Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2014 - III ZR 412/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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- 1. Die Beschwerde rügt indes mit Recht, dass der vom Berufungsgericht formulierte Satz, wonach von einem groben Verschulden des Gerichtssachverständigen nicht die Rede sein könne, wenn das Gericht des Ausgangsprozesses die gegen den Sachverständigen und sein Gutachten erhobenen Vorwürfe geprüft und nicht für durchgreifend erachtet habe, eine solche gerichtliche "Billigung" ein grobes Verschulden des Sachverständigen also ausschließe, in dieser Allgemeinheit nicht zutrifft.
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- a) Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345/12, NJW-RR 2014, 90, 92 Rn. 27), kommt es für die Annahme grober Fahrlässigkeit des Sachverständigen nach § 839a BGB nicht darauf an, dass die Unrichtigkeit des Gutachtens jedermann, auch den entscheidenden Richtern, auf Grund nahe liegender Überlegungen hätte einleuchten müssen. Maßgebend ist insoweit vielmehr die Perspektive des Sachkundigen. Das Gericht bedient sich der Hilfe des Sachverständigen, weil es über die nötige eigene Sachkunde nicht verfügt. Es ist deshalb auch typischerweise nicht ohne weiteres in der Lage, fachliche Mängel des Gutachtens zu erkennen. Damit aber kommt seiner "Billigung" entgegen der Meinung des Berufungsgerichts auch keine ein grobes Verschulden des Sachverständigen generell ausschließende Bedeutung zu. Die Billigung des Gutachtens des Sachverständigen im Ausgangsprozess ist in aller Regel gerade Voraussetzung für die Haftung des Sachverständigen gemäß § 839a BGB, weil diese nur dann eingreift, wenn die Entscheidung des Ausgangsprozesses auf seinem Gutachten - und damit auch auf dessen Billigung durch die Gerichte des Ausgangsprozesses - beruht. Wollte man annehmen, die Billigung des Gutachtens und der Vorgehensweise des Sachverständigen durch die Gerichte des Ausgangsverfahrens lasse ein grobes Verschulden des Sachverständigen entfallen, liefe die Haftung nach § 839a BGB weitestgehend leer und würde praktisch bedeutungslos (vgl. auch OLG Celle, DS 2010, 32, 33: "Gefahr eines Zirkelschlusses"). Der Haftungsprozess gegen den gerichtlichen Sachverständigen dient zwar im engeren Sinne, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht der Fehlerkontrolle des Vorprozesses selbst, wohl aber der Kontrolle der Tätigkeit des dort beauftragten Sachverständigen.
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- b) Freilich muss der Sachverständige gemäß § 404a ZPO die Vorgaben und Weisungen des Gerichts befolgen. Dabei geht es allerdings weniger um die "Billigung" der Vorgehensweise des Sachverständigen, sondern um die Anleitung seiner Tätigkeit durch das Gericht, als dessen sachkundiger Gehilfe er fungiert. Kommt der Sachverständige der Anleitung des Gerichts nach, so kann sich für ihn hieraus im Allgemeinen auch keine Haftung nach § 839a BGB ergeben. Sofern das Berufungsgericht mit seiner Formulierung lediglich Letzteres hat zum Ausdruck bringen wollen, wäre dies nicht zu beanstanden.
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- 2. Unbeschadet dessen ist eine Zulassung der Revision nicht veranlasst, weil das Berufungsgericht die ausreichende Darlegung eines groben Verschuldens des Beklagten nach Prüfung der konkreten Umstände des Falls ohne Rechtsfehler verneint hat. Die gegen diese einzelfallbezogene Würdigung des Berufungsgerichts erhobenen Einwände der Beschwerde greifen nicht durch.
- 6
- Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Schlick Wöstmann Tombrink Remmert Reiter
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 15.10.2012 - 3 O 3620/12 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 13.08.2013 - 5 U 2181/12 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.
(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Das Gericht hat die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen.
(2) Soweit es die Besonderheit des Falles erfordert, soll das Gericht den Sachverständigen vor Abfassung der Beweisfrage hören, ihn in seine Aufgabe einweisen und ihm auf Verlangen den Auftrag erläutern.
(3) Bei streitigem Sachverhalt bestimmt das Gericht, welche Tatsachen der Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll.
(4) Soweit es erforderlich ist, bestimmt das Gericht, in welchem Umfang der Sachverständige zur Aufklärung der Beweisfrage befugt ist, inwieweit er mit den Parteien in Verbindung treten darf und wann er ihnen die Teilnahme an seinen Ermittlungen zu gestatten hat.
(5) Weisungen an den Sachverständigen sind den Parteien mitzuteilen. Findet ein besonderer Termin zur Einweisung des Sachverständigen statt, so ist den Parteien die Teilnahme zu gestatten.
(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.
(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.