Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2011 - 5 StR 376/11

published on 27/10/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2011 - 5 StR 376/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
5 StR 376/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2011

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21. April 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu sechs Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der Revision des Angeklagten kann wegen einer Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 3 StPO der Erfolg nicht versagt werden, mit der die Mitwirkung des Schwurgerichtsvorsitzenden an der Entscheidung über ein gegen die beisitzenden Richter gerichtetes Ablehnungsgesuch beanstandet wird.
2
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers knüpfte an die Mitwirkung der abgelehnten Richter an der Zurückweisung eines vorangegangenen Ablehnungsgesuchs gegen den Vorsitzenden wegen einer beanstandeten Äußerung an, die dieser während einer Vorbesprechung zwischen Berufsrichtern , Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklagevertretung abge- geben hatte (Iranern sitze „das Messer zu locker“). Aus der Begründung des Zurückweisungsbeschlusses der nach § 27 Abs. 1 StPO besetzten Straf- kammer, in dem die Äußerung des Vorsitzenden als erkennbar scherzhaft in gelockerter Gesprächsatmosphäre bewertet worden ist, wurde nunmehr, namentlich mit der Behauptung der Vernachlässigung einer abweichenden Bewertung durch einen beim Vorgespräch anwesenden Verteidiger und einer daraus vom Beschwerdeführer geschlossenen Billigung der zuvor beanstandeten Äußerung des Vorsitzenden, die Besorgnis der Befangenheit auch der beisitzenden Richter abgeleitet.
4
Ungeachtet dessen, dass seitens der Strafkammer wiederholte Richterablehnungen – für den Senat nachvollziehbar – als besonders lästig und aufhältlich empfunden worden sein mögen, hat das Landgericht auch diesen zweiten Antrag zutreffend nicht als unzulässig bewertet. Daher haben die abgelehnten beisitzenden Richter an der Beschlussfassung nach § 27 Abs. 1 StPO auch nicht mitgewirkt. Der Beschluss über das zweite Ablehnungsgesuch erging nun aber unter dem Vorsitz des in dem zuvor gestellten Gesuch abgelehnten Schwurgerichtsvorsitzenden.
5
2. Das wird von der Revision mit Recht als unvertretbar erachtet.
6
Auch der Vorsitzende hätte wegen des engen sachlichen Zusammenhangs beider Ablehnungsanträge nach zutreffendem Verständnis des § 27 Abs. 1 StPO – und zwar ungeachtet der Erfolglosigkeit des ersten Antrags und ohne Rücksicht auf eine inhaltliche Bewertung der Richterablehnungen – an der Beschlussfassung über den zweiten Antrag offensichtlich nicht mitwirken dürfen (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 – 5 StR 500/05, BGHR StPO § 27 Entscheidung 3). Denn im Zentrum der Entscheidungsfindung stand weiterhin die Bewertung seiner Äußerung in der Vorbesprechung, die Anlass für die erste Ablehnung gewesen war.
7
Unter Bedacht auf das Gebot, dass ein „Entscheiden in eigener Sache" zu vermeiden ist (vgl. BVerfG [Kammer], NJW 2005, 3410), liegt hierin ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Ablehnungsverfahren. Dies aber begründet – nicht anders als ein entsprechender Besetzungsmangel im Rahmen unvertretbarer Anwendung des § 26a StPO (BGH, Beschluss vom 10. August 2005 – 5 StR 180/05, BGHSt 50, 216) – die Revision nach § 338 Nr. 3 StPO (vgl. schon BGH, Urteil vom 12. Februar 1998 – 1 StR 588/97, BGHSt 44, 26, 28).
8
3. Der Senat weist ausdrücklich auf die Bedenken im Aufhebungsantrag des Generalbundesanwalts hin, der die bislang gegebene Begründung für den Tötungsvorsatz als unzureichend erachtet.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid
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published on 26/01/2006 00:00

Nachschlagewerk: ja BGHSt : nein Veröffentlichung : ja StPO §§ 25, 338 Nr. 3 Notwendige Wiederholung eines Ablehnungsgesuchs nach ausgesetzter Hauptverhandlung (gegen BGHSt 31, 15; nicht tragend). BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006
published on 10/08/2005 00:00

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StPO §§ 26a, 338 Nr. 3 Ein Ablehnungsgesuch ist auch dann im Sinne von § 338 Nr. 3 StPO „mit Unrecht verworfen“, wenn die unter Mitwirkung des abgelehnten Richters beschlossene Verwerfung gemäß §
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published on 25/04/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 1 3 / 1 3 vom 25. April 2014 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ___________________________ StGB § 263 GVG § 74c Abs. 1 1. Die Aufteilung der Wirtschaftsstrafsachen eines Landgeri
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.