Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2018 - IV ZA 5/18

ECLI: ECLI:DE:BGH:2018:130618BIVZA5.18.0
published on 13/06/2018 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2018 - IV ZA 5/18
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Landgericht Regensburg, 3 O 2146/15, 06/03/2017
Oberlandesgericht Nürnberg, 8 U 699/17, 18/12/2017

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZA 5/18
vom
13. Juni 2018
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
ECLI:DE:BGH:2018:130618BIVZA5.18.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Götz am 13. Juni 2018
beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Prozessbevollmächtigten II. Instanz der Klägerinnen gegen den Beschluss des Senats vom 24. April 2018 wird zurückgewiesen.
Das Ablehnungsgesuch der Prozessbevollmächtigten II. Instanz der Klägerinnen gegen den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


1
I. Die Klägerinnen haben ursprünglich aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einer Privathaftpflichtversicherung gegen die Beklagte geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht am 20. November 2017 haben die Klägerinnen persönlich erklärt, die Berufung zurücknehmen zu wollen, die Prozessbevollmächtigte II. Instanz demgegenüber, die Berufung auch gegen den erklärten Willen ihrer Mandanten weiterverfolgen zu wollen. Das Berufungsgericht hat die Berufung sodann mit Endurteil vom 18. Dezember 2017 zurückgewiesen.
2
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen II. Instanz (im Folgenden : die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte) hat mit Schriftsatz vom 18. Januar 2018 Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Hierzu hat sie Vollmachten der Klägerinnen vom 15. Juni 2015 vorgelegt. Der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen, Rechtsanwalt R. , hat demgegenüber mehrfach in deren Namen erklärt, diese hätten der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten keinen Auftrag erteilt, ein Rechtsmittel beim Bundesgerichtshof einzulegen. Mit Schriftsatz vom 19. März 2018 hat er ausdrücklich auch einen Prozesskostenhilfeantrag zurückgenommen. Hierzu hat er Vollmachten der Klägerinnen vom 22. Februar 2018, 7. März 2018 und 20. März 2018 vorgelegt.
3
Der Senat hat am 18. April 2018 beschlossen, über den Prozesskostenhilfeantrag vom 18. Januar 2018 sei nicht zu entscheiden, da der Bevollmächtigte der Klägerinnen Rechtsanwalt R. wirksam dessen Rücknahme erklärt habe. Die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat mit Schriftsatz vom 22. April 2018 im Namen ihrer Mandanten beantragt, das Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren fortzuführen. Der Senat hat am 24. April 2018 beschlossen, das als Gegenvorstellung gegen den Senatsbeschluss vom 18. April 2018 zu wertende Schreiben der Rechtsanwältin Dr. G. gebe keine Veranlassung zur Änderung der angegriffenen Entscheidung. Mit weiteren Schriftsätzen vom 29. April 2018 hat die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte im Namen der Klägerinnen Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO erhoben sowie die an der Abfassung des Beschlusses vom 24. April 2018 beteiligten Richterinnen und Richter des Bundesgerichtshofs wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018 darauf hingewiesen, die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte werde nicht im Namen der Klägerinnen tätig.
4
II. Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 24. April 2018 ist unbegründet. Das als übergangen gerügte Vorbringen ist vom Senat berücksichtigt und für nicht durchgreifend erachtet worden.
5
III. Das Ablehnungsgesuch der Klägerinnen ist unzulässig und kann daher unter Beteiligung der mitwirkenden Richter verworfen werden. Ein Ablehnungsgesuch gemäß § 42 ZPO ist dann unzulässig, wenn es rechtsmissbräuchlich erhoben wird. Rechtsmissbräuchlichkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die Ablehnung das Verfahren offensichtlich nur verschleppt oder mit ihm verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen (vgl. BVerfG NJW-RR 2008, 72 [juris Rn. 18-20]; BGH, Beschluss vom 7. November 1973 - VIII ARZ 14/73, NJW 1974, 55 [juris Rn. 5 f.]; Zöller/Vollkommer, ZPO 32. Aufl. § 42 Rn. 6; MünchKomm-ZPO/Stackmann, 5. Aufl. § 45 Rn. 2). So liegt es hier. Die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte hat gegen den erklärten Willen der Klägerinnen nicht nur das Berufungsverfahren zu Ende geführt, sondern zugleich an dem eingelegten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch dann noch festgehalten, als die Klägerinnen durch ihren nunmehrigen Prozessbevollmächtigten mehrfach erklärt hatten, sie hätten ihr für ein derartiges Verfahren keine Vollmacht erteilt und wollten dieses nicht durchführen. Auf dieser Grundlage verfolgt die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte verfahrensfremde Zwecke, wenn sie aufgrund einer älteren Vollmacht aus dem Jahre 2015 trotz entgegenstehenden Willens ihrer früheren Mandanten und neueren Vollmachten zugunsten des jetzigen Prozessbevollmächtigten das Verfahren weiterbetreibt und in diesem im Namen der Klägerinnen Befangenheitsanträge gegen die beteiligten Richterinnen und Richter stellt. Die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte hat sich selbst ausdrücklich als Gegnerin der Klägerin zu 1 bezeichnet. Das Verfahren gegen die Beklagte dient indessen nicht dazu , das streitige Rechtsverhältnis zwischen den Klägerinnen und ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zu klären oder dieser - wie von ihr vorgebracht - im Falle eines Obsiegens die Möglichkeit zu eröffnen , von der beklagten Partei ihre Kosten erstattet zu erhalten.
Mayen Prof. Dr. Karczewski Dr. Brockmöller
Dr. Bußmann Dr. Götz
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 06.03.2017- 3 O 2146/15 (3) -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 18.12.2017- 8 U 699/17 -
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 28/08/2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 127/17 vom 28. August 2018 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:280818BVIIIZR127.17.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. August 2018 durch die Richterin Dr. Hessel als Vorsitzende, die Richt
published on 04/09/2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 127/17 vom 4. September 2018 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:040918BVIIIZR127.17.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richt
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.