Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Nov. 2011 - IV ZR 15/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 1.198.107,60 €
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin fordert von der Beklagten als führendem Versicherer anteilige Versicherungsleistungen aus einer von der HEROS-Gruppe mit mehreren Versicherungsunternehmen abgeschlossenen "Valorenversicherung" , deren Bedingungen auszugsweise im Senatsurteil vom 25. Mai 2011 (IV ZR 117/09 - Geldtransporte HEROS I, VersR 2011, 918 Rn. 1) und im Senatsbeschluss vom 21. September 2011 (IV ZR 38/09 - Geldtransporte HEROS II, juris Rn. 1) wiedergegeben sind. Die Klägerin ist über eine mit ihr im Mai 2009 verschmolzene Bank Versicherte dieses Vertrages. Die HEROS-Transport GmbH war unter anderem mit der Ver- und Entsorgung von Geldautomaten, der Belieferung der Bankfi- lialen mit Bargeld und der Abholung von Filialgeldern beauftragt. Nach Behauptung der Klägerin sind infolge vertragswidrigen Verhaltens der HEROS-Gruppe sowohl im Rahmen der Bargeldentsorgung als auch der Bargeldversorgung erhebliche Schäden entstanden, deren anteilige Erstattung sie von der Beklagten verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt.
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- II. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine Zulassung der Revision war schon im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geboten, so dass es auf die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Revision im Übrigen nicht ankommt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2004 - IV ZR 386/02, VersR 2005, 809 unter II 2 m.w.N.).
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- 1. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage allein darauf gestützt, dass die Beklagte ihre Annahme des Versicherungsvertrages mit der Policennummer 7509 wirksam nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Ob jeweils ein Versicherungsfall vorgelegen hätte, hat es für die in Rede stehenden Schäden offen gelassen. Die Gründe, die den Senat bewogen haben, zur Klärung der Voraussetzungen des Versicherungsfalles die Revision in der Sache IV ZR 117/09 (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO) zuzulassen, liegen mithin hier nicht vor.
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- 2. Die Zulassung der Revision ist auch insoweit nicht geboten, als das Berufungsgericht die Arglistanfechtung hat durchgreifen lassen.
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- a) Zwar hat der Senat in der Sache IV ZR 38/09, in der die Klage einer anderen Versicherten vom Berufungsgericht ebenfalls mit der Begründung abgewiesen worden war, die Beklagte habe den Versicherungsvertrag mit der HEROS-Gruppe wirksam angefochten, die Revision mit Beschluss vom 21. September 2011 (Geldtransporte HEROS II - aaO) zugelassen. Alleiniger Zulassungsgrund war dort jedoch, dass das Berufungsgericht einen Beweisantritt auf Vernehmung zweier Zeugen zur Frage der Kenntnis der Beklagten vom Anfechtungsgrund übergangen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen hatte (aaO Rn. 12 ff.). Der Senat hat deshalb das dortige Berufungsurteil nach § 544 Abs. 7 ZPO im Beschlusswege aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Eine solche Verfahrensrüge erhebt die Beschwerdeführerin hier nicht.
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- b) Keiner grundsätzlichen Klärung bedarf, inwieweit die Arglistanfechtung in Ziffer 13.4 der Versicherungsbedingungen wirksam ausgeschlossen werden konnte. Der Bundesgerichtshof hat einen vergleichbaren vertraglichen Anfechtungsausschluss bereits mit Urteil vom 17. Januar 2007 (VIII ZR 37/06, VersR 2007, 1084 Rn. 6) für unwirksam erachtet. Ergänzend wird dazu auf den Senatsbeschluss vom 21. September 2011 (aaO Rn. 27-33) verwiesen.
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- c) Darin hat der Senat allerdings im Rahmen eines Hinweises für die neue Verhandlung (aaO Rn. 53-59) die Begründung beanstandet, mit der das Berufungsgericht es bisher - auch im vorliegendenRechtsstreit - verneint hat, dass die Arglistanfechtung über den Abschluss des Versicherungsvertrages Nr. 7509 hinaus auch die zeitgleiche einvernehmliche Aufhebung der Vorgänger-Police Nr. 7265 erfasst und im Ergebnis zu deren Wiederaufleben führt. Wenngleich dem Berufungsgericht mithin bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 139 BGB ein Rechtsfehler unterlaufen ist, gebietet dies nicht die Zulassung der Revision.
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- An einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO fehlt es schon deshalb, weil die allein auf Umständen des Einzelfalles beruhende Entscheidung nur für die beiden zwischen der HEROS-Gruppe und der Beklagten abgeschlossenen Versicherungspolicen und die dazu erklärte Arglistanfechtung bedeutsam ist. Zwar ist mittelbar eine Reihe Versicherter dieser beiden Verträge mit behaupteten Schäden von mehreren Millionen Euro betroffen, doch handelt es sich insoweit sämtlich um ehemalige Auftraggeber der Versicherungsnehmerin (HEROS-Gruppe) und damit um einen abgeschlossenen Kreis von Geschädigten , weshalb sich die vom Berufungsgericht entschiedene Rechtsfrage nicht in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 181, 191; vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 223). Einen verallgemeinerungsfähigen unrichtigen Rechtssatz hat das Berufungsgericht bei Prüfung der Voraussetzungen des § 139 BGB nicht aufgestellt. Seine Entscheidung steht deshalb nicht in Divergenz zum Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 16. Mai 2007 (VersR 2007, 1681), so dass die Zulassung der Revision nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfolgen muss (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Dass das Berufungsgericht Verfahrensgrundrechte der Klägerin bei der Prüfung des § 139 BGB verletzt hätte, ist nicht ersichtlich.
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- 3. Wegen der weiteren Rügen der Beschwerdeführerin wird ergänzend auf den Senatsbeschluss vom 21. September 2011 (IV ZR 38/09 aaO) verwiesen. Die Rügen der Verletzung von Verfahrensgrundrechten hat der Senat auch im Übrigen geprüft, sie greifen nicht durch. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 10.12.2009- 8 O 151/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.12.2010- 8 U 44/10 -
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Annotations
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
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