Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2001 - III ZR 243/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Land Schadensersatz wegen einer angeblichen Amtspflichtverletzung des Rechtspflegers bei der Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens. Die Klägerin war Inhaberin einer ihr zur Sicherheit abgetretenen ursprünglichen GesamtEigentümergrundschuld über 10 Mio. DM an drei wirtschaftlich zusammengehörenden Grundstücken. Zur Absicherung eines von ihr aufgenommenen Darlehens trat sie die Grundschuld weiter an die kreditgebende Bank ab, die später aus einem vorrangigen Grundpfandrecht von nominal 14 Mio. DM die Zwangsversteigerung der Grundstücke betrieb. Der aufgrund des ersten Ver-steigerungstermins für ein Gesamtgebot von 25 Mio. DM erteilte Zuschlag wurde auf sofortige Beschwerde der Schuldnerin rechtskräftig aufgehoben und der Zuschlag versagt, weil der Rechtspfleger die Bieterstunde für die Einzel- und Gesamtausgebote nicht gleichzeitig geschlossen hatte (LG Berlin RPfleger 1995, 80). In einem zweiten Versteigerungstermin wurden die Grundstücke für nur noch 19,5 Mio. DM zugeschlagen. Da dieser Erlös zur Tilgung der Darlehensschuld der Klägerin nicht ausreichte, nahm die Bank sie persönlich auf Ausgleich des Restbetrags in Anspruch und erlangte in einem Vorprozeß ein rechtskräftiges Urteil auf Zahlung von rund 3.164.000 DM nebst Zinsen. Die nunmehr erhobene Amtshaftungsklage der Klägerin ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Schadensersatzanspruch weiter.
II.
Eine Annahme der Revision ist nicht geboten. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 554 b ZPO; BVerfGE 54, 277). 1. Der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB, Art. 34 GG) scheitert, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, jedenfalls daran, daß dem Versteigerungsgericht keine Amtspflichten gegenüber der Klägerin oblagen, sie also insoweit nicht durch § 839 BGB geschützte "Dritte" war.a) Die Frage, ob im Einzelfall der Geschädigte zu dem Kreis der "Dritten" im Sinne des § 839 BGB gehört, beantwortet sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch - den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschä-
digten wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der Natur des Amtsgeschäfts ergibt, daß der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig auswirkt, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muß mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten "Dritten" bestehen (BGHZ 110, 1, 9; 134, 268, 276; 137, 11, 15; s. auch Senatsurteil vom 1. Februar 2001 - III ZR 193/99 - WM 2001, 872, 873, für BGHZ bestimmt).
b) In den Schutzbereich der bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks bestehenden Amtspflichten haben das Reichsgericht und der Senat neben den nach § 9 ZVG am Verfahren förmlich Beteiligten (vgl. zum Vollstrekkungsschuldner zuletzt Senatsurteil vom 23. März 2000 - III ZR 152/99 - NJW 2000, 3358, 3359) zwar auch die Bieter (Senatsurteil vom 21. März 1991 - III ZR 118/89 - NJW 1991, 2759, 2760) und insbesondere den Meistbietenden einbezogen (RGZ 129, 23, 25 f.; 154, 397, 398 f.; RG HRR 1932 Nr. 1835 und 1836; Senatsurteil vom 21. April 1958 - III ZR 218/56 - VersR 1958, 384, 385; s. auch Senatsurteil vom 2. Oktober 1986 - III ZR 93/85 - VersR 1987, 256, 257 = WM 1987, 52, 53; bei dem vom Berufungsgericht und auch in der Literatur [Soergel/Vinke, BGB, 12. Aufl., § 839 Rn. 179] erwähnten "Nichtbietenden" dürfte es sich hingegen um einen Druckfehler beim Abdruck der Entscheidung RG HRR 1932 Nr. 1836 handeln). Das beruht aber wesentlich auf der Erwägung , daß der Meistbietende durch das Zwangsversteigerungsgesetz gleichfalls mit eigenen Rechten ausgestattet ist. Hieran fehlt es bei einem nur schuld-
rechtlich zum Vollstreckungsgläubiger in Beziehung Stehenden und durch das Vollstreckungsverfahren lediglich mittelbar Betroffenen. Aus diesem Grunde hat das Reichsgericht in einem Fall, in dem sich der Geschädigte gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger für eine Darlehensschuld verbürgt und der Hauptschuldner dem Gläubiger zur weiteren Sicherheit eine Hypothek verpfändet hatte, dem Bürgen den Schutz des § 839 BGB versagt (RGZ 151, 175, 177 ff.; ebenso bereits RGZ 138, 209, 210 hinsichtlich einer Ausfallbürgschaft; vgl. ferner zur Mobiliarvollstreckung RGZ 140, 43, 45; 147, 142, 143; 151, 109, 113). Bei der Sicherungsabtretung eines auf dem später zwangsversteigerten Grundstück lastenden Grundpfandrechts verhält es sich nicht entscheidend anders. Ungeachtet der fiduziarischen Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer bestehen zwischen beiden grundsätzlich ebenfalls nur schuldrechtliche Beziehungen, während nach außen der Sicherungsnehmer alleiniger Rechtsinhaber ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Rechtsprechung der treuhänderischen Bindung des Sicherungsnehmers in einzelnen Beziehungen Außenwirkung zuerkennt, dem Sicherungsgeber beispielsweise ein Widerspruchsrecht nach § 771 ZPO bei einer Zwangsvollstreckung in das Sicherungsgut einräumt (vgl. BGHZ 72, 141, 143 ff.). Am Verfahren zur Zwangsversteigerung des Grundstücks nimmt als Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger allein der Sicherungsnehmer teil. Schon aus der prozessualen Natur der dem Versteigerungsgericht obliegenden Amtspflichten ergibt sich aber, daß dessen Verpflichtung zur gesetzmäßigen Abwicklung des Versteigerungsverfahrens sich in aller Regel auf die unmittelbar an diesem Verfahren beteiligten Personen beschränkt, denen hierbei auch bestimmte prozessuale Rechte zustehen, hingegen nicht auf Außenstehende und nur mittelbar schuldrechtlich vom Verfahren Betroffene.
2. Auch im übrigen läßt die angefochtene Entscheidung keine durchgreifenden Rechtsfehler erkennen. Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke
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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:
- 1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist; - 2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Behauptet ein Dritter, dass ihm an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe, so ist der Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt.
(2) Wird die Klage gegen den Gläubiger und den Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen anzusehen.
(3) Auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln sind die Vorschriften der §§ 769, 770 entsprechend anzuwenden. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig.