Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2007 - 5 StR 335/06

published on 16/04/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2007 - 5 StR 335/06
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
5 StR 335/06

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 16. April 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2007 beschlossen
:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 13. Juni 2006 wird nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
2. Von der Auferlegung von Kosten und Auslagen wird abgesehen.
G r ü n d e
1 Das Landgericht hat den zu den Tatzeiten 16-jährigen Angeklagten
wegen Mordes sowie wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung
eines weiteren Urteils (Jugendstrafe von sechs Monaten) zu einer einheitlichen
Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich
der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der näher begründeten Sachrüge.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2 1. Die Jugendkammer hat folgende Feststellungen getroffen:
3 a) Am späten Abend des 17. Juni 2005 gerieten der angetrunkene
Angeklagte und der gesondert Verfolgte S. auf dem Gelände einer Tankstelle
in Berlin-Zehlendorf mit dem ersichtlich betrunkenen Bundeswehrsoldaten
T. aus nichtigem Anlass in einen Streit, bei dem T.
den Angeklagten als „Hurensohn“ und „Nigger“ beschimpfte. Der über
die Beleidigungen aufgebrachte Angeklagte versetzte dem T.
zwei Faustschläge in das Gesicht, nahm ihn in den „Schwitzkasten“ und
schlug ihm mit der Faust auf den Kopf. Auch S. versetzte dem Geschädigten
mehrere Faustschläge in das Gesicht. Anschließend kniete sich der
Angeklagte mit einem Bein auf den Brustkorb des T. und schlug
ihm mehrmals heftig mit der Faust in das Gesicht, bis er sich nicht mehr regte.
S. und der Angeklagte versetzten ihm sodann noch Fußtritte gegen
den Kopf. Schließlich trat der Angeklagte wuchtig und nach oben ausholend
mit dem Fuß in das Gesicht des Geschädigten, wobei er äußerte: „Jetzt
weißt du es“.
4 T. erlitt nicht konkret lebensgefährliche Hirnblutungen,
Hämatome, eine Gehirnerschütterung und Frakturen an der Nase. Die Verletzungen
heilten nach stationärer Behandlung und einem operativen Eingriff
folgenlos aus. Gegen den Angeklagten erging Haftbefehl bei gleichzeitiger
Aussetzung der Vollstreckung. Die Haftverschonung dauerte bei Begehung
der Folgetat an.
5 b) Etwa seit 2002 gab sich der Angeklagte – angeregt durch Filme mit
sadistischen Tötungsszenen – Tötungsphantasien hin; darin nahm er zunehmend
die Täterrolle ein. Die Vorstellung, einen anderen Menschen zu
töten, bereitete ihm Vergnügen, weswegen er sich entschloss, dies in die Tat
umzusetzen. Er plante, sich zunächst ein Kind als Opfer auszuwählen, da
ihm dieses weniger Widerstand leisten würde.
6 In der Nacht zum 27. August 2005 konsumierte der Angeklagte Alkohol
, Amphetamine und Marihuana, auch schlief er nicht. Er war verstimmt, da
ihn das Verhalten seiner Freundin eifersüchtig gemacht hatte, versöhnte sich
aber mit ihr noch am Vormittag. Danach traf er auf einem Spielplatz unweit
seines Wohnortes auf den ihm bekannten sieben Jahre alten Nachbarjungen
C. . Da der Junge allein war, beschloss der Angeklagte, seine Tötungsphantasien
mit ihm als Opfer umzusetzen, was ihn in Erregung versetzte.
Er lockte C. zu einem in der Nähe gelegenen Gelände, welches mit
Bäumen bewachsen und daher kaum einsehbar war. C. ging vertrauensvoll
mit. ... [Dort tötete er C., was im Beschluss näher ausgeführt wird.]
7 Die sachverständig beratene Jugendkammer konnte nicht ausschließen
, aber auch nicht sicher feststellen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten
bei beiden Taten erheblich vermindert war. Hierzu hat sie bei der
gefährlichen Körperverletzung auf die Wirkung des Alkoholkonsums im Zusammenspiel
mit einer Impulskontrollstörung, bei der Tötung des siebenjährigen
Kindes auf die von Übermüdung sowie einer akuten Drogen- und Alkoholintoxikation
