Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2019 - IV ZB 8/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Felsch, Prof. Dr. Karczewski, Lehmann und Dr. Götz am 13. Februar 2019
beschlossen:
Beschwerdewert: bis 1.000 €
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin begehrt von dem beklagten Haftpflichtversicherer Deckung für Schäden, die ihr Hund an ihrer Mietwohnung verursacht hatte. Zunächst hat sie die Feststellung der Deckungspflicht beantragt und den Streitwert auf der Grundlage der erwarteten Reparaturkosten mit 2.500 € angegeben. Nach diesem Gegenstandswert hat die Klägerin auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ermittelt. Nach einer Einigung mit dem Vermieter hat sie die Klage dahin geändert , dass anstelle der Feststellung der Deckungspflicht die Zahlung von 600 € begehrt wurde.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Dagegen wendet die Klägerin sich mit der Rechtsbeschwerde.
- 3
- II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 4
- 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt die Klägerin in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), das es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Juni 2018 - IV ZB 10/17, VersR 2018, 1342 [juris Rn. 6]).
- 5
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die Berufung der Klägerin kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verworfen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes die Wertgrenze von 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
- 6
- a) Der Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Streitwert und die Beschwer nicht, solange er neben dem Hauptanspruch geltend gemacht wird, für dessen Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sind, § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO. Sobald und soweit die Hauptforderung jedoch nicht mehr Prozessgegenstand ist, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung, weil sie sich von der sie bedingenden Forderung gelöst hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (Senatsbeschluss vom 4. April 2012 - IV ZB 19/11, VersR 2012, 881 [juris Rn. 5]; BGH, Beschluss vom 20. Mai 2014 - VI ZB 49/12, VersR 2014, 1149 [juris Rn. 5], jeweils m.w.N.).
- 7
- b) Noch in der ersten Instanz ist die Klägerin von einer Feststellungsklage mit einem vom Amtsgericht auf 2.500 € festgesetzten Wert zu einer Zahlungsklage in Höhe von 600 € übergegangen. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob darin eine teilweise Klagerücknahme oder - wie die Rechtsbeschwerde meint - eine teilweise Erledigungserklärung lag. Jedenfalls hat sich damit der ursprünglich insgesamt als Nebenforderung geltend gemachte, auf den Gegenstandswert des Feststellungsantrags bezogene Antrag auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten von 334,75 € als Hauptforderung verselbständigt, soweit die Anwaltskosten einen 600 € übersteigenden Gegenstandswert betreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 62/10, WuM 2011, 177 [juris Rn. 6]). Dem Wert des Zahlungsantrags (600 €) ist daher ein zur Haupt- forderung gewordener Teil der mit der Berufung in ungeminderter Höhe weiterverfolgten Rechtsanwaltskosten hinzuzurechnen, so dass sich der Wert des Beschwerdegegenstandes auf mehr als 600 € erhöht.
Lehmann Dr. Götz
Vorinstanzen:
AG Dresden, Entscheidung vom 07.12.2017- 110 C 404/17 -
LG Dresden, Entscheidung vom 04.05.2018- 8 S 612/17 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.