Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Dez. 2011 - 5 StR 488/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
3. Die Entscheidung über die Entschädigung des Angeklagten wegen zu Unrecht erlittener einstweiliger Unterbringung bleibt dem Landgericht vorbehalten.
4. Der Unterbringungsbefehl des Landgerichts Braunschweig vom 16. März 2011 wird aufgehoben. Der Angeklagte ist in dieser Sache sofort aus der einstweiligen Unterbringung zu entlassen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf des Betruges in fünf Fällen freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Auf die mit der allgemeinen Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hebt der Senat die Maßregelanordnung auf; diese entfällt.
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- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts (UA S. 3) leidet der An- geklagte bereits seit dem Jahr 2003 an einer „chronifizierten Schizophrenie am ehesten in der Subklassifizierung als undifferenzierte Schizophrenie (ICD 10: F 20.3)“. Insbesondere ist er wahnhaft der Auffassung, dass er aufgrund einer nach seiner Ansicht unrechtmäßigen Kündigung seines früheren Arbeitsverhältnisses durch die V. AG von dieser bis zu 1,6 Mio. € zu erhalten habe und auch erhalten werde. Vor diesem Hintergrund hält sich der Angeklagte unkorrigierbar für einen „reichen Mann“ (UA S. 4). Tatsächlich lebt er in sehr beschränkten finanziellen Verhältnissen.
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- Zu den Taten, die der Angeklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit beging, kam es zwischen September 2007 und Oktober 2008:
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- Der Angeklagte ist Eigentümer eines leerstehenden baufälligen „Woh- nensembles“ in Rottmersleben. Nachdem im März 2007 für das Wohnhaus eine Abrissverfügung erlassen und schließlich die Ersatzvornahme angedroht worden war, entschloss sich der Angeklagte, zunächst das Dach und den Dachstuhl des Gebäudes abtragen und neu errichten zu lassen. In diesem Zusammenhang beauftragte er zwei Handwerksbetriebe, die die vereinbarten Werkleistungen im Vertrauen auf die Zahlungsfähigkeit des Angeklagten erbrachten. Die Rechnungen in Höhe von insgesamt rund 19.000 € blieben unbezahlt.
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- Nachdem sich die Baubehörde mit der Durchführung der genannten Arbeiten zufrieden gegeben hatte, entschloss sich der Angeklagte, das Objekt weiter zu sanieren. In der Folgezeit beauftragte er in drei weiteren Fällen Handwerksbetriebe mit der Erbringung von Werkleistungen. Zwei Rechnun- gen in Höhe von insgesamt 14.000 € blieben wiederum unbezahlt. In einem weiteren Fall kam es nicht zu dem von dem Angeklagten in Auftrag gegebenen Einbau von Fenstern und einer Haustür, nachdem eine Nachbarin den Handwerker gewarnt hatte, dass der Angeklagte „bekanntermaßen zah- lungsunfähig“ sei. Der Auftragnehmer erlitt jedoch gleichwohl einen Schaden von rund 2.000 €.
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- Bei der Begehung aller Taten ging der Angeklagte infolge seines Wahns davon aus, dass er die entsprechenden Rechnungen zeitnah würde bezahlen können, da er „beinahe täglich“ mit einem erheblichen Geldeingang seitens der V. AG rechnete.
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- 2. Der Maßregelausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Voraussetzungen für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus liegen nicht vor.
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- Zwar begegnet die Annahme der fehlenden Einsichtsfähigkeit des Angeklagten keinen rechtlichen Bedenken. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht ferner davon ausgegangen, dass die weitere Voraussetzung eines fortdauernden Zustandes nach § 20 StGB beim Angeklagten gegeben ist. Indes tragen die Urteilsfeststellungen nicht die für die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB erforderliche Gefährlichkeitsprognose.
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- a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden, wenn die Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen; die zu erwartenden Taten müssen schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2008 – 4 StR 6/08, Rn. 5; vom 16. Juli 2008 – 2 StR 161/08, Rn. 7; jeweils mwN). Die bloße Möglichkeit zukünftiger Straftaten reicht nicht aus (BGH, Beschlüsse vom 10. September 2008 – 2 StR 291/08, Rn. 7; vom 11. März 2009 – 2 StR 42/09, Rn. 10, NStZ-RR 2009, 198).
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- b) Diese Anordnungsvoraussetzungen liegen hier nicht vor.
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- Das sachverständig beratene Landgericht geht – insoweit nachvollziehbar – davon aus, dass der in der Vergangenheit bereits wiederholt mit geringeren Delikten strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte aufgrund seiner chronifizierten psychischen Erkrankung auch weiterhin Strafta- ten begehen wird. Soweit es Bedrohungstaten und „kleinere Zechprellereien“ erwartet, kommt es mit Recht zu dem Ergebnis, dass diese auch in ihrer Gesamtheit keine erheblichen Taten im Sinne von § 63 StGB darstellen.
