Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2008 - II ZR 234/06

published on 07/01/2008 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2008 - II ZR 234/06
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Landgericht Stuttgart, 20 O 664/04, 22/03/2006
Oberlandesgericht Stuttgart, 4 U 74/06, 27/09/2006

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 234/06
vom
7. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Allein die Beanstandung vom Berufungsgericht angestellter materiell-rechtlicher Überlegungen
ist keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge zu einem kassatorischen
BGH, Beschluss vom 7. Januar 2008 - II ZR 234/06 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Januar 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

beschlossen:
I. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. September 2006 wird verworfen. II. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 1/7 und der Beklagte 6/7. III. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 476.375,44 € festgesetzt.

Gründe:

1
I. Die Revision des Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht ordnungsgemäß begründet ist (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b ZPO). Das Berufungsgericht hat nicht in der Sache entschieden, sondern das Urteil des Landgerichts nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Mit der Revision gegen ein solches kassatorisches Urteil muss ein Gesetzesverstoß gerügt werden. Bei einer Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO kann mit der Revision geltend gemacht werden, dass in erster Instanz kein wesentlicher Verfahrensmangel vorgelegen hat, keine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich war, das Berufungsgericht die Voraussetzungen bzw. die Grenzen seines Ermessens ver- kannt oder es sein Ermessen nicht ausgeübt hat. Mit der Rüge, dass keine Beweisaufnahme erforderlich war und durch Sachurteil hätte entschieden werden müssen, können auch sachlich-rechtliche Ausführungen des Berufungsgerichts zur Überprüfung gestellt werden (BGH Beschl. v. 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95, NJW 1997, 1710). Die Tatsachen, aus denen sich dieser Verfahrensmangel ergeben soll, müssen aber in der Revisionsbegründung im Einzelnen bezeichnet werden, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b ZPO. Allein die Beanstandung vom Berufungsgericht angestellter materiellrechtlicher Überlegungen ohne Darlegung, dass durch Sachurteil hätte entschieden werden müssen, ist keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge (BGH aaO). Dass das Revisionsgericht aus prozessökonomischen Gründen auch zur Nachprüfung nicht bindender sachlich-rechtlicher Ausführungen des Berufungsgerichts berechtigt ist (vgl. BGHZ 31, 358, 364; BGHZ 59, 82, 84), die ihrerseits den Tatrichter nicht bindet, wie die Revision richtig erkennt, führt entgegen der Auffassung der Revision nicht dazu, dass allein mit Angriffen gegen solche Erörterungen im Berufungsurteil ein Verfahrensmangel dargelegt ist.
2
Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung des Beklagten - anders als diejenige der Anschlussrevisionsbegründung - nicht, weil sie lediglich materiellrechtliche Überlegungen des Berufungsgerichts beanstandet. Die fehlerhafte Anwendung des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird nicht gerügt. Die Revision setzt sich nur mit den sachlich-rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts auseinander und zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht zugunsten des Beklagten ein klageabweisendes Sachurteil hätte erlassen müssen. Sie beanstandet einige vom Berufungsgericht angestellte materiellrechtliche Überlegungen, die im weiteren Verfahren nicht bindend sind (vgl. BGHZ 31, 358, 364; BGHZ 59, 82, 84; BGHZ 163, 223, 233), will dazu, ohne die Entscheidung zur Zurückverweisung in Frage zu stellen, eine Art gutachterliche Stellungnahme des Senats erreichen und Vortrag des Beklagten, den das Beru- fungsgericht für unsubstantiiert oder unerheblich gehalten hat, berücksichtigt wissen.
3
Im Übrigen hätte die Revision - ihre Zulässigkeit unterstellt - nach § 552a ZPO zurückgewiesen werden müssen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats erfordert. Die vom Berufungsgericht für notwendig erachtete aufwändige Beweisaufnahme ist auch erforderlich, wenn die Einwendungen der Revision gegen seine materiellrechtlichen Überlegungen berücksichtigt werden. Die für klärungsbedürftig erachteten Fragen können auf die Revision des Beklagten nicht geklärt werden und sind, wie sich aus den Nachweisen in der angefochtenen Entscheidung selbst ergibt, bereits geklärt.

4
II. Die unselbständige Anschlussrevision der Klägerin verliert damit ihre Wirkung, § 554 Abs. 4 ZPO. Die dadurch verursachten Kosten fallen der Anschlussrevisionsklägerin zur Last (vgl. BGHZ 4, 229, 230; 80, 146, 149).
Goette Kurzwelly Kraemer
Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.03.2006 - 20 O 664/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 27.09.2006 - 4 U 74/06 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision
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(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.

(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.