Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2014 - III ZR 537/13

published on 18/06/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2014 - III ZR 537/13
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Landgericht Baden-Baden, 4 O 55/12, 19/11/2012
Oberlandesgericht Karlsruhe, 15 U 174/12, 05/07/2013

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 537/13
vom
18. Juni 2014
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juni 2014 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Seiters, Tombrink, Dr. Remmert und
Reiter

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5. Juli 2013 - 15 U 174/12 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 66.119,56 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
1. Einen Aufwendungsersatzanspruch des beklagten Erbenermittlers gegen die Klägerinnen (Erbinnen) aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB) hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 23. September 1999 - III ZR 322/98, NJW 2000, 72 f und vom 23. Februar 2006 - III ZR 209/05, NJW-RR 2006, 656) zutreffend abgelehnt. Für den vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Beklagte nach seinem eigenen - unstreitigen - Vorbringen zum Zwecke des Nachweises des Erbrechts der Brüder Sch. (Scheinerben) beauftragt worden und somit in deren Interesse tätig geworden ist.
3
2. Einen bereicherungsrechtlichen Durchgriff der Klägerinnen gegen den Beklagten entsprechend § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB - gerichtet auf Rückzahlung des Honorars, das der Beklagte von den Scheinerben aus Mitteln des Nachlasses erhalten hat - hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
4
a) Der Bundesgerichtshof hat bei rechtsgrundloser Verfügung des Nichtberechtigten einen "Durchgriff" des Berechtigten gegen den Erwerber (Dritten) analog § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB für zulässig erachtet, wenn der Erwerber (Dritte ) nicht schutzbedürftig ist; dann kann der rechtsgrundlose Erwerb im Einzelfall dem unentgeltlichen Erwerb gleichgestellt werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 1962 - VII ZR 28/61, BGHZ 37, 363, 368 ff; hinsichtlich der Frage, ob eine Gewinnchance ein Gegenwert ist, relativiert im Urteil vom 25. April 1967 - VII ZR 1/65, BGHZ 47, 393, 395 f). Diese letztlich auf die Umstände des Einzelfalls abstellende Linie verfolgt der Bundesgerichtshof generell für bereicherungsrechtliche Ansprüche im Mehrpersonenverhältnis. Ob die Rückabwicklung "im Dreieck" (hier: "Doppelkondiktion") oder im "Durchgriff" ("Einheitskondiktion") stattfindet, entzieht sich jeder schematischen Betrachtung, sondern ist in erster Linie anhand der Besonderheiten des Falles im Hinblick auf eine sachgerechte bereicherungsrechtliche Abwicklung unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung zwischen den Beteiligten der Vermögensverschiebung zu beurteilen (s. etwa Senatsurteil vom 4. Februar 1999 - III ZR 56/98, NJW 1999, 1393, 1394 mwN; BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 187/10, NJW 2012, 2034, 2038 Rn. 46).
5
b) Ausgehend davon hat das Berufungsgericht für den vorliegenden Fall zu Recht einen "Durchgriff" der Klägerinnen gegen den Beklagten analog § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB gebilligt. Dem Beklagten werden hierdurch keine Gegenrechte genommen, die er (wie bei einer Doppelkondiktion, s. § 404 BGB) sonst gegen die Brüder Sch. geltend machen könnte. Den Brüdern Sch. (seinen Auftraggebern) gegenüber hat der Beklagte keine Befugnis zum Behaltendürfen des streitigen Honorars. Wie beide Vorinstanzen zu Recht ausgeführt haben, ergibt sich aus der Honorarvereinbarung, dass dem Beklagten das Honorar nur dann zustehen soll, wenn den Brüdern Sch. das Nachlassvermögen dauerhaft und rechtmäßig - als wirklichen Erben - zufällt (vgl. für einen ähnlich gelagerten Fall auch KG, MDR 2009, 497 f). Da diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, hat der Beklagte das Honorar ohne rechtlichen Grund erlangt und ist er mithin zur Herausgabe des Honorars verpflichtet. Auch sonst stehen ihm keine Gegenrechte gegen die Brüder Sch. zu. Er hat diesen mit seinen Nachforschungen zur Erbberechtigung insbesondere keinen vermögenswerten Vorteil zugewendet, da sie nicht Erben sind. Weder von den Brüdern Sch. noch von den Klägerinnen kann der Beklagte Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen (s.o., unter 1). Daher wird dem Beklagten mit der Gestattung des "Durchgriffs" nichts genommen. Er ist also nicht schutzbedürftig. Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des Bundesgerichtshofs dürfen die Klägerinnen mithin direkt beim Beklagten kondizieren.
6
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Schlick Seiters Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 19.11.2012 - 4 O 55/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 05.07.2013 - 15 U 174/12 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht diese
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt.

(2) Wird an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet.

Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.