Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2014 - 5 StR 503/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freisprechung im Übrigen – wegen „gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in zehn Fällen und we- gen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 40 Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die hiergegen mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Nach den Urteilsfeststellungen konnte der Angeklagte seinen täglichen Marihuanabedarf ab Anfang 2013 nicht mehr mit seinen bisherigen finanziellen Mitteln bestreiten. Er beschloss daher, jede Woche vier bis fünf Gramm Marihuana zu erwerben und die Hälfte davon gewinnbringend weiter zu verkaufen. Ab Anfang März 2013 bis Ende 2014 veräußerte er in einem Park in W. das für den Verkauf portionierte Rauschgift an erwachsene, aber auch an minderjährige Kunden, die ihn regelmäßig aufsuchten. Den daraus resultierenden Gewinn investierte er in den nächsten Marihuana-Ankauf. Im Einzelnen hat die Strafkammer 50 Verkaufsfälle festgestellt und jeweils als selbständige Tat (§ 53 StGB) bewertet, wobei sie in den Fällen d) bis f) angenommen hat, dass der Angeklagte „in Kenntnis der Minderjährigkeit“ der Käufer handelte:
a) Im Zeitraum vom 7. März 2013 bis 31. Januar 2014 verkaufte der Angeklagte an 21 nicht mehr feststellbaren Tagen jeweils ein bis drei Gramm Marihuana an den 17-jährigen L. .
b) Im Zeitraum zwischen Anfang Juli bis Anfang November 2013 verkaufte er an vier nicht feststellbaren Tagen jeweils ein bis zwei Gramm Marihuana an S. .
c) Vom 1. September 2013 bis 17. März 2014 verkaufte er in wenigstens 15 Fällen je ein Gramm Marihuana an die 17jährige L. .
d) Im Zeitraum vom 1. August 2013 bis 17. März 2014 verkaufte er an fünf nicht mehr feststellbaren Tagen jeweils ein Gramm Marihuana an den 15-jährigen Sc. .
e) Im Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2013 verkaufte er an vier nicht feststellbaren Tagen jeweils ein Gramm Marihuana an den 14-jährigen St. .
f) In der Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 2. Februar 2014 verkaufte er an einem nicht mehr feststellbaren Tag ein Gramm Marihuana an die 13-jährige M. .
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- 2. Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte durch das Amtsgericht Wolfenbüttel am 27. März 2014 wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 31 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren, und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde. Dabei sei es um Marihuanaverkäufe des Angeklagten an zwei Personen im Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2013 bzw. 1. Juni bis 5. August 2013 sowie um am 2. Oktober 2013 sichergestellte Drogen gegangen. Der Angeklagte habe gegen das Urteil Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden worden sei.
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- 3. Die vom Landgericht vorgenommene Bewertung, dass die 50 – an sich rechtsfehlerfrei festgestellten – Taten zueinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehen, hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
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- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden mehrere Verkaufsvorgänge durch den Erwerb und Besitz der hierzu bestimmten Gesamtmenge zu einer Bewertungseinheit verbunden, sofern sie denselben Güterumsatz betreffen. Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 mwN).
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- b) Solche Anhaltspunkte hat die Strafkammer angenommen. Sie ist von wöchentlichen Erwerbsvorgängen des Angeklagten von vier bis fünf Gramm Marihuana ausgegangen, wobei die Hälfte hiervon zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen war, um die Betäubungsmittel für den nächsten Einkauf finanzieren zu können. Dem Angeklagten standen somit zwei bis zweieinhalb Gramm Marihuana wöchentlich zur Veräußerung zur Verfügung. Das Landgericht wäre bei dieser Annahme gehalten gewesen zu überprüfen und zu bewerten , ob die im Einzelnen festgestellten Verkaufsfälle von jeweils mindestens ein Gramm Marihuana – bei sich teilweise überschneidenden Tatzeiträumen hinsichtlich der Käufer – nicht aus einem einheitlichen wöchentlichen Erwerbsvorgang herrührten. Insoweit ist angesichts nicht konkret festgestellter Tatzeitpunkte der Zweifelsatz – im Gegensatz zu der Frage, ob konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer Bewertungseinheit vorliegen (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 605 mwN) – anzuwenden.
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- Des Weiteren hätte das Landgericht – unter dem Gesichtspunkt anderweitiger Rechtshängigkeit – angesichts ebenfalls teilweise sich überschneidender Tatzeiträume prüfen müssen, ob die angenommenen Erwerbsvorgänge nicht auch die im Urteil des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 27. März 2014 festgestellten Verkaufsfälle betreffen.
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- 4. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Schuldspruchs mit den zugehörigen Feststellungen einschließlich derer zu den Erwerbsvorgängen. Die Feststellungen zu den Fällen des Weiterverkaufs können bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen wurden. Das neue Tatgericht kann jedoch Feststellungen zu den konkreten einzelnen Tatzeitpunkten treffen, soweit diese in die bisher festgestellten Tatzeiträume fallen.
Berger Bellay
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.