Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2002 - III ZR 60/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 85.000
Gründe
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr (§ 554 b ZPO a.F.). Der klagende Verband der privaten Krankenversicherung e.V. und die Deutsche Krankenhausgesellschaft haben mittlerweile eine Gemeinsame Empfehlung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 4 BPflV zur Bemessung der Entgelte für die Wahlleistung Unterkunft ausgesprochen, wonach (Ziffer 7 der Allgemeinen Regelung) der Entlassungstag nicht berechnet wird. Es steht zu erwarten , daß die Träger von Krankenhäusern künftig bei der Festlegung ihre Wahlleistungsentgelte dieser Gemeinsamen Empfehlung, die im Rahmen der
Angemessenheitsprüfung eines Wahlleistungsentgelts eine wesentliche Entscheidungshilfe darstellt (Senatsurteil BGHZ 145, 66, 79), Rechnung tragen.
Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (BVerfGE 54, 277).
I.
Die Beklagte ist Trägerin dreier Krankenhäuser. Sie bietet ihren Patienten unter anderem die Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer als Wahlleistung an. Macht ein Patient von diesem Angebot Gebrauch, so wird nach dem Pflegekostentarif der Beklagten das Wahlleistungsentgelt Unterbringung nicht nur - wie bei den tagesgleichen Pflegesätzen - für den Aufnahmetag und jeden weiteren (vollen) Tag des Krankenhausaufenthalts berechnet, sondern auch für den Entlassungs- oder Verlegungstag.
Der Kläger, der in dieser Abrechnungsweise einen Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz BPflV sieht, verlangt von der Beklagten, daß diese mit Wirkung ab dem 1. Januar 1999 den Aufnahmetag einerseits und den Entlassungs - oder Verlegungstag andererseits nur einmal berechnet. Das Landgericht hat diesem Begehren entsprochen. Mit der Sprungrevision erstrebt die Beklagte weiterhin Abweisung der Klage.
II.
1. § 22 Abs. 1 Satz 5 BPflV gibt dem Kläger, wenn und soweit der Träger eines Krankenhauses ein unangemessen hohes Entgelt für nichtärztliche Wahlleistungen verlangt, wozu insbesondere die Wahlleistung Unterbringung gehört, einen materiellrechtlichen Anspruch auf Entgeltherabsetzung (Senatsurteil BGHZ 145, 66, 68 f).
Dieser Anspruch kann, entgegen der Auffassung der Revision, nicht nur die Höhe des für die Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer verlangten (Tages-)Entgelts erfassen. Auch eine Klausel, nach der das gesondert berechenbare Entgelt für diese Wahlleistung sowohl für den Aufnahme- als auch für den Entlassungstag voll zu veranschlagen ist, regelt die Art und den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar; sie ist daher eine Preisregelung, die ohne weiteres dem Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 Satz 3 und 5 BPflV unterfällt (vgl. Senatsbeschluß vom 24. September 1998 - III ZR 219/97 - NJW 1999, 864 f).
2. Das Landgericht hat bei seinen Erwägungen zur Unangemessenheit der streitigen Pflegekostentarifregelung der Beklagten entscheidend darauf abgestellt , daß danach bei der Wahlleistung Unterbringung der Entlassungs- oder Verlegungstag voll in Ansatz gebracht wird, während dieser Tag bei den tagesgleichen Pflegesätzen im Sinne des § 13 Abs. 1 BPflV (insbesondere Basispflegesatz und Abteilungspflegesätze) nicht berechnet wird. Indes führt die unterschiedliche Behandlung des Entlassungs- und Verlegungstages für sich genommen noch nicht zwingend die Unangemessenheit der Wahlleistungsentgeltregelung herbei.
§ 14 Abs. 2 Satz 1 BPflV, wonach der Entlassungs- oder Verlegungstag grundsätzlich (Ausnahme: teilstationäre Behandlung) nicht berechnet werden darf, gilt unmittelbar nur für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen in Form tagesgleicher Pflegesätze (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 BPflV) und nicht (auch) für das Wahlleistungsentgelt nach § 22 BPflV. Dies ändert freilich nichts daran, daß, wie sich aus der in § 22 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz BPflV enthaltenen Verweisung auf § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 BPflV ergibt, die Höhe des Wahlleistungsentgelts Unterkunft an den Basispflegesatz "angekoppelt" ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 145, 66,80 f). Infolgedessen kommt, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, der Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 BPflV, in der in pauschalierender Weise dem Umstand Rechnung getragen wird, daß das Krankenhaus seine Leistungen nicht jeweils am Aufnahme - und Entlassungstag in vollem Umfange erbringt, jedenfalls eine Indizwirkung bei der Beantwortung der Frage zu, wie die an diesen Tagen vom Krankenhaus erbrachten Pflege- und Unterkunftsleistungen im Rahmen einer Wahlleistungsvereinbarung angemessen zu vergüten sind.
3. Aufgrund des Vorbringens der Beklagten ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon auszugehen, daß am Aufnahme- und Entlassungstag hinsichtlich Pflege und Unterbringung nur Teilleistungen in Anspruch genommen werden, die insgesamt mit der vollen Vergütung für den Aufnahmetag angemessen abgegolten werden. Mit ihrer Rüge, aufgrund der vorgetragenen Gepflogenheiten zur Verweildauer am Aufnahme- und Entlassungstag hätte das Landgericht berücksichtigen müssen, daß ein am Entlassungs- oder Verlegungstag eines Patienten frei werdendes Zimmer im Regelfalle nicht am gleichen Tage wieder neu belegt werden könne, zeigt die Revision keinen Rechtsfehler auf.
Die Frage der Angemessenheit eines (Wahlleistungs-)Entgelts läßt sich nur dadurch beantworten, daß die Höhe der Vergütung in Beziehung zum objektiven Wert der Gegenleistung gesetzt wird (Senatsurteil BGHZ 145, 66, 69). Gegenüberzustellen sind daher allein die dem Patienten am Aufnahme- und Entlassungstag erbrachten Leistungen und der dafür verlangte Preis. Wenn und soweit hierbei nur Teilleistungen erbracht werden, ist es für die Feststellung eines Mißverhältnisses zwischen den (nur teilweise) erbrachten Leistungen und dem hierfür verlangten (vollen) Entgelt nicht von entscheidender Bedeutung , ob und inwieweit es dem Träger eines Krankenhauses gelingt, ein am Tage der Entlassung oder Verlegung eines Patienten frei werdendes Zimmer neu zu belegen, um auf diese Weise hinsichtlich des vorgehaltenen Wahlleistungsangebots Unterbringung so weit wie möglich an jedem Tage voll auf seine Kosten zu kommen.
4. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist der Zugang eines eindeutigen Herabsetzungsverlangens der frühestmögliche Zeitpunkt, ab dem im Wege einer Verbandsklage nach § 22 Abs. 1 Satz 5 BPflV eine Preiskorrektur verlangt werden kann. Ein "rückwirkendes" Herabsetzungsverlangen ist nicht anzuerkennen. Andererseits wäre es wenig sinnvoll anzunehmen, ein Herabsetzungsverlangen könne erst ab dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung für die Zukunft Rechtswirkungen entfalten, da ansonsten ein Krankenhausträger sich dazu veranlaßt sehen könnte, sich auch einem offensichtlich berechtigten Herabsetzungsverlangen zu widersetzen und sich auf eine Klage einzulassen , um durch eine hinhaltende Prozeßführung den Eintritt der bei einer Herabsetzung der Wahlleistungsentgelte zu erwartenden Einnahmeverluste so weit wie möglich hinauszuzögern.
Da vorliegend der Kläger die Beklagte aufgefordert hat, bis zum 23. Dezember 1998 verbindlich zu erklären, daß sie in Zukunft von der Berechnung
der Wahlleistung Unterkunft auch für den Entlassungstag absehen werde, ist die - so beantragte - Verurteilung "mit Wirkung ab dem 1. Januar 1999" nicht zu beanstanden.
Rinne Streck Schlick Kapsa Dörr
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Kommt eine Vereinbarung nach § 11 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf Antrag einer der in § 11 genannten Vertragsparteien. Sie ist dabei an die für die Vertragsparteien geltenden Rechtsvorschriften gebunden.
(2) Die Schiedsstelle entscheidet innerhalb von sechs Wochen über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte.
(3) Kommt eine Vereinbarung nach § 11 für Vereinbarungszeiträume ab dem Vereinbarungszeitraum 2026 nicht bis zum 31. Juli des Jahres, für das die Vereinbarung gelten soll, zustande, legt die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes den Inhalt der Vereinbarung abweichend von Absatz 1 ohne Antrag einer Vertragspartei innerhalb von sechs Wochen ab dem 1. August des Jahres fest. Die Fristen nach Satz 1 verlängern sich jeweils um sechs Wochen, wenn die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vor Ablauf der Frist nach Satz 1 gegenüber der Schiedsstelle gemeinsam schriftlich oder elektronisch anzeigen, dass sie innerhalb der solchermaßen verlängerten Frist eine Vereinbarung nach § 11 abschließen werden. Die im Schiedsverfahren zu berücksichtigenden Daten, Unterlagen und Auskünfte des Krankenhausträgers oder der anderen Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sind innerhalb der in § 11 Absatz 4 Satz 1 und 4 genannten Fristen zu übermitteln, vorzulegen oder zu erteilen; nach Ablauf dieser Fristen übermittelte, vorgelegte oder erteilte Daten, Unterlagen und Auskünfte dürfen von der Schiedsstelle nicht berücksichtigt oder im Falle von Klagen gegen die Genehmigung des Beschlusses der Schiedsstelle von dem Gericht nicht zugelassen werden, wenn die Zulassung nach der freien Überzeugung der Schiedsstelle oder des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Nichteinhaltung der Fristen auf von dem Krankenhausträger oder von einer der anderen Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes zu vertretenden Gründen beruht.
