Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2003 - I ZB 1/03

published on 28/08/2003 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2003 - I ZB 1/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 1/03
vom
28. August 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Computerfax
Eine per Computerfax im Markenbeschwerdeverfahren ohne Unterschrift
eingelegte Beschwerde genügt dem Erfordernis der Schriftlichkeit, wenn sich
aus dem Inhalt des Schriftstücks mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, daß
die Beschwerde mit Wissen und Wollen des Verfassers gefertigt und der zuständigen
Behörde zugeleitet worden ist.
BGH, Beschluß vom 28. August 2003 - I ZB 1/03 - Bundespatentgericht
betreffend die Markenanmeldung Nr. 399 48 544.9
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. August 2003 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Anmelders wird der Beschluß des 33. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 12. November 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- festgesetzt.

Gründe:


I.


Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit dem am 18. Januar 2002 abgesandten Beschluß vom 9. Januar 2002 die Anmeldung der Wortmarke
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zurückgewiesen.
Am 18. Februar 2002 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt ein am selben Tag aus dem Computer versandtes Fax mit dem Briefkopf des Anmelders D. S. eingegangen, in welchem er "Beschwerde" einlegt. Dabei sind das Aktenzeichen der Marke, die angemeldete Marke selbst und das Datum des angefochtenen Beschlusses angegeben. Dem Fax war ein Beleg über die Einzahlung einer Gebühr in Höhe von 200,-- atent - und Markenamtes beigefügt. Ferner enthielt das Fax - hilfsweise - eine Abbuchungsermächtigung hinsichtlich dieses Betrags. Das Fax wie auch das nachfolgende identische am 21. Februar 2002 eingegangene Schreiben trugen keine Unterschrift, sondern endeten mit einer Grußformel ohne eine Namensnennung.
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen , weil sie nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Beschwerde unterschrieben worden sei.

II.


Die (zugelassene) Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Bundespatentgericht hat die Wirksamkeit der Einlegung der Beschwerde durch den Anmelder rechtsfehlerhaft an der fehlenden Unterschrift unter dem Beschwerdeschriftsatz scheitern lassen.
Die per Computerfax übermittelte Beschwerde genügt im vorliegenden Fall der in § 66 Abs. 2 MarkenG geforderten Schriftform. Das Bundespatentgericht mißt der Notwendigkeit einer handschriftlichen Unterzeichnung eines Schriftstücks im Rahmen der einfachen Schriftform, die keine Unterzeichnung durch einen Prozeßbevollmächtigten verlangt, eine Bedeutung zu, die sich aus dem Zweck des Schriftformerfordernisses nicht ergibt.
2. Die Schriftform soll gewährleisten, daß aus dem Schriftstück selbst der Inhalt der Erklärung und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem soll über das Gebot der Form sichergestellt sein, daß es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern daß es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (GmS-OGB BGHZ 75, 340, 348 f.; GmS-OGB BGHZ 144, 160, 162 f.). Ausgehend von dieser Zweckbestimmung des Schriftformerfordernisses hat die Rechtsprechung die eigenhändige Unterschrift nicht für eine wesentliche Voraussetzung der Schriftlichkeit erachtet, wenn aus dem Schriftstück ansonsten in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich ist, von wem die Erklärung herrührt und daß kein bloßer Entwurf vorliegt (BVerfGE 15, 288, 291 f.; BVerfG, Beschl. v. 4.7.2002 - 2 BvR 2168/00, NJW 2002, 3534, 3535; BGHSt 2, 77, 78; BGH, Beschl. v. 23.6.1983 - 1 StR 351/83, NJW 1984, 1974; vgl. auch BPatGE 31, 15, 17 f.). Diese Beurteilung gilt auch und gerade für per Computerfax eingereichte Schriftstücke, welche technisch bedingt eine eigenhändige Unterschrift des Absenders nicht enthalten können (BVerfG NJW 2002, 3534, 3535; vgl. auch GmS-OGB BGHZ 144, 160, 165 a.E.).
3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann die Einhaltung der Schriftform der Beschwerde des Anmelders gemäß § 66 Abs. 2 MarkenG nicht verneint werden.


a) Der als Beschwerde bezeichnete Schriftsatz des Anmelders vom 18. Februar 2002 enthält hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß die darin erho- bene Beschwerde auf dem Willen des Anmelders beruht und von diesem in den Verkehr gebracht worden ist. Der Schriftsatz nennt die persönlichen Daten des Anmelders, das Aktenzeichen der Anmeldung, die angemeldete Marke und das Datum des angefochtenen Beschlusses. Das sind Daten, die in der Regel allein dem Anmelder bekannt sind. Zugleich ist der Beschwerdeschrift der Beleg beigefügt worden, wonach die gesetzliche Beschwerdegebühr in Höhe von ! " # $ % & ! # '( *)+ ,.- % /0 1 324 5 76 8 200,-- worden ist. Diese Einzahlung ist auch rechtzeitig erfolgt. Darüber hinaus hat der Anmelder in der Beschwerdeschrift vorsorglich das Deutsche Patent- und Markenamt ermächtigt, die Beschwerdegebühr von seinem angegebenen Konto einzuziehen, um auch für den Fall die Rechtzeitigkeit der Gebührenzahlung zu gewährleisten, daß seine Überweisung mit Blick auf die Banklaufzeiten nicht rechtzeitig eingehen sollte. Zudem wird angekündigt, daß dieser "vorab per Fax" eingelegten Beschwerde die Beschwerdeschrift "anschließend per Post" folge. Dies ist geschehen, wenn auch wiederum ohne Unterschrift.