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- Die Strafkammer nimmt indes „mit erhöhter Wahrscheinlichkeit“ an, dass der Angeklagte infolge seiner Wahnvorstellung, ein reicher Mann zu sein, bei gleichzeitig tatsächlich sehr beschränkten finanziellen Verhältnissen und weiterhin bestehender Sanierungsbedürftigkeit des Gebäudes in Rott- mersleben zukünftig „weitere erhebliche Betrugsstraftaten ähnlich den hier verfahrensgegenständlichen Anlasstaten“ begehen wird (UA S. 45). Diese Gefahr vermag jedoch die Maßregelanordnung nicht zu begründen.
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- Die Frage, ob von den künftig zu erwartenden Straftaten schwere Störungen des Rechtsfriedens ausgehen, kann nicht allein mit dem – hier ohnehin nicht herausragenden – Gewicht des gesetzlichen Straftatbestandes beantwortet werden. Vielmehr kommt es grundsätzlich auf die zu befürchtende konkrete Ausgestaltung der Taten an (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2008 – 1StR 153/08; Urteil vom 12. Juni 2008 – 4 StR 140/08, NStZ 2008, 563, 564). Für etwa konkret existenzbedrohende Schädigungen besteht hier kein Anhalt. Hinweise darauf, dass der Angeklagte in anderen Zusammenhängen als der Sanierung des Gebäudes in Rottmersleben erhebliche Betrugsstraftaten begehen wird, ergeben sich nicht. Aus dem von der Strafkammer insoweit ergänzend herangezogenen Umstand, dass sich der Angeklagte in Helmstedt zwei Häuser (von außen) angeschaut hat, weil er sehen wollte, „was er mit seinem Geld machen werde“ (UA S. 46), können solche Anhalts- punkte für Gefahren der Verursachung erheblicher Vermögensschäden durch Betrugshandlungen des Angeklagten jedenfalls nicht entnommen werden.
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- Hinzu kommt, dass die Feststellungen des Landgerichts auch nicht die Annahme einer „erhöhten Wahrscheinlichkeit“ einer Begehung ähnlicher Straftaten tragen. Die angeklagten Taten wurden aus einer besonderen Situation heraus – Abrissverfügung der Baubehörde – begangen. Dass der Angeklagte auch nach Zufriedenstellung der Behörde weitere Sanierungsleistungen in Auftrag gab, ändert nichts daran, dass der Anlass für die Taten maßgeblich von außen gesetzt wurde und sie nicht etwa allein durch den Wahn des Angeklagten ausgelöst wurden. Weder vor noch nach diesen Taten hat der Angeklagte Betrügereien vergleichbarer Art begangen. Eine Vorstrafe wegen Betruges bezieht sich auf die Erschleichung von Sozialleistungen. Auch die weitere durch Strafbefehl des Amtsgerichts Helmstedt vom 29. Februar 2008 geahndete Betrugstat steht in keinem erkennbaren Zusammenhang zu dem Wahn des Angeklagten.
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- c) Ohne dass es nach dem Ausgeführten noch darauf ankommt, weist der Senat abschließend darauf hin, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gegenüber wirksamen milderen Maßnahmen subsidiär ist. Im vorliegenden Fall wäre insbesondere zu prüfen, ob der von dem Angeklagten ausgehenden Gefahr durch Bestellung eines Betreuers begegnet werden kann.
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- 3. Der Senat schließt aus, dass sich noch weitergehende Feststellungen treffen lassen, die die Gefährlichkeit des Angeklagten belegen könnten. Er hebt daher den Maßregelausspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO auf und lässt die Maßregel entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2005 – 4 StR 85/03, BGHR StPO § 354 Abs. 1 Sachentscheidung
8).
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- 4. Mit dem Maßregelausspruch ist auch die Grundlage für die einstweilige Unterbringung weggefallen (§ 126a Abs. 2 Satz 1, § 126 Abs. 3 StPO).
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- 5. Die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 StrEG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu treffende Entscheidung über eine Entschädigung des Angeklagten wegen zu Unrecht erlittener einstweiliger Unterbringung bleibt dem Landgericht vorbehalten.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.
(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116 Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119a, 123, 125 und 126 entsprechend. Die §§ 121, 122 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen.
(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.
(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten im Sinne des § 1831 Absatz 5 und des § 1820 Absatz 2 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.
(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.
(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.
(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.
(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.
(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.
(1) Die Entschädigung kann ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Beschuldigte
- 1.
die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt worden ist, weil er im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat oder weil ein Verfahrenshindernis bestand.
(2) Die Entschädigung für eine Freiheitsentziehung kann ferner ganz oder teilweise versagt werden, wenn das Gericht die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften anwendet und hierbei eine erlittene Freiheitsentziehung berücksichtigt.