(1) Die Genehmigung des vereinbarten oder von der Schiedsstelle nach § 13 festgesetzten krankenhausindividuellen Basisentgeltwerts, des Erlösbudgets, der Erlössumme, der sonstigen Entgelte und der krankenhausindividuell ermittelten Zu- und Abschläge ist von einer der Vertragsparteien bei der zuständigen Landesbehörde zu beantragen. Die zuständige Landesbehörde erteilt die Genehmigung, wenn die Vereinbarung oder Festsetzung den Vorschriften dieser Verordnung sowie sonstigem Recht entspricht.
(2) Die Vertragsparteien und die Schiedsstellen haben der zuständigen Landesbehörde die Unterlagen vorzulegen und die Auskünfte zu erteilen, die für die Prüfung der Rechtmäßigkeit erforderlich sind. Im übrigen sind die für die Vertragsparteien bezüglich der Vereinbarung geltenden Rechtsvorschriften entsprechend anzuwenden. Die Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um rechtliche Hindernisse zu beseitigen, die einer uneingeschränkten Genehmigung entgegenstehen.
(3) Wird die Genehmigung eines Schiedsspruches versagt, ist die Schiedsstelle auf Antrag verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Genehmigungsbehörde erneut zu entscheiden.
(4) (weggefallen)
(1) Die Genehmigung des vereinbarten oder von der Schiedsstelle nach § 13 festgesetzten krankenhausindividuellen Basisentgeltwerts, des Erlösbudgets, der Erlössumme, der sonstigen Entgelte und der krankenhausindividuell ermittelten Zu- und Abschläge ist von einer der Vertragsparteien bei der zuständigen Landesbehörde zu beantragen. Die zuständige Landesbehörde erteilt die Genehmigung, wenn die Vereinbarung oder Festsetzung den Vorschriften dieser Verordnung sowie sonstigem Recht entspricht.
(2) Die Vertragsparteien und die Schiedsstellen haben der zuständigen Landesbehörde die Unterlagen vorzulegen und die Auskünfte zu erteilen, die für die Prüfung der Rechtmäßigkeit erforderlich sind. Im übrigen sind die für die Vertragsparteien bezüglich der Vereinbarung geltenden Rechtsvorschriften entsprechend anzuwenden. Die Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um rechtliche Hindernisse zu beseitigen, die einer uneingeschränkten Genehmigung entgegenstehen.
(3) Wird die Genehmigung eines Schiedsspruches versagt, ist die Schiedsstelle auf Antrag verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Genehmigungsbehörde erneut zu entscheiden.
(4) (weggefallen)
Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patientinnen und Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet:
- 1.
mit Bewertungsrelationen bewertete Entgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), - 2.
Zusatzentgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), - 3.
Ausbildungszuschlag (§ 17a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie § 33 Absatz 3 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes) und sonstige Zu- und Abschläge (§ 17d Absatz 2 Satz 4 und 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und Qualitätssicherungsabschläge nach § 8 Absatz 3), - 4.
Entgelte für Leistungen, die noch nicht von den auf Bundesebene vereinbarten Entgelten erfasst werden (§ 6 Absatz 1 oder Absatz 3 Satz 3), und für regionale oder strukturelle Besonderheiten in der Leistungserbringung (§ 6 Absatz 2), - 5.
Entgelte für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die noch nicht in die Entgeltkataloge nach § 9 aufgenommen worden sind (§ 6 Absatz 4).
- 1.
der DRG-Systemzuschlag nach § 17b Absatz 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, - 2.
der Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nach § 91 Absatz 3 Satz 1 in Verbindung mit § 139c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und - 3.
der Telematikzuschlag nach § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.
(1) Die Genehmigung des vereinbarten oder von der Schiedsstelle nach § 13 festgesetzten krankenhausindividuellen Basisentgeltwerts, des Erlösbudgets, der Erlössumme, der sonstigen Entgelte und der krankenhausindividuell ermittelten Zu- und Abschläge ist von einer der Vertragsparteien bei der zuständigen Landesbehörde zu beantragen. Die zuständige Landesbehörde erteilt die Genehmigung, wenn die Vereinbarung oder Festsetzung den Vorschriften dieser Verordnung sowie sonstigem Recht entspricht.
(2) Die Vertragsparteien und die Schiedsstellen haben der zuständigen Landesbehörde die Unterlagen vorzulegen und die Auskünfte zu erteilen, die für die Prüfung der Rechtmäßigkeit erforderlich sind. Im übrigen sind die für die Vertragsparteien bezüglich der Vereinbarung geltenden Rechtsvorschriften entsprechend anzuwenden. Die Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um rechtliche Hindernisse zu beseitigen, die einer uneingeschränkten Genehmigung entgegenstehen.
(3) Wird die Genehmigung eines Schiedsspruches versagt, ist die Schiedsstelle auf Antrag verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Genehmigungsbehörde erneut zu entscheiden.
(4) (weggefallen)