b) All diese Umstände lassen keinen vernünftigen Zweifel zu, daß die am 18. Februar 2002 als Fax eingegangene "Beschwerde" mit Wissen und Wollen des Anmelders dem Deutschen Patent- und Markenamt als zuständige Stelle zugesandt worden ist, weshalb die Schriftform des § 66 Abs. 2 MarkenG gewahrt ist.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher
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(1) Gegen die Beschlüsse der Markenstellen und der Markenabteilungen findet unbeschadet der Vorschrift des § 64 die Beschwerde an das Bundespatentgericht statt. Die Beschwerde steht den am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt Beteiligten
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(1) Gegen die Beschlüsse der Markenstellen und der Markenabteilungen findet unbeschadet der Vorschrift des § 64 die Beschwerde an das Bundespatentgericht statt. Die Beschwerde steht den am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt Beteiligten
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published on 03/03/2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB71/14 vom 3. März 2015 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 85 Abs. 2, § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4 a) Ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug ist als Unterschrift
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(1) Gegen die Beschlüsse der Markenstellen und der Markenabteilungen findet unbeschadet der Vorschrift des § 64 die Beschwerde an das Bundespatentgericht statt. Die Beschwerde steht den am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt Beteiligten zu. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Deutschen Patent- und Markenamt schriftlich einzulegen.

(3) Ist über eine Erinnerung nach § 64 innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Einlegung nicht entschieden worden und hat der Erinnerungsführer nach Ablauf dieser Frist Antrag auf Entscheidung gestellt, so ist die Beschwerde abweichend von Absatz 1 Satz 1 unmittelbar gegen den Beschluß der Markenstelle oder der Markenabteilung zulässig, wenn über die Erinnerung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang des Antrags entschieden worden ist. Steht dem Erinnerungsführer in dem Erinnerungsverfahren ein anderer Beteiligter gegenüber, so ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Frist von sechs Monaten nach Einlegung der Erinnerung eine Frist von zehn Monaten tritt. Hat der andere Beteiligte ebenfalls Erinnerung eingelegt, so bedarf die Beschwerde nach Satz 2 der Einwilligung des anderen Beteiligten. Die schriftliche Erklärung der Einwilligung ist der Beschwerde beizufügen. Legt der andere Beteiligte nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Beschwerde gemäß Absatz 4 Satz 2 ebenfalls Beschwerde ein, so gilt seine Erinnerung als zurückgenommen. Der Lauf der Fristen nach den Sätzen 1 und 2 wird gehemmt, wenn das Verfahren ausgesetzt oder wenn einem Beteiligten auf sein Gesuch oder auf Grund zwingender Vorschriften eine Frist gewährt wird. Der noch übrige Teil der Fristen nach den Sätzen 1 und 2 beginnt nach Beendigung der Aussetzung oder nach Ablauf der gewährten Frist zu laufen. Nach Erlaß der Erinnerungsentscheidung findet die Beschwerde nach den Sätzen 1 und 2 nicht mehr statt.

(4) Der Beschwerde und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Die Beschwerde und alle Schriftsätze, die Sachanträge oder die Erklärung der Zurücknahme der Beschwerde oder eines Antrags enthalten, sind den übrigen Beteiligten von Amts wegen zuzustellen. Andere Schriftsätze sind ihnen formlos mitzuteilen, sofern nicht die Zustellung angeordnet wird.

(5) Erachtet die Stelle, deren Beschluß angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so hat sie ihr abzuhelfen. Dies gilt nicht, wenn dem Beschwerdeführer ein anderer an dem Verfahren Beteiligter gegenübersteht. Die Stelle kann anordnen, daß die Beschwerdegebühr nach dem Patentkostengesetz zurückgezahlt wird. Wird der Beschwerde nicht nach Satz 1 abgeholfen, so ist sie vor Ablauf von einem Monat ohne sachliche Stellungnahme dem Bundespatentgericht vorzulegen. In den Fällen des Satzes 2 ist die Beschwerde unverzüglich dem Bundespatentgericht vorzulegen. In den Verfahren ohne die Beteiligung Dritter im Sinne des Satzes 2 ist ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren dem Bundespatentgericht unverzüglich zur Vorabentscheidung vorzulegen.