Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - III ZR 26/15

published on 26/11/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - III ZR 26/15
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Landgericht Stuttgart, 2 O 172/11, 26/02/2014
Oberlandesgericht Stuttgart, 5 U 52/14, 16/12/2014

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 26/15
vom
26. November 2015
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2015 durch die
Richter Seiters, Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. Dezember 2014 - 5 U 52/14 - wird zurückgewiesen , weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 28.329,72 €

Gründe:


1
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin im Hinblick auf die Befreiung der Beklagten von der deutschen Gerichtsbarkeit zu Recht zurückgewiesen. Der vorliegende Rechtsstreit unterliegt nach § 20 Abs. 2 GVG in Verbindung mit den allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, weil die Klägerin als Konsulin erster Klasse für die Beklagte hoheitlich tätig war (vgl. hierzu BAG, NJOZ 2012, 784, 785; NJOZ 2003, 1658, 1659 f; NJOZ 2002, 1366, 1368; NZA 2001, 683, 684 f). In Fällen hoheitlicher Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Entsendestaat wird durch den zwischen Arbeitnehmer und Entsendestaat geführten Rechtsstreit - entgegen der völkerrechtlichen Norm "ne impediatur legatio" - eine abstrakte Gefahr für die Funktionsfähigkeit der diplomatischen Vertretung begründet (vgl. BAG, NZA 2001, 683, 685). Eine konkrete oder tatsächliche Gefährdung der Funktionsfähigkeit der diplomatischen Vertretung durch den Rechtsstreit ist insofern nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 46, 342, 395; BAG NZA 2001, 683, 685). Soweit sich die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München vom 27. November 2009 (BeckRS 2010, 65909) beruft, ist das Bundesarbeitsgericht dieser Rechtsprechung nicht gefolgt. Es beurteilt die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit unabhängig von dem konkreten Streitgegenstand - auch bei Vergütungsklagen - allein danach, ob die Tätigkeit des klagenden Mitarbeiters hoheitlicher Natur ist (BAG, NZA 2013, 468, 470; NZA 2013, 1102, 1103; so auch LAG Baden-Württemberg, BeckRS 2009, 61836 Rn. 20 ff).
2
Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Immunitätsverzicht der Beklagten durch den Abschluss des Abkommens vom 24. November 1997 über Soziale Sicherheit (BGBl. 1998 II S. 2034) verneint. An die Annahme eines Immunitätsverzichts sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Verzicht bedarf regelmäßig einer ausdrücklichen Erklärung. Ein konkludenter Immunitätsverzicht kommt nur bei Verhaltensweisen in Betracht, aus denen sich ein Unterwerfungswille eindeutig ergibt (Senat, Beschluss vom 30. Januar 2013 - III ZB 40/12, NJW 2013, 3184, 3186; Urteil vom 9. Juli 2009 - III ZR 46/08, BGHZ 182, 10 Rn. 38 f). Das deutsch-kroatische Sozialversicherungsabkommen enthält keinen ausdrücklichen, auf gerichtliche Erkenntnisverfahren bezogenen Immunitätsverzicht. Anhaltspunkte für einen konkludenten Verzicht sind ebenfalls nicht erkennbar.

3
Die deutsche Gerichtsbarkeit ergibt sich vorliegend auch nicht aus Art. 18 Abs. 1 EuGVVO aF. Das Immunitätsrecht ist dem internationalen Zuständigkeitsrecht vorgelagert. Ist nach § 20 Abs. 2 GVG in Verbindung mit den allgemeinen Regeln des Völkerrechts bereits die Gerichtsbarkeit eines Staates nicht gegeben, findet das internationale Zuständigkeitsrecht der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 keine Anwendung.
4
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Seiters Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 26.02.2014 - 2 O 172/11 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 16.12.2014 - 5 U 52/14 -
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Tenor Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 7. Juli 2016 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.