Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2019 - I ZR 28/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterinnen Dr. Schwonke, Pohl und Dr. Schmaltz
beschlossen:
Gründe:
I. Die Klägerin wendet sich mit einer Restitutionsklage gegen das im Vorpro1 zess ergangene Berufungsurteil, mit dem ihre im Rahmen einer Widerklage geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagte zurückgewiesen worden sind. Das Berufungsgericht hat die Restitutionsklage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
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- Gegen das am 6. Februar 2019 zugestellte Urteil ist am 12. Februar 2019 durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden. Nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 11. Juni 2019 ist die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde an diesem Tag beim Bundesgerichtshof eingegangen. Zugleich hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt , die Klägerin nach Einreichung des Begründungsschriftsatzes nicht mehr zu vertreten.
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- II. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet.
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- 1. Nach § 78b Abs. 1 ZPO hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
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- 2. Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dabei rechtfertigen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein Differenzen einer Partei über die von ihrem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt avisierte Nichtzulassungsbeschwerdebegründung und die darauf folgende Mandatsniederlegung nicht die Beiordnung eines Notanwalts. Mit dem Ziel - wie hier -, die Einreichung einer inhaltlich ihren Vorstellungen entsprechenden Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdebegründung zu erreichen, kann eine Partei die Beiordnung ei- nes Notanwalts nicht verlangen. Nach den gesetzlichen Vorschriften dürfen diese Rechtsmittel nur durch beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen begründet werden, die auch die Verantwortung dafür tragen. Eine Beiordnung allein zu dem Zweck, die von einer nicht postulationsfähigen Person verfasste Rechtsmittelbegründung in das Verfahren einzuführen, liefe dem Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung zuwider und stünde im Widerspruch zur Eigenverantwortung der Rechtsanwälte. Scheitert die Einreichung einer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung daran, dass der beauftragte postulationsfähige Rechtsanwalt nicht bereit ist, den rechtlichen Überlegungen der Partei zu folgen und sie zur Grundlage eines Begründungsschriftsatzes zu machen, rechtfertigt dies für sich genommen nicht die Beiordnung eines Notanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO. Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen beim Bundesgerichtshof ist, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte Anwaltschaft zu stärken. Die Rechtsuchenden sollen kompetent beraten werden und im Vorfeld von aussichtslosen Rechtsmitteln Abstand nehmen können, was ihnen Kosten erspart. Zugleich soll der Bundesgerichtshof von unzulässigen Rechtsmitteln entlastet werden. Dem liefe es zuwider, wenn die Klägerin einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen den Rat ihres Prozessbevollmächtigten durchzusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2017 - III ZR 63/17, juris Rn. 3; Beschluss vom 5. Juli 2017 - XII ZR 11/17, juris Rn. 8 mwN). Danach kommt die Beiordnung eines Notanwalts hier nicht in Betracht. Die Restitutionsklägerin will damit allein erreichen, dass eine inhaltlich ihren Vorstellungen entsprechende Nichtzulassungsbeschwerdebegründung eingereicht wird.
§ 78b Rn. 1; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. Juni 2017 - III ZR 63/17, juris Rn. 3). Dieser Normzweck fordert hier keine Beiordnung. Die gleichen Chancen sind durch die fristgerecht eingereichte Begründung bereits gewahrt.
III. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist zulässig. Insbe8 sondere ist sie innerhalb der (verlängerten) Frist von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt begründet worden. Der Prozessbevollmächtigte konnte diese Prozesshandlung trotz Kündigung des Mandatsverhältnisses wirksam namens und in Vollmacht der Klägerin vornehmen.
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- 1. Nach § 87 Abs. 1 ZPO erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags dem Gegner gegenüber erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Dasselbe gilt gegenüber dem Gericht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1979 - V ZR 146/78, NJW 1980, 999 [juris Rn. 7]). Die Regelung soll verhindern, dass Ereignisse, die in der Sphäre einer Partei liegen, dem Prozessgegner und dem Gericht die Fortführung und Abwicklung des Rechtsstreits erschweren (Weth in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 87 Rn. 1).
Gericht rechtswirksam Prozesshandlungen - hier die Einreichung der Rechtsmittelbegründung - für die Restitutionsklägerin vornehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 106/89, FamRZ 1990, 388 [juris Rn. 5]; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., § 87 Rn. 5). Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass die schriftliche Prozessvollmacht der Klägerin vom 4. Juli 2019 die Einreichung der Rechtsmittelbegründung ausdrücklich ausnahm. Gemäß § 83 Abs. 1 ZPO entfaltet diese Beschränkung im Außenverhältnis keine rechtliche Wirkung.
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- IV. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
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- Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen greifen nicht durch und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert auch im Übrigen keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
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- V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Pohl Schmaltz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 19.11.2013 - 16 O 632/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.01.2015 - 5 U 111/17 und 5 U 161/13 -
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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Dem Gegner gegenüber erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit.
(2) Der Bevollmächtigte wird durch die von seiner Seite erfolgte Kündigung nicht gehindert, für den Vollmachtgeber so lange zu handeln, bis dieser für Wahrnehmung seiner Rechte in anderer Weise gesorgt hat.
(1) Eine Beschränkung des gesetzlichen Umfanges der Vollmacht hat dem Gegner gegenüber nur insoweit rechtliche Wirkung, als diese Beschränkung die Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs betrifft.
(2) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, kann eine Vollmacht für einzelne Prozesshandlungen erteilt werden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)