, ist nicht zu folgen. Anlass dazu bestand vielmehr bereits nach der Klagerwiderung, in der substantiiert bestritten wurde, dass der Schaden erst nach Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sei. Wer ein Beweismittel zu einem zentralen Punkt des Rechtsstreits bewusst zurückhält, um erst einmal abzuwarten, zu welchem Ergebnis die Erhebung der bisher angebotenen Beweise führt, verstößt in grober Weise gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht des Zivilprozesses (vgl. dazu BVerfG NJW 2005, 1768, 1769; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2002 - X ZR 69/01 - NJW 2003, 200 unter II 6 b; BGHZ 91, 293, 303).
10
cc) Der Klägerin ist auch nicht durch die Mitteilung des vorläufigen Beweisthemas in der Terminsverfügung die Möglichkeit genommen worden , den Zeugen P. so rechtzeitig zu benennen, dass er noch zum Termin hätte geladen werden können und eine Verfahrensverzögerung durch seine Vernehmung nicht eingetreten wäre. Die Klägerin hat den Beweisantritt mit dem Zeugen P. nach ihrem eigenen Vortrag nicht im Hinblick auf die Terminsverfügung unterlassen, sondern weil sie erst die Vernehmung des Zeugen B. abwarten wollte.
11
2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 06.02.2004 - 9 O 7000/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 24.06.2004 - 4 U 316/04 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
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published on 15/10/2002 00:00

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.