Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2016 - III ZR 230/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert, Reiter und die Richterin Dr. Liebert
beschlossen:
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen (§ 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO).
Der Beschwerdewert und der Streitwert für die Vorinstanzen werden - unter Abänderung des Beschlusses des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. April 2015 (§ 63 Abs. 3 GKG) - auf 788.213,99 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Revision ist nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines Verstoßes des Bundesarbeitsgerichts gegen das Gemeinschaftsrecht in dessen Entscheidung vom 21. Juli 2004 (7 AZR 589/03, juris) dahinstehen lassen und die Zurückweisung der Berufung des Klägers allein darauf gestützt, dass es jedenfalls an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht mangele.
- 3
- Die Grundsätze, die in Bezug auf die Offenkundigkeit eines Rechtsverstoßes als Voraussetzung der unionsrechtlichen Staatshaftung für judikatives Unrecht gelten, sind durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, soweit sie vorliegend von Bedeutung sind, hinreichend geklärt (vgl. EuGH, Urteile vom 30. September 2003 - C-224/01 - Köbler, Slg. 2003, I-10290 und vom 13. Juni 2006 - C-173/03 - Traghetti del Mediterraneo, Slg. 2006, I-5204). Sie geben keinen Anlass zur Zulassung der Revision. Nach diesen Grundsätzen liegt ein offenkundiger Rechtsverstoß nicht stets, das heißt ohne Rücksicht auf das Maß an Klarheit und Präzision der verletzten Vorschrift, vor, wenn ein Gericht einschlägige Normen und Grundsätze des Unionsrechts unerwähnt lässt und - in Folge der mangelnden Erkenntnis des Unionsrechts - ein gemäß Art. 267 AEUV erforderliches Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht zieht.
- 4
- Dementsprechend ist die Revision auch nicht deshalb wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil im Revisionsverfahren eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV notwendig wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2015 - 1 BvR 1320/14, juris Rn. 13 mwN). Die Voraussetzungen einer unionsrechtlichen Staatshaftung für judikatives Unrecht ergeben sich, soweit sie vorliegend von Bedeutung sind, ohne weiteres aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, so dass die richtige, ohnedies den nationalen Gerichten obliegende Anwendung dieser Voraussetzungen im Einzelfall (z.B. Senatsurteil vom 16. April 2015 - III ZR 333/13, BGHZ 205, 63 Rn. 46 mwN) - vorliegend im Sinne einer Verneinung der Haftung - derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum mehr bleibt (acte clair; vgl. Senat, Urteil vom 17. April 2014 - III ZR 87/13, BGHZ 201, 11, Rn. 29 mwN).
- 5
- Das Berufungsgericht hat mit der Formulierung, die Anforderungen einer Haftung für judikatives Unrecht seien „ungleich höher“, in Bezug auf die Vo- raussetzungen einer unionsrechtlichen Staatshaftung für judikatives Unrecht keinen von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abweichenden , die Zulassung der Revision erfordernden Obersatz aufgestellt. Es hat in dem Zusammenhang seiner vorgenannten Ausführungen die vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Grundsätze vielmehr zutreffend wiedergegeben und - unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landgerichts - angewandt.
Reiter Liebert
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.02.2014 - 28 O 237/13 -
KG Berlin, Entscheidung vom 16.04.2015 - 9 U 21/14 -
moreResultsText
Annotations
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.
(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.