Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2010 - III ZR 56/10

published on 20/05/2010 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2010 - III ZR 56/10
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Landgericht Stuttgart, 27 O 500/07, 11/06/2008
Oberlandesgericht Stuttgart, 12 U 198/08, 23/02/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 56/10
vom
20. Mai 2010
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2010 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr, Wöstmann, Hucke und Seiters

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2010 - 12 U 198/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
Nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann einer GmbH & Co. KG Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
2
Die Unterlassung der Durchführung einer Revision läuft allgemeinen Interessen regelmäßig nur dann zuwider, wenn es sich um eine Entscheidung handelt , die größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens anspricht und soziale Wirkungen nach sich ziehen kann (vgl. nur BGHZ 25, 183, 185; BGH, Beschlüsse vom 5. November 1985 - X ZR 23/85 - NJW 1986, 2058, 2059; 20. Dezember 1989 - VIII ZR 139/89 - NJW-RR 1990, 474). Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Partei anderenfalls gehindert wäre, der Allgemeinheit dienende Aufgaben zu erfüllen, oder wenn von der Durchführung des Prozes- ses die Existenz eines Unternehmens abhängt, an dessen Erhaltung wegen der großen Zahl der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer ein allgemeines Interesse besteht (BGHZ 25, 183, 184 f; BT-Drucks. 8/3068, S. 26 f). Gegebenenfalls kann auch genügen, wenn der wirtschaftliche Gegenwert einer Forderung, deren Realisierung die Befriedigung einer Vielzahl von Gläubigern des Forderungsinhabers ermöglichen würde, deren Interessen an der Durchsetzung der Forderung sich aber nur mit Schwierigkeiten bündeln ließen, anderenfalls beim Schuldner verbliebe (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1990 - VIII ZR 87/90 - NJW 1991, 703; siehe auch Beschluss vom 5. November 1985, aaO). Demgegenüber reicht das allgemeine Interesse an einer richtigen Entscheidung eines Prozesses grundsätzlich ebenso wenig aus wie der Umstand, dass im Rahmen eines Revisionsverfahrens Rechtsfragen von allgemeinem Interesse zu beantworten wären (BGHZ 25, 183, 185; Beschluss vom 20. Januar 1965 - VIII ZR 304/62 - LM § 114 ZPO Nr. 21; Beschluss vom 20. Dezember 1989, aaO).
3
Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, dass das Berufungsgericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Die Klägerin ist im Übrigen, nachdem durch Beschluss des Amtsgerichts H. vom 25. Januar 2002 ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels einer die Kosten deckenden Masse rechtskräftig abgewiesen wurde, bereits seit längerem aufgelöst. Es ist insoweit weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Ausgang des Verfahrens wirtschaftlich eine Vielzahl von Personen betrifft. Insoweit ist auch anzumerken, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht der R. W. - Tochter der Liquidatorin der Klägerin - gegen die Beklagten vorgeht und die Liquidatorin im Termin am 18. August 2009 gegenüber dem Berufungsgericht erklärt hat, es sei im Zuge der Abtretung vereinbart worden , dass im Erfolgsfall der Klage das Geld R. zustehen solle; die Abtretung an die Klägerin sei erfolgt, weil R. mit der Durchsetzung der Ansprüche überfordert gewesen wäre. Ist damit wirtschaftlich aber nur die Zedentin am Rechtsstreit interessiert, liegt ersichtlich kein allgemeines Interesse an der Durchführung des Revisionsverfahrens vor.
4
Es kann daher dahinstehen, ob wegen der Abtretung und ihrer Hintergründe für die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, sondern auf die der Zedentin abzustellen wäre.
Schlick Dörr Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 11.06.2008 - 27 O 500/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.02.2010 - 12 U 198/08 -
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag 1. eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten a
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag 1. eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten a
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published on 23/02/2010 00:00

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 11. Juni 2008 wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil
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published on 24/06/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 48/10 vom 24. Juni 2010 in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr, Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink beschlossen:
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Annotations

Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag

1.
eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen;
2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
§ 114 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 ist anzuwenden. Können die Kosten nur zum Teil oder nur in Teilbeträgen aufgebracht werden, so sind die entsprechenden Beträge zu zahlen.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.