Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2018 - II ZR 172/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juni 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher, die Richter Wöstmann und Sunder, die Richterin B. Grüneberg und den Richter V. Sander
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Revisionsverfahrens ist unbegründet. Die vom Beklagten im Umfang der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Zulassung eingelegte Revision hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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- a) Die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt trotz der teilweisen Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht.
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- aa) Zwar ist eine solche Erfolgsaussicht bereits dann anzunehmen, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichts wegen der Fortbildung des Rechts zugelassen. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt jedoch gleichwohl nur dann in Betracht, wenn der Zulassungsgrund auch gegeben ist (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2003 - IV ZR 73/03, FamRZ 2003, 1552; Beschluss vom 27. Mai 2009 - III ZB 15/09, juris Rn. 4) und im Falle einer Revisionseinlegung die Revision nicht nach § 552a ZPO zurückgewiesen werden müsste (BGH, Beschluss vom 26. November 2007 - II ZA 17/06, juris Rn. 1).
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- bb) Revisionszulassungsgründe sind nicht gegeben. Die maßgebenden Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits geklärt.
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- (1) Die Grundsätze zur Einordnung von Zahlungen auf Gesellschaftsschulden mit zur Verfügung gestellten Darlehensmitteln als Masseschmälerung im Sinne des § 64 GmbHG und zur Berücksichtigung von Massezuflüssen als Ausgleich sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits geklärt (BGH, Urteil vom 18. November 2014 - II ZR 231/13, BGHZ 203, 218 Rn. 10 mwN zur Parallelvorschrift § 130a Abs. 1 HGB). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die vom Berufungsgericht angeführte und als frühere Rechtsprechung bezeichnete Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. März 2003 (II ZR 150/02, ZIP 2003, 1005 ff.) zitiert und damit die Fortgeltung der darin benannten Rechtsgrundsätze bestätigt (BGH, Urteil vom 18. November 2014 - II ZR 231/13, BGHZ 203, 218 Rn. 9, 11). Es handelt sich der Sache nach nicht lediglich um einen Aktiventausch, bei dem die Massekürzung dadurch ausgeglichen wird, dass für die Zahlung ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist.
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- (2) Ebenso ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Frage geklärt, inwieweit masseschmälernde Zahlungen gemäß § 64 Satz 2 GmbHG sich als solche darstellen können, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sind. Es ist insoweit anerkannt, dass der Geschäftsführer nicht solche Zahlungen im Interesse einer gleichmäßigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren zu unterlassen hat, durch deren Vornahme er sich strafbar machen würde (BGH, Urteil vom 5. Mai 2008 - II ZR 38/07, NJW 2008, 2504 Rn. 13 f.; Urteil vom 25. Januar 2011 - II ZR 196/09, ZIP 2011, 422 Rn. 17).
- 7
- (3) Eine veränderte Sachlage, die eine Entscheidung des Bundesgerichthofs zur Fortbildung des Rechts fordern würde, ist nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass im Hinblick auf eine Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Insolvenzanfechtung nach § 133 InsO (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 f.) bedacht werden müsse, ob an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten sei. Eine Neubewertung ist schon deshalb nicht erforderlich, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Ersatzpflicht nach § 64 GmbHG unabhängig von insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbeständen besteht (BGH, Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 150/02, ZIP 2003, 1005, 1007 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 18. Dezember 1995 - II ZR 277/94, BGHZ 131, 325, 328 ff.).
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- b) Die Revision hat aber auch im Übrigen keine hinreichende Erfolgsaussicht , da die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Haftung des Beklagten nach § 64 GmbHG wegen der Zahlungen zwischen dem 22. Februar 2010 und dem 18. März 2010 einer rechtlichen Nachprüfung standhalten.
- 9
- 2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die teilweise Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil ist unbegründet, da auch insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Es liegt keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vor, nach denen der Senat die Revision zulassen dürfte. Der Rechtsstreit der Parteien hat hinsichtlich des Teils, in dem das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat, weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.11.2015 - 409 HKO 18/15 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.05.2017 - 11 U 2/16 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.