Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2008 - I ZB 32/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
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- I. Mit Beschlussverfügung vom 20. Dezember 2004 untersagte das Landgericht Mannheim der Schuldnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel , im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für Geräte der Unterhaltungselektronik zu werben, wenn auf eine unzutreffende Ersparnis durch Angabe einer unzutreffenden , unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers hingewiesen wird.
- 2
- Die Gläubigerin ließ die einstweilige Verfügung der Schuldnerin am 3. Januar 2005 zustellen. Die Schuldnerin wies ihre Mitarbeiter schriftlich auf das Verbot hin. Sie drohte Konsequenzen für den Fall der Nichtbefolgung an, ließ das Schreiben von ihren Mitarbeitern gegenzeichnen und nahm es zu der jeweiligen Personalak- te. Darüber hinaus instruierten der Geschäftsführer und der Verkaufsleiter der Schuldnerin sämtliche mit der Angabe von unverbindlichen Preisempfehlungen in der Werbung befassten Mitarbeiter über das Verbot und die Notwendigkeit seiner unbedingten Beachtung.
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- Am 24. März 2005 erschien in einer Werbebeilage zum „Mannheimer Morgen“ eine Werbung der Schuldnerin für einen Fernsehapparat der Marke Panasonic zum Preis von 1.997 € mit dem Hinweis „Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers 3.499,00 €, 1.502,00 € billiger“. Diese Angabe traf nicht zu, weil der vom Hersteller empfohlene Preis nur 2.999 € betrug. Die Gläubigerin beantragte daraufhin im April 2005 die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen die Schuldnerin. Mit Beschluss vom 14. September 2005 setzte das Landgericht gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld von 7.000 € fest.
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- Am 25. Juli 2005 warb die Schuldnerin in einer Anzeige im „Mannheimer Morgen“ für einen Fernsehapparat der Marke Philips. Über dem Verkaufspreis von 555 € befand sich ein durchgestrichener Preis von 999,99 € mit dem Hinweis auf eine Fußnote, aus der sich ergab, dass es sich dabei um die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers handelte. Tatsächlich betrug der vom Hersteller empfohlene Preis zur fraglichen Zeit aber nur 749,99 €.
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- Die Gläubigerin beantragt, gegen die Schuldnerin wegen des erneuten Verstoßes vom 25. Juli 2005 ein Ordnungsmittel zu verhängen. Die Schuldnerin ist dem Antrag entgegengetreten.
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- Das Landgericht Mannheim hat gegen die Schuldnerin ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine am Geschäftsführer der Schuldnerin zu vollziehende Ord- http://beck-online.beck.de/Default.aspx?typ=reference&y=300&z=NJW&b=2005&s=2233 - 4 - nungshaft von fünf Tagen festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
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- Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihren Antrag auf Zurückweisung des Ordnungsmittelantrags weiter.
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- II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass das Landgericht wegen des Verstoßes vom 25. Juli 2005 zu Recht ein weiteres Ordnungsmittel festgesetzt habe. Dies sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil gegen die Vollstreckungsschuldnerin bereits am 14. September 2005 ein Ordnungsgeld wegen einer Zuwiderhandlung gegen dieselbe Beschlussverfügung festgesetzt worden sei. Die Verstöße vom 24. März und 25. Juli 2005 seien nicht als unselbständige Teilakte einer einheitlichen Tat zu qualifizieren. Darüber hinaus seien die mehrfachen Verstöße nicht nach den Grundsätzen über den Fortsetzungszusammenhang als einheitliche Tat anzusehen, denn die Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs sei nach dessen Aufgabe auf strafrechtlichem Gebiet im Rahmen der Vollstreckung von Unterlassungstiteln nicht mehr anzuwenden.
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- III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.
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- 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Dem steht die Regelung der § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. Der dort bestimmte Ausschluss gilt nur für das Verfügungsverfahren, nicht jedoch für Folgesachen (BGH, Beschl. v. 6.4.2005 – V ZB 25/04, NJW 2005, 2233; Beschl. v. 6.12.2007 – I ZB 16/07, NJW 2008, 2040 Tz. 6 – Kosten eines Abwehrschreibens; BGH, Beschl. v. 2.10.2008 – I ZB 111/07, Tz. 4, jeweils für das Kostenfestsetzungsverfahren; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 542 Rdn. 5; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 542 Rdn. 9).
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- 2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
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- a) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Die Verhängung von Ordnungsmitteln ist in der Beschlussverfügung angedroht worden. Die einstweilige Verfügung wurde durch Zustellung im Parteibetrieb fristgerecht vollzogen.
