Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2009 - IV ZR 152/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 37.000 €
Gründe:
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- I. Der Kläger macht einen Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 37.000 € geltend. Die Vorinstanzen halten den Anspruch für begründet und zwei auf Schuldbekenntnisse des Klägers aus dem Jahre 1992 gestützte, hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegen- forderungen des Beklagten nicht für gerechtfertigt. Nach Ablauf der Frist zur Berufungsbegründung hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Februar 2008 neu vorgetragen, er habe in der Zwischenzeit weitere Gegenansprüche ermittelt. Der Kläger habe den hälftigen Miteigentumsanteil der - vom Beklagten allein beerbten - Mutter des Beklagten an einer Finca auf Mallorca erst nach deren Tod unter Missbrauch einer Vollmacht der Mutter für einen Preis von 35.000 € an die damalige Lebensgefährtin des Klägers veräußert. Dieser Preis liege weit unter dem Wert des Miteigentumsanteils von mindestens 275.000 €. Aufgrund dieses Sachverhalts stellte der Beklagte zusätzlich hilfsweise einen Anspruch auf Herausgabe von 35.000 € sowie einen erstrangigen Teilbetrag eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs in einer insgesamt die Klageforderung erreichenden Höhe zur Aufrechnung. Zum Beweis seines Vortrags hat er sich auf eine Parteivernehmung des Klägers berufen, auf das Zeugnis der Erwerberin des Miteigentumsanteils sowie auf eine Auskunft des Grundbuchamts auf Mallorca. Abschließend hat er erwähnt, dass er durch seinen spanischen Rechtsanwalt eine Klage auf Rückübertragung vor dem zuständigen Gericht in Mallorca erhoben habe, über die noch nicht entschieden worden sei. Da eine Übersetzung der Klage nicht vorliege, hat er die Klageschrift in spanischer Fassung beigefügt.
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- Das Berufungsgericht hat nach einer ersten mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2008 Beweis über die Erfüllung der vorrangig zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen erhoben und nach einer weiteren mündlichen Verhandlung vom 30. April 2008 sein Urteil verkündet. Darin äußert sich das Berufungsgericht zu der mit Schriftsatz des Beklagten vom 1. Februar 2008 zusätzlich geltend gemachten Aufrechnungsforderung lediglich wie folgt: "Soweit der Beklagte in dem Schriftsatz vom 01. Februar 2008 nunmehr hilfsweise die Aufrechnung mit einer weiteren Forderung im Zusammenhang mit dem Verkauf der Finca auf Mallorca stützen will, ist der Vortrag bereits deshalb unsubstantiiert und unbeachtlich, weil Urkunden nur in spanischer Sprache ohne Beifügung einer Übersetzung vorgelegt werden und daher nicht verwertet werde können."
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- Im Hinblick darauf rügt der Beklagte mit seiner rechtzeitig eingegangenen und begründeten Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG.
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- II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, das den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt hat (vgl. BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007).
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- Dass 1. Urkunden nur in spanischer Sprache vorgelegt worden sind, hat mit der Frage, ob der Vortrag des Beklagten substantiiert und beachtlich ist, grundsätzlich nichts zu tun. Urkunden sind Beweismittel (§§ 415 ff. ZPO); sie können auch zur Ergänzung des Parteivorbringens herangezogen werden (§ 142 ZPO). Davon ist das Vorbringen der Partei zu unterscheiden, das der Beklagte hier in seinem Schriftsatz vom 1. Februar 2008 niederlegt hat. Darin nimmt er nicht etwa auf die beigefügte Urkunde in spanischer Sprache Bezug, um sich den Vortrag des Sachverhalts zu ersparen oder zu vereinfachen, den er seiner neuen Aufrechnungsforderung zugrunde legen will. Diesen Sachverhalt hat er vielmehr in dem genannten Schriftsatz auf zwei Seiten in deutscher Sprache vorgetragen. Auf die Urkunde in spanischer Sprache hat er sich abschließend lediglich bezogen zum Beleg dafür, dass er mit Rücksicht auf den dargestellten Sachverhalt auch eine Klage bei einem Gericht auf Mallorca anhängig gemacht habe.
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- Wie das Berufungsgericht bei dieser Sachlage zu der Ansicht kommen konnte, der Vortrag des Beklagten sei "bereits deshalb unsubstantiiert und unbeachtlich", weil Urkunden in spanischer Sprache ohne Übersetzung nicht verwertet werden könnten, ist nicht nachvollziehbar. Offenbar hat das Berufungsgericht den schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten in deutscher Sprache nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen.
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- Darauf 2. kann das Berufungsurteil beruhen. Die Beschwerde macht mit Recht geltend, dass der Vortrag des Beklagten hinreichend substantiiert war, um einen Anspruch auf Herausgabe des Erlöses sowie auf Schadensersatz darzulegen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, um dort eventuell weitere Einzelheiten zu ermitteln (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04 - NJW-RR 2007, 1409 Tz. 8; Urteil vom 13. Juli 1998 - II ZR 131/97 - VersR 1999, 1120 unter I). Erst wenn der Parteivortrag hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsfolge durch das Vorbringen der Gegenseite unvollständig, mehrdeutig oder sonst unklar wird, hat die Partei Anlass zu weiterer Substantiierung (BGH, Urteile vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83 - NJW 1984, 2888 unter II 1 a; vom 16. Oktober 1985 - VIII ZR 287/84 - NJW 1986, 919 unter I 1).
- 8
- Hier hat der Beklagte geltend gemacht, die Vollmacht seiner Mutter , mit deren Hilfe der Kläger den Miteigentumsanteil der Mutter weiter übertragen habe, sei nicht über deren Tod hinaus gültig gewesen; der Kläger habe sie aber erst mehr als einen Monat nach dem Tod der Mutter zur Übertragung des dieser gehörenden Miteigentumsanteils verwendet. Die Mutter habe mit dem Kläger auch nicht vereinbart, wie der Kläger bewusst der Wahrheit zuwider behauptet habe, dass der Wert des Miteigentumsanteils der Mutter dem Kläger zustehen solle und dieser damit nach Gutdünken verfahren könne. Der Kläger hat den neuen Vortrag des Beklagten im Berufungsverfahren jedenfalls schriftsätzlich nicht bestritten. Danach erlaubte der Beklagtenvortrag den Schluss auf Ansprüche des Beklagten aus §§ 678, 684, 1922 BGB. Wenn das Berufungsgericht insoweit Zweifel gehabt hätte, hätte es den Beklagten darauf nach § 139 ZPO hinweisen müssen; dafür ist aber aus den Akten nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht hat dem Beklagten auch nicht aufgegeben, eine Übersetzung der spanischen Urkunde gemäß § 142 Abs. 3 ZPO vorzulegen.
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- 3. Nach Zurückverweisung der Sache wird das Berufungsgericht nunmehr dem Vorbringen aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 1. Februar 2008 nachzugehen haben.
Felsch Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 14.09.2007 - 16 O 276/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.06.2008 - 5 U 191/07 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.
(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.
(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.
Steht die Übernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und musste der Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersatz des aus der Geschäftsführung entstehenden Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt.
Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der in § 683 bestimmte Anspruch zu.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.
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