bestimmte psychische Verfassung in Verbindung mit einer
nachlassenden Eifersuchtsreaktion abgestellt.
8 2. Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.
9 a) Zwar beanstandet die Revision zu Recht, dass den in der Hauptverhandlung
anwesenden erziehungsberechtigten Großeltern des Angeklagten
vor Urteilsverkündung am 13. Juni 2006 – nach Wiedereintritt in die Beweisaufnahme
das letzte Wort nicht, wie erforderlich, ausdrücklich gewährt worden ist. Jedoch
kann der Senat ein Beruhen des Urteils auf diesem Verfahrensfehler
verneinen. Die gebotene Auslegung des freilich ungeschickt und nachlässig
gefassten Protokolls ergibt eben noch ausreichend (vgl. BGHSt 13, 53, 59;
BGH NStZ 2005, 280; BGH, Urteil vom 30. März 2004 – 5 StR 410/03), dass
den Erziehungsberechtigten am vorangegangenen Sitzungstag das letzte
Wort gewährt worden war, sie jedoch davon keinen Gebrauch gemacht hatten.
Angesichts dieses Umstands ist auszuschließen, dass die Großeltern
nach zwischenzeitlich erfolgter nur kurzer Beweisaufnahme und Verhandlung
ohne den Verfahrensverstoß von ihrem ihnen bereits bekannten Recht
Gebrauch gemacht und – abweichend von ihrem Verhalten im gesamten vorangegangenen
Verfahren – etwas ausgeführt hätten, was Schuld- oder
Strafausspruch zu Gunsten des Angeklagten beeinflusst hätte.
10 b) Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs greift nicht durch. Zwar
enthalten die Urteilsausführungen zur Bemessung der Jugendstrafe eine wegen
des nicht erfolgten Hinweises auf die mögliche Verwertung bedenklich
formulierte Bezugnahme auf einen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellten
Anklagevorwurf. Indes ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass dem Angeklagten
nicht dieser eingestellte Vorwurf oder Umstände desselben zur
Last gelegt worden sind. Vielmehr hat die Strafkammer im Rahmen der Gewichtung
der Schwere der Schuld gewürdigt, dass sich der Tatanreiz nicht für
den Angeklagten überraschend ergeben hat. Dies wiederum hat sie mit seiner
Einlassung zur ausgeurteilten Tat und ihrer Vorgeschichte – Tötungsphantasien
, gedankliche Planung der Tötung eines Menschen – begründet
und dabei lediglich in überflüssiger, letztlich aber unschädlicher Weise, im
Wesentlichen ergänzend erläuternd, auf den eingestellten Vorwurf verwiesen.
Das schulderschwerend gewertete, vom Angeklagten eingestandene
Element ist hiervon unabhängig. Ein Beruhen der Straffindung auf dem geltend
gemachten Verstoß scheidet angesichts des gegebenen Zusammenhangs
jedenfalls aus.
11 3. Auch die Sachrüge dringt nicht durch.
12 a) Das Tatgericht hat die Tötung des siebenjährigen Jungen zu Recht
als Mord gewürdigt. Die Feststellungen tragen die Annahme, dass der Angeklagte
heimtückisch und aus Mordlust gehandelt hat. Entgegen der Ansicht
der Revision schließt der festgestellte psychische Zustand des Angeklagten
nicht die Annahme des Mordmerkmals „aus Mordlust“ aus. Der Angeklagte
handelte mit direktem Tötungsvorsatz allein aus Freude an der Vernichtung
eines Menschenlebens, weder lag in der Person des Opfers oder in der besonderen
Tatsituation ein anderer Anlass für die Tatbegehung vor, noch war
mit der Tötung ein darüber hinausgehender Zweck verbunden. Die Voraussetzungen
des Mordmerkmals der Mordlust werden durch gegebene triebhafte
oder gefühlsmäßige Regungen nicht in Frage gestellt (vgl. BGHR StGB
§ 211 Abs. 2 Mordlust 1; Schneider in MüKo-StGB § 211 Rdn. 51).
13 b) Der Senat nimmt die Beurteilung der Schuldfähigkeit durch die Jugendkammer
hin. Der Ausschluss von Schuldunfähigkeit und die – wenngleich
teils schwer nachvollziehbar begründete – Zubilligung der Voraussetzungen
des § 21 StGB sind im Ergebnis ersichtlich zutreffend. Allerdings
vermag die – freilich im Einklang mit der Beurteilung durch den psychiatrischen
Sachverständigen stehende – Verneinung der Voraussetzungen einer
schweren anderen seelischen Abartigkeit des Angeklagten bei dem Tatbild
und sämtlichen festgestellten Begleitumständen des Mordes nicht zu überzeugen.
