Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2014 - I ZB 57/13

published on 09/10/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2014 - I ZB 57/13
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Landgericht Darmstadt, 14 O 664/04, 19/03/2013

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 57/13
vom
9. Oktober 2014
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Oktober 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Dr. Kirchhoff, Dr. Koch,
Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juli 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 2.000 €

Gründe:


I. Die Parteien schlossen am 30. November 2004 zur Beendigung eines Ver1 fahrens der einstweiligen Verfügung einen Prozessvergleich, in dem sich die Schuldner unter anderem verpflichteten, die Behauptung zu unterlassen, Kunden der Verfügungsbeklagten zu 1 sind von Mitarbeitern der Verfügungsklägerin mit dem Ziel angesprochen worden, sie zur sofortigen fristlosen Kündigung der mit der Verfügungsbeklagten zu 1 geschlossenen Verträge und zu einem Wechsel zur Verfügungsklägerin zu bewegen.
2
In dem Vergleich verpflichteten sich die Schuldner, für jeden Fall des Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung einen Betrag von 5.000 € an die Gläubigerin zu zahlen.
3
Die Gläubigerin hat behauptet, die Schuldnerin habe gegen die Unterlassungsverpflichtung aus diesem Vergleich verstoßen. Sie hat beantragt, den Schuldnern für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das im Vergleich gegebene Unterlassungsversprechen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft anzudrohen.
4
Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen (OLG Frankfurt, GRUR-RR 2013, 494). Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldner beantragen.
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II. Das Beschwerdegericht hat die Voraussetzungen für eine Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt :
6
Grundsätzlich sei ein auf Unterlassung gerichteter gerichtlicher Prozessvergleich ein Titel, der gemäß § 890 ZPO vollstreckt werden könne. Jedoch stehe die Vereinbarung einer Vertragsstrafe im Vergleich der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO entgegen. Die Parteien, die sich im Vergleichswege nicht nur auf eine Unterlassungsverpflichtung einigten, sondern für den Fall der Zuwiderhandlung auch eine Vertragsstrafe vereinbarten, seien sich in der Regel einig, dass damit die Beantragung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO ausgeschlossen sein solle. Im Streitfall fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien abweichend von diesem Regelfall eine Doppelsanktionierung hätten vereinbaren wollen.
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III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO ist zulässig.
8
1. Nach der Vorschrift des § 890 Abs. 2 ZPO muss der Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 ZPO eine entsprechende Androhung vorausgehen , die, wenn sie nicht in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil enthalten ist, auf Antrag vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird. Die gerichtliche Androhung soll dem Schuldner die möglichen Folgen eines Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot deutlich vor Augen führen und ihn dadurch anhalten , die Unterlassungspflicht zu befolgen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZR 45/02, BGHZ 156, 335, 340 f. - Euro-Einführungsrabatt; Beschluss vom 2. Februar 2012 - I ZB 95/10, GRUR 2012, 957 Rn. 6 - Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren; Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 3/12, GRUR 2014, 909 Rn. 7 = WRP 2014, 861 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich). Eine entsprechende Androhung kann nicht wirksam in einen Prozessvergleich selbst aufgenommen werden, sondern hat auf Antrag durch gerichtlichen Beschluss zu erfolgen (BGH, GRUR 2012, 957 Rn. 8 - Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren ; BGH, WRP 2014, 861 Rn. 8 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich

).


9
2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO nicht deshalb unzulässig, weil sich die Schuldner im Prozessvergleich strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet haben.
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Wie der Senat - nach der Entscheidung des Beschwerdegerichts - entschieden hat, ist ein Antrag auf gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO grundsätzlich auch dann zulässig, wenn der Schuldner im Vergleich eine Vertragsstrafe versprochen hat. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Gläubiger ausdrücklich auf eine Vollstreckung gemäß § 890 Abs. 1 ZPO verzichtet hat oder sonst deutliche Anhaltspunkte für einen Verzichtswillen vorliegen. In dem Versprechen einer Vertragsstrafe kann kein solcher Anhaltspunkt gesehen werden (BGH, GRUR 2014, 909 Rn. 7 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich , mwN).
11
Das Beschwerdegericht hat keine deutlichen Anhaltspunkte für einen Verzicht der Gläubigerin auf eine Vollstreckung gemäß § 890 Abs. 1 ZPO festgestellt. Solche Anhaltspunkte sind auch sonst nicht ersichtlich.
12
3. Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Zulässigkeit des Antrags auf Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO keine bereits erfolgte Zuwiderhandlung voraussetzt. Es kann deshalb offenbleiben , ob die Schuldner gegen die Unterlassungsverpflichtung aus dem Vergleich verstoßen haben (vgl. BGH, WRP 2014, 861 Rn. 18 ff. - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich, mwN).
13
IV. Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Büscher Kirchhoff Koch
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 19.03.2013 - 14 O 664/04 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 08.07.2013 - 6 W 64/13 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem
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published on 03/04/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 3/12 vom 3. April 2014 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich ZPO § 890 Abs. 2 a) Hat sich der Schuldner in einem Prozessve
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(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.