Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2015 - III ZR 363/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung des für die Beklagte tätigen Zeugen C. O. zeichnete der Kläger gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau am 3. Dezember 1996 eine Beteiligung als Kommanditist an der J. H. A. F. Fonds 31 KG, einem geschlossenen Immobilienfonds, mit einer Einlage in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Ebenfalls auf Empfehlung des Zeugen C. O. zeichnete der Kläger weiter am 10. September 1998 eine Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds M. GbR mit einer Einlage in Höhe von 30.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Zur Finanzierung der Beteiligungen nahm der Kläger Darlehen auf.
- 3
- Der Kläger behauptet Beratungs- und Prospektfehler und macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat sich zudem auf die Einrede der Verjährung berufen.
- 4
- Am 22. Dezember 2011 reichte der Kläger über seine vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F. X. R. in F. einen Güteantrag ein mit folgendem Wortlaut: "Die Antragstellerpartei macht Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund sind die Beteiligungen der Antragstellerpartei am F. F. Nr. 31, J. H. A. KG und Immobilienfonds M. GbR. Die Antragstellerpartei erwarb Anteile an diesen geschlossenen Immobilienfonds. Die Antragstellerpartei hat Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als habe sie die Beteiligungen nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei diesen Beteiligungen als Anlagevermittler und –berater tätig. Die Beratung der Antragstellerpartei wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen. Der Antragstellerpartei wurden die oben genannten Immobilienfonds vorgestellt und ihr suggeriert, es handele sich um sichere und gewinnbringende Anlagen. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesen Immobilienfonds. Auch die Verwendung der Prospekte im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da die Prospekte selbst keine ausreichenden Risikohinweise hatten.
- 5
- Die Beklagte ließ sich auf das Güteverfahren nicht ein. Die Gütestelle stellte mit Schreiben vom 20. Juli 2012 das Scheitern des Güteverfahrens fest. Mit Eingang vom 14. Januar 2013, der Beklagten zugestellt am 23. Januar 2013, hat der Kläger bei dem Landgericht Würzburg Klage eingereicht, mit der er die Verurteilung der Beklagten hinsichtlich des F. F. 31 zur Zahlung von 30.364,35 € Zug-um-Zug gegen Abtretung von Ansprüchen aus dem Treuhandvertrag und hinsichtlich des M. Fonds zur Zahlung von 10.100,50 € sowie Freistellung von Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 15.000 € Zug- um-Zug gegen Übertragung der Gesellschaftsanteile begehrt hat.
- 6
- Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger das Klagebegehren weiter.
II.
- 7
- Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision auch in der Sache selbst keine Aussicht auf Erfolg hat.
- 8
- 1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (s. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. August 2015 - III ZR 380/14, BeckRS 2015, 15051, Rn. 7 und vom 18. Dezember 2013 - III ZR 169/13, BeckRS 2014, 01034 Rn. 2; BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 f mwN).
- 9
- Die Grundsatzfrage, welche Anforderungen an die Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs in einem Güteantrag in Kapitalanlagefällen zu stellen sind, ist zwischenzeitlich höchstrichterlich - zum Nachteil des Klägers - geklärt (Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 16 ff, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, sowie III ZR 189/14, 191/14 und 227/14).
- 10
- 2. Hiernach hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers kenntnisunabhängig (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB) mit Ablauf des 2. Januar 2012 (Montag) und damit vor Erhebung der Klage im Januar 2013 verjährt sind, so dass die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat.
- 11
- Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Güteantrag nicht den Anforderungen an die Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs entspricht und somit nicht geeignet war, die Verjährung zu hemmen.
- 12
- a) Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen; ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (Senatsurteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 aaO Rn. 25 mwN).
- 13
- b) Diesen Erfordernissen genügt der Güteantrag des Klägers nicht. Er weist keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall auf. Er enthält als individuelle Angaben lediglich den Namen des Klägers (als Antragstellerpartei) sowie die Bezeichnung der beiden Anlagefonds und nennt weder die Zeichnungssumme noch den (ungefähren) Beratungszeitraum noch den tätig gewordenen Anlageberater oder andere die getätigte Anlage individualisierende Tatsachen. Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als habe sie die Beteiligungen nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden (und zwar: gegebenenfalls mit oder ohne Darlehenskosten?) oder nur ein Differenzschaden (etwa nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Zudem ist dem Güteantrag nicht zu entnehmen, ob das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert war, so dass ein etwaiger Schaden auch oder gar in erster Linie in den aufgebrachten Zins- und Tilgungsleistungen bestand, wie es hier der Fall war. Aus dem Güteantrag ergeben sich auch keine Hinweise auf Freistellungsansprüche, wie sie der Kläger bezüglich seiner Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der F. C. Bank C. - C. AG geltend gemacht hat (vgl. Senatsurteil vom 20. August 2015 - III ZR 373/14, WM 2015, 1807 Rn. 22). Die Art und die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs waren für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin) nicht im Ansatz zu erkennen gewesen. Unter diesen Umständen war es auch für die Gütestelle nicht möglich, im Wege eines Schlichtungsversuchs einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten.
- 14
- c) Mithin war der Güteantrag nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen. Demzufolge erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als gerechtfertigt und die Klageforderung insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des 2. Januar 2012 (Montag) und somit vor Erhebung der Klage im Januar 2013 abgelaufen.
Reiter Liebert
Vorinstanzen:
LG Würzburg, Entscheidung vom 28.11.2013 - 14 O 66/13 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 27.10.2014 - 4 U 191/13 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.