Eine insoweit abweichende Beurteilung, die naheläge, würde indes
ersichtlich auch nur zur Anwendung des § 21 StGB führen und den Strafausspruch
für sich nicht in Frage stellen. Durchgreifenden Anlass, maßgeblich
nur die Frage einer möglichen Unterbringung des Angeklagten im psychiatrischen
Krankenhaus nochmals tatgerichtlicher Prüfung zu unterstellen, sieht
der Senat unter Berücksichtigung der bisherigen Untersuchungsergebnisse
des Sachverständigen auf die Revision des Angeklagten hin nicht.
14 c) Die Jugendkammer hat die Grundlagen für die Verhängung von Jugendstrafe
– in der Tat zum Ausdruck gekommene schädliche Neigungen
und die Schwere der Schuld des Angeklagten – rechtsfehlerfrei angenommen.
Auch die Bemessung der Jugendstrafe hält revisionsgerichtlicher Prüfung
stand.
15 aa) Die Strafzumessungserwägungen weisen aus, dass die Jugendkammer
bei der Verhängung der Höchststrafe in erster Linie auf die für die
Beurteilung der Schuld entscheidenden Gesichtspunkte abgestellt hat. Dies
begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere liegt hierin kein
Verstoß gegen § 18 Abs. 2 JGG, wonach die Jugendstrafe so zu bemessen
ist, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
16 Denn dies bedeutet nicht, dass die Erziehungswirksamkeit als einziger
Gesichtspunkt bei der Strafzumessung heranzuziehen ist. So ist die Verhängung
einer Strafe im oberen Bereich des gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 JGG eröffneten
Strafrahmens – wovon die Jugendkammer hier selbst ausgegangen
ist – in aller Regel allein mit dem Erziehungsgedanken nicht mehr zu begründen
(BGHR JGG § 18 Abs. 2 Strafzwecke 1, 4, 5). Allerdings sind
daneben auch andere Strafzwecke, bei einem Kapitalverbrechen namentlich
das Erfordernis gerechten Schuldausgleichs, zu beachten. Schon deshalb
durfte die Jugendkammer die Verhängung der Höchststrafe hier maßgeblich
mit der „höchst schweren Schuld“ begründen und musste nicht näher darlegen
, dass erzieherische Zwecke gerade dieses Strafmaß erforderten (vgl.
BGH, Beschlüsse vom 4. Dezember 1996 – 3 StR 471/96 und 23. Oktober
1997 – 5 StR 486/97). Die strafmildernden Wirkungen des Geständnisses
, der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit und des überaus unglücklich
verlaufenen Werdeganges des Angeklagten standen bei der ganz
außergewöhnlichen Schwere der Taten, namentlich des Mordes, der Verhängung
der Höchststrafe nicht entgegen.
17 Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen hier zudem nicht
einmal in einem gravierenden Spannungsverhältnis. Die charakterliche Haltung
und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen
sind, erweisen sich für die Bewertung der Schuld als ebenso bedeutsam
wie für das Erziehungsbedürfnis (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 120). Die in den
Taten deutlich gewordenen tiefgreifenden Persönlichkeitsdefizite des Angeklagten
begründen offensichtlich allerhöchsten Therapie- und damit einhergehend
höchsten Erziehungsbedarf. Der Jugendstrafvollzug wird in außergewöhnlicher
Weise, naheliegend sehr mittel- und zeitaufwendig, gefordert
sein, wirksame therapeutische Maßnahmen zur Beeinflussung der schwer
gestörten Persönlichkeit des in massivster Weise sittlich verwahrlosten Angeklagten
zu finden und anzuwenden.
18 bb) Eine unzulässige Doppelverwertung liegt nicht vor; § 46 Abs. 3
StGB ist bei der Bemessung von Jugendstrafe nicht anwendbar (vgl. BGH
NStZ-RR 1997, 21, 22; Brunner/Dölling, JGG 11. Aufl. § 18 Rdn. 8 m.w.N.).
Einer ausdrücklichen Erörterung der erzieherischen Wirkung der bereits vollzogenen
Untersuchungshaft auf den Angeklagten, der bisher lediglich einen
fast vierwöchigen Dauerarrest verbüßt hatte, bedurfte es angesichts der tiefgreifenden
Persönlichkeitsdefizite nicht.
19 4. Über die nicht nachvollziehbare Ablehnung der beantragten Einziehungsentscheidung
hatte der Senat nicht zu befinden.
Basdorf Häger Gerhardt
Raum Jäger
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Lastenausgleichsgesetz - LAG

