Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2013 - I ZR 58/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Parteien sind rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen , die seit mehreren Jahrzehnten unter der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg KG" den Einzelhandel mit Bekleidung betreiben.
- 2
- Die Klägerin hat die Beklagte wegen einer bundesweit erschienenen Werbung in der Ausgabe der "Welt am Sonntag" auf Unterlassung in Anspruch genommen. Den Anspruch hat die Klägerin in erster Linie auf die Rechte aus ihrem Unternehmenskennzeichen, in zweiter Linie auf einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot nach §§ 3, 5 UWG und zuletzt auf eine Abgrenzungsvereinbarung der Parteien gestützt.
- 3
- Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG bejaht. Den Streitwert hat es auf 250.000 € festgesetzt. Der Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben, das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage aus dem Unternehmens- kennzeichen der Klägerin und aus Wettbewerbsrecht abgewiesen. Im Übrigen hat er die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Den Streitwert für die Revision hat der Senat auf 250.000 € festgesetzt.
- 4
- II. Der Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Neufestsetzung des Streitwerts unter Hinzurechnung des Werts aller Ansprüche ist teilweise begründet und führt zur Festsetzung des Streitwerts für die Revisionsinstanz auf 300.000 €.
- 5
- 1. Der Streitwert für das vorliegende Revisionsverfahren errechnet sich aus dem in erster Linie verfolgten Hauptanspruch aus dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und den an zweiter und dritter Stelle hilfsweise geltend gemachten weiteren Ansprüchen aus Wettbewerbsrecht und aus der Abgrenzungsvereinbarung der Parteien, weil über sämtliche Ansprüche entschieden worden ist und diese nicht denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG).
- 6
- a) Bei dem Begriff des Gegenstands in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG handelt es sich um einen selbständigen kostenrechtlichen Begriff, der eine wirtschaftliche Betrachtung erfordert (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2004 - IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506). Eine Zusammenrechnung hat dort zu erfolgen , wo eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht und nicht ein wirtschaftlich identisches Interesse betroffen ist (BGH, Beschluss vom 12. April 2010 - II ZR 34/07, juris Rn. 4). Wirtschaftliche Identität liegt vor, wenn die in ein Eventualverhältnis gestellten Ansprüche nicht in der Weise nebeneinander bestehen können, dass - die vom Kläger gesetzte Bedingung fortgedacht - allen stattgegeben werden könnte, sondern dass die Verurteilung gemäß dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zöge (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 - III ZR 115/02, NJW-RR 2003, 713; Beschluss vom 12. April 2010 - II ZR 34/07, juris Rn. 4; Beschluss vom 6. Juni 2013 - I ZR 190/11, juris Rn. 11).
- 7
- b) Die von der Klägerin verfolgten Ansprüche sind nicht wirtschaftlich identisch. Hätte die Klägerin die Ansprüche aus Kennzeichen-, Wettbewerbsund Vertragsrecht kumulativ geltend gemacht, hätte allen Ansprüchen stattgegeben werden können. Die Ansprüche bilden ungeachtet des einheitlichen Antrags jeweils einen eigenen Gegenstand und sind daher gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zu addieren.
- 8
- 2. Der Höhe nach ist der Streitwert auf 300.000 € festzusetzen.
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- a) Liegen einem einheitlichen Unterlassungsantrag mehrere Ansprüche im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zugrunde, die zusammenzurechnen sind, hat keine schematische Erhöhung des Streitwerts zu erfolgen (aA OLG Frankfurt , GRUR-RR 2012, 367). Vielmehr ist der Streitwert für den Hauptanspruch festzusetzen und für die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche ist der Streitwert angemessen zu erhöhen. Dabei ist bei einem einheitlichen Unterlassungsantrag zu berücksichtigen, dass der Angriffsfaktor im Regelfall unverändert und deshalb eine Vervielfachung des Streitwerts des Hauptanspruchs grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist.
- 10
- b) Im Streitfall bemisst der Senat den Streitwert für den Hauptanspruch aus dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht auf 250.000 €. Dieser Wert ist für die weiteren hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus Wettbewerbsrecht einerseits und aus Vertrag andererseits, über die der Senat im Revisionsverfahren entschieden hat, um jeweils 25.000 € zu erhöhen, so dass der Streitwert für das Revisionsverfahren 300.000 € ausmacht.
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.04.2009 - 327 O 533/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 17.03.2011 - 3 U 69/09 -
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(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.
(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.
(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.
(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:
- 1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen; - 2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird; - 3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs; - 4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen; - 5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur; - 6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder - 7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.
(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn
- 1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder - 2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.
(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.
(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.
(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.
(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.