Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juli 2012 - IV ZR 134/11

published on 30/07/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juli 2012 - IV ZR 134/11
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Amtsgericht München, 264 C 14104/09, 22/03/2010
Landgericht München I, 13 S 7903/10, 14/06/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 134/11
vom
30. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 30. Juli 2012
gemäß § 552a ZPO einstimmig beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I - 13. Zivilkammer - vom 14. Juni 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Sie hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Darauf ist die Klägerin mit Schreiben der Vorsitzenden vom 28. Juni 2012 hingewiesen worden.
2
Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Diese ist dann gegeben , wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 2010 - II ZR 156/09, NJW-RR 2010, 978 Rn. 3; vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; jeweils m.w.N.).

3
Nicht entscheidungserheblich ist hier die klärungsbedürftige - in dem Verfahren IV ZR 76/11 dem Gerichtshof der Europäischen Union (C-209/12) vorgelegte - Frage, ob Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 (Zweite Richtlinie Lebensversicherung ) unter Berücksichtigung des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 (Dritte Richtlinie Lebensversicherung ) dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung - wie in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - entgegensteht, nach der ein Rücktrittsoder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Widerspruch oder Rücktritt belehrt worden ist.
4
Auf die Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. kommt es nicht an, weil der Zahlungsanspruch nicht schlüssig ist. Die Klägerin hat mit dem Rückkaufswert mehr als die geleisteten Beiträge erhalten. Einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungszinsen gemäß § 818 Abs. 1 BGB hat sie - ebenso wie die tatsächlichen Grundlagen eines Anspruchs auf Herausgabe von Nutzungen nach § 347 Satz 2 BGB a.F. - nicht hinreichend dargetan.
5
Aus dem von der Klägerin erklärten Widerspruch ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht "ohne Weiteres" eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Nutzungszinsen. Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, dass sich der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen beschränkt (BGH, Urteile vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325 unter II 1 b aa; vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 259/90, BGHZ 115, 268, 270 jeweils m.w.N.). Es ist von der Ziehung tatsächlicher Nutzungen in bestimmter Höhe nicht ausge- gangen, weil es "trotz ausdrücklichen Bestreitens von rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der klägerischen Zinsberechnung" hierzu weiteren Sachvortrag vermisst hat. Dies greift die Revision ohne Erfolg an. Nachdem die Klägerin eine Tatbestandsberichtigung nicht beantragt hat, kann sie nicht erst in der Revisionsinstanz geltend machen, die Beklagte habe die Zinsberechnung nicht angegriffen und eine behauptete Ziehung von Nutzungen nicht bestritten. Ob von Versicherern herauszugebende Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz berechnet werden können (vgl. für Kreditinstitute: BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 aaO unter II 1 c aa), kann hier dahinstehen. Mit der Vermutung, "es liege nahe", dass sie dies für die Beklagte als Versicherungsunternehmen postuliert habe, kann die Revision nicht fehlendes Vorbringen ersetzen.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Lehmann Dr. Brockmöller Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 22.03.2010- 264 C 14104/09 -
LG München I, Entscheidung vom 14.06.2011 - 13 S 7903/10 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Versicherungsvertragsgesetz - VVG

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 28. Juni 2013 - 10 O 112/13 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.519,52 nebst
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Zieht der Schuldner Nutzungen entgegen den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht, obwohl ihm das möglich gewesen wäre, so ist er dem Gläubiger zum Wertersatz verpflichtet. Im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts hat der Berechtigte hinsichtlich der Nutzungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

(2) Gibt der Schuldner den Gegenstand zurück, leistet er Wertersatz oder ist seine Wertersatzpflicht gemäß § 346 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 ausgeschlossen, so sind ihm notwendige Verwendungen zu ersetzen. Andere Aufwendungen sind zu ersetzen, soweit der Gläubiger durch diese bereichert wird.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.