Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2008 - III ZR 161/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert: 60.000 €
Gründe:
- 1
- Der Kläger nimmt das beklagte Land wegen angeblicher Amtspflichtverletzungen bei der Bestellung und Überwachung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der r. GmbH auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Die Schuldnerin stellte am 28. November 2002 bei dem Amtsgericht E. einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Amtsgericht ernannte den in E. ansässigen Rechtsanwalt B., Fachanwalt für Insolvenzrecht, zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter und bestellte ihn später mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28. Januar 2003 zum Insolvenzverwalter. Rechtsanwalt B. war durch Urteil des Amtsgerichts E.
- 3
- Das Landgericht hat die Amtshaftungsklage abgewiesen, die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben (OLG Stuttgart ZIP 2007, 1822 mit Anm. Brenner = ZInsO 2008, 45 mit Anm. Freud S. 18). Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt.
II.
- 4
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2, § 544 ZPO).
- 5
- 1. Dass das Insolvenzgericht nur einen persönlich geeigneten, zuverlässigen Insolvenzverwalter bestellen darf, ist anerkannt und wird im Ansatz auch vom Berufungsgericht nicht in Frage gestellt (vgl. nur MünchKomm/Graeber, InsO, 2. Aufl., § 56 Rn. 55 m.w.N.; s. ferner Senatsurteile vom 12. Juli 1965 - III ZR 40/64 und 41/64 - VersR 1965, 1194 und 1196). Eine Vorstrafe wegen Insolvenzvergehen, wie hier, wird daher - entgegen dem Berufungsurteil - auch bei fehlendem Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Insolvenzverwalter im Allgemeinen Zweifel an der Zuverlässigkeit des potentiellen Verwalters begründen und daher Anlass sein, von dessen Ernennung abzusehen, mindestens aber nachträglich eine erheblich gesteigerte Überwachung erfordern.
- 6
- Im Streitfall haben die Vorinstanzen auf der Grundlage der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme indessen unangegriffen festgestellt, dass weder der Insolvenzrichter noch der zuständige Rechtspfleger von den Vorstrafen des zum Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwalts Kenntnis hatten. An diese tatsächlichen Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden. Entgegen der Beschwerde mussten sie auch nicht über entsprechende Kenntnisse verfügen. Zu vorsorglichen Mitteilungen von der mehr als drei Jahre zuvor erfolgten Verurteilung des Anwalts an die Insolvenzabteilungen der Amtsgerichte waren die Amtsträger des beklagten Landes weder verpflichtet noch berechtigt. Einer Übermittlung personenbezogener Daten von Amts wegen durch die Gerichte für andere Zwecke als die des Verfahrens, für die die Daten erhoben worden sind, werden durch die §§ 12 ff. EGGVG enge Grenzen gezogen. Die auf dieser Grundlage neu gefasste Anordnung über Mitteilungen im Strafprozess vom 29. April 1998 (BAnz 1998 Nr. 99a), die eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten und dem Schutz der Öffentlichkeit vor ungeeigneten Rechtsberatern und Rechtsbesorgern trifft, sieht bei der Verurteilung von Rechtsanwälten aber lediglich Mitteilungen an die Landesjustizverwaltung , den Generalstaatsanwalt, den Präsidenten des Oberlandesgerichts und den Vorstand der Rechtsanwaltskammer vor (§ 23 Abs. 4 Nr. 3). Diese haben sodann weitere Schritte in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Auch der Direk- tor des Amtsgerichts E. , der mit dem Strafverfahren gegen den späteren Insolvenzverwalter im Zusammenhang mit einer Selbstablehnung des Strafrichters befasst war, durfte nicht ohne Verletzung seiner Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit seine - damals lediglich auf einer Anklage beruhenden - Kenntnisse an die Insolvenzabteilung des Gerichts weitergeben. Gerüchten über Alkoholprobleme von Rechtsanwalt B. im Jahre 1999 war der Rechtspfleger angesichts dessen, dass es bis dahin nicht zu bemerkenswerten Auffälligkeiten gekommen war, durch Rückfragen im Kollegenkreis und durch eine kritische Beobachtung des Auftretens hinreichend nachgegangen. Eine Anfrage des Insolvenzrichters bei der Strafabteilung, der Staatsanwaltschaft oder dem Bundeszentralregister , für die die Beschwerde eintritt, war ohne konkreten Anhalt für ein strafrechtliches Fehlverhalten des Rechtsanwalts ebenso wenig rechtlich geboten.
- 7
- 2. Im Beschwerdeverfahren ist nicht zu prüfen, ob bei den hiernach fehlenden gewichtigen Verdachtsmomenten das Insolvenzgericht seiner allgemeinen Aufsichtspflicht (hierzu Senatsurteile vom 12. Juli 1965 aaO) hinreichend nachgekommen war. Insoweit macht die Beschwerde keine Zulassungsgründe geltend.
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 11.10.2006 - 15 O 460/05 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 09.05.2007 - 4 U 204/06 -
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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person
- 1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder - 2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.
(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.