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- b) Nicht im Streit steht, dass die Schuldnerin mit der Werbung vom 25. Juli 2005 (erneut) gegen das Unterlassungsgebot verstoßen hat. Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die beiden Verstöße nicht unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Handlungseinheit als eine Tat angesehen werden können. Zu einer natürlichen Handlungseinheit können im Zivilrecht und in der Zwangsvollstreckung mehrere – auch fahrlässige – Verhaltensweisen zusammengefasst werden, die aufgrund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen (vgl. BGHZ 33, 163, 167 f. – Krankenwagen II; BGHZ 146, 318, 326 – Trainingsvertrag; Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 12 Rdn. 1.149 und Köhler ebd. § 12 6.4). Im Streitfall handelt es sich um zwei verschiedene, im Abstand von vier Monaten veröffentlichte Werbeanzeigen für Fernsehgeräte unterschiedlicher Hersteller. Unter diesen Umständen ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts nicht zu beanstanden.
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- c) Ebenfalls mit Recht hat das Beschwerdegericht die beiden Anzeigen nicht nach den Grundsätzen über den Fortsetzungszusammenhang zu einer einheitlichen Tat zusammengefasst. Nachdem der Bundesgerichtshof das aus dem Strafrecht stammende Rechtsinstitut des Fortsetzungszusammenhangs für den Bereich des Strafrechts (BGHSt 40, 138; 40, 195, 197; 41, 385, 393 ff.; 43, 149, 152; 43, 312, 315) aufgegeben und der Senat den Rechtsbegriff der Fortsetzungs- tat im Recht der Vertragsstrafe für unanwendbar erklärt hat (BGHZ 146, 318, 324 – Trainingsvertrag), besteht keine Veranlassung, an diesem Institut für die Zwangsvollstreckung festzuhalten (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rdn. 6.4; Fezer/Büscher, UWG, § 12 Rdn. 313; Harte/Henning/Brüning, UWG, Vor § 12 Rdn. 322 f.; MünchKomm.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rdn. 156; Teplitzky , Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 57 Rdn. 35; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 906, 946; Stein/Jonas /Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 890 Rdn. 41; MünchKomm.ZPO/Gruber, 3. Aufl., § 890 Rdn. 13; Mankowski, WRP 1996, 1144, 1148; OLG Nürnberg NJW-RR 1999, 723, 724; OLG Naumburg WRP 2007, 566, 569 f.; a.A. Schuschke/Walker /Sturhahn, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 890 Rdn. 28; Zöller/Stöber aaO § 890 Rdn. 20; Musielak/Lackmann aaO § 890 Rdn. 13; vermittelnd Ahrens/Ahrens, Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 66 Rdn. 4). Steht bei der Vertragsstrafe die Vertragsauslegung im Vordergrund, mit deren Hilfe die Kriterien für eine Zusammenfassung mehrerer Teilakte zu einer Zuwiderhandlung ermittelt werden müssen, können in der Zwangsvollstreckung bei der Bemessung des Ordnungsmittels auch ohne die Grundsätze der fortgesetzten Handlung alle Umstände berücksichtigt werden, die es angemessen erscheinen lassen, bei wiederholten Verstößen nicht das Vielfache der für eine einzelne Zuwiderhandlung als angemessen erachteten Sanktion zu verhängen. Insbesondere kann das Prozessgericht bei der Bemessung in Rechnung stellen, dass der gegenüber der Unternehmensleitung erhobene Verschuldensvorwurf sich dann, wenn der einzelne Teilakt von einem Mitarbeiter begangen worden ist, allein auf das Organisations- oder Überwachungsverschulden des Unternehmens stützt.
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- Im Streitfall ist auch unter diesem zuletzt genannten Gesichtspunkt nichts gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts zu erinnern. Selbst wenn beide Verstöße auf das Unterlassen derselben organisatorischen Maßnahme im Ge- schäftsablauf zurückzuführen wären, könnte dies hier nicht zu einer Herabsetzung des Ordnungsgeldes führen. Denn vor dem zweiten Verstoß, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, hatte die Schuldnerin bereits den nach dem ersten Verstoß gestellten Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin und damit Kenntnis davon erhalten, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Verstöße offensichtlich nicht ausreichten.
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- d) Nicht zu beanstanden ist, dass das Beschwerdegericht ein Verschulden der Schuldnerin bejaht hat. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gläubigers, den Verstoß und damit auch das Verschulden darzulegen. Da die beanstandete Zuwiderhandlung regelmäßig in einem Verhalten des Schuldners oder seiner Mitarbeiter liegt und damit seiner Sphäre zuzuordnen ist, hat er darzulegen, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um einen Verstoß gegen das titulierte Unterlassungsgebot zu verhindern (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rdn. 6.7, 6.8). Im Streitfall spricht allein der Umstand, dass erneut eine Anzeige mit einer unzutreffenden Herstellerpreisempfehlung erscheinen konnte, dafür, dass die Schuldnerin keine hinreichenden Vorsorgemaßnahmen getroffen hat, um weitere Verstöße zuverlässig zu unterbinden. Es wäre unter diesen Umständen ihre Sache gewesen darzulegen, weshalb gleichwohl kein Verschulden gegeben sein soll.
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- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 12.12.2005 - 7 O 552/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 21.04.2006 - 6 W 10/06 -
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(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.
(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.
(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.
(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)