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
8 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 16/04/2007 00:00

5 StR 335/06 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 16. April 2007 in der Strafsache gegen wegen Mordes u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2007 beschlossen : 1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
published on 30/03/2004 00:00

5 StR 410/03 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 30. März 2004 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. 5. wegen versuchten Mordes u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. März 2004, an der teilgenomme
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 27/11/2008 00:00

5 StR 526/08 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 27. November 2008 in der Strafsache gegen wegen Brandstiftung Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2008 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landg
published on 13/08/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 257/19 vom 13. August 2019 in der Strafsache gegen wegen Mordes ECLI:DE:BGH:2019:130819B5STR257.19.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschw
published on 16/04/2007 00:00

5 StR 335/06 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 16. April 2007 in der Strafsache gegen wegen Mordes u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2007 beschlossen : 1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
published on 04/07/2007 00:00

5 StR 221/07 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 4. Juli 2007 in der Strafsache gegen wegen Mordes Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juli 2007 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 1
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Soweit der Beschuldigte ein Recht darauf hat, gehört zu werden oder Fragen und Anträge zu stellen, steht dieses Recht auch den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern zu.

(2) Die Rechte der gesetzlichen Vertreter zur Wahl eines Verteidigers und zur Einlegung von Rechtsbehelfen stehen auch den Erziehungsberechtigten zu.

(3) Bei Untersuchungshandlungen, bei denen der Jugendliche ein Recht darauf hat, anwesend zu sein, namentlich bei seiner Vernehmung, ist den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern die Anwesenheit gestattet, soweit

1.
dies dem Wohl des Jugendlichen dient und
2.
ihre Anwesenheit das Strafverfahren nicht beeinträchtigt.
Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 sind in der Regel erfüllt, wenn keiner der in § 51 Absatz 2 genannten Ausschlussgründe und keine entsprechend § 177 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu behandelnde Missachtung einer zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnung vorliegt. Ist kein Erziehungsberechtigter und kein gesetzlicher Vertreter anwesend, weil diesen die Anwesenheit versagt wird