Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Mai 2016 - III ZR 90/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Hucke, Seiters, Tombrink und Dr. Remmert
beschlossen:
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 35.638,70 €
Gründe:
- 1
- 1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil ist unbegründet, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
- 2
- a) Das Berufungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, ein Schadensersatzanspruch wegen der vom Landgericht zu Recht angenommenen Beratungspflichtverletzung bezüglich des möglichen Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB sei jedenfalls verjährt. Zwar sei das Güteverfahren rechtzeitig eingeleitet und der Lauf der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist damit gehemmt worden. Da sich dem Kläger jedoch aus dem ihm im Jahr 2007 übersandten Geschäftsbericht für das Jahr 2006 förmlich habe aufdrängen müssen, dass er derartigen Haftungsansprüchen ausgesetzt sein könne, sei hinsichtlich der insoweit fehlerhaften Beratung zumindest grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers im Sinne des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB anzunehmen, so dass die kenntnisabhängige Verjährungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2010 geendet habe. Bei dieser Bewertung werde dem Kläger zwar nicht auferlegt, die Rechenschafts- und Geschäftsberichte der FondsGesellschaft mit dem Ziel einer Überprüfung auf mögliche Beratungsfehler durchzulesen. Ergäben sich jedoch - wie hier - aus diesen Berichten unzweideutig Haftungsrisiken, über die der Anleger nicht aufgeklärt worden sei, liege bei der im Streitfall unterbliebenen Lektüre des Rechenschafts- oder Geschäftsberichts grob fahrlässige Unkenntnis vor.
- 3
- Ob diese Beurteilung der rechtlichen Nachprüfung, insbesondere im Hinblick auf die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des Vorliegens grober Fahrlässigkeit und der - grundsätzlich nicht bestehenden - Verpflichtung eines Anlegers, nachträglich einen Fonds-Prospekt durchzulesen (vgl. nur Senatsurteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 29 ff), standhalten würde, ist zweifelhaft, kann aber dahinstehen. Denn die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich jedenfalls aus einem anderen Grund im Ergebnis als zutreffend.
- 4
- b) Der Güteantrag des Klägers hat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Hemmung der Verjährung nicht bewirken können. Unabhängig davon, dass dem Vorbringen des Klägers schon nicht der Zeitpunkt der in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB vorgesehenen Veranlassung der Bekanntgabe seines Güteantrags an die Beklagte entnommen werden kann, genügt dieser Gütean- trag nicht den zu stellenden Anforderungen an die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs. Schadensersatzansprüche des Klägers sind deshalb bereits aus diesem Grund gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vor Einreichung der Klage Ende des Jahres 2012 verjährt.
- 5
- aa) Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen, so dass der Anspruch für den Schuldner erkennbar ist und die Gütestelle in die Lage versetzt wird, auf der Grundlage der Angaben im Güteantrag einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (vgl. nur Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, BGHZ 206, 41 Rn. 25 mwN; vom 20. August 2015 - III ZR 373/14, NJW 2015, 3297 Rn. 18 und vom 15. Oktober 2015 - III ZR 170/14, BeckRS 2015, 18338 Rn. 17 sowie Senatsbeschluss vom 13. August 2015 - III ZR 380/14, BeckRS 2015, 15051 Rn. 14). Auch bedarf es für die Individualisierung nicht der Angabe von Einzelheiten, wie sie für die Substantiierung des anspruchsbegründenden Vorbringens erforderlich ist (z.B. Senatsurteil vom 15. Oktober 2015 aaO a.E.).
- 6
- bb) Den vorgenannten Erfordernissen genügt der Güteantrag des Klägers vom 28. Dezember 2011 nicht. Er nennt zwar den Namen und die Anschrift des Klägers ("Antragsteller"), die Fondsgesellschaft, die Höhe der Einlage nebst Agio sowie eine Reihe der geltend gemachten Beratungsfehler. Auch der Name des für die Beklagte tätigen Beraters und der Zeitpunkt der Beratung und Zeichnung werden aufgeführt. Allerdings bleibt das angestrebte Verfahrensziel (Art und Umfang der Forderung) im Dunkeln. In dem Güteantrag des Klägers ist lediglich davon die Rede, der Antragsteller sei so zu stellen, wie er stünde, wenn er die streitgegenständliche Beteiligung nicht gezeichnet hätte. Daraus war jedoch die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs für die Beklagte und die Gütestelle nicht ausreichend zu erkennen. Es blieb dabei insbesondere offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden oder nur ein Differenzschaden begehrt werden soll. Zudem ist dem Güteantrag nicht zu entnehmen , ob und in ggf. welcher Höhe das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert gewesen ist, so dass ein etwaiger Schaden - wie hier - auch oder gar in erster Linie in den aufgebrachten Zins- und Tilgungsleistungen bestand (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 20. August 2015 aaO S. 3299 Rn. 22). Auch weitere , vom Kläger geltend gemachte Schäden (z.B. entgangener Gewinn) waren daraus nicht zu ersehen.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Neuruppin, Entscheidung vom 20.02.2014 - 5 O 273/12 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 04.03.2015 - 4 U 46/14 -
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.
(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.
(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.
(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.
(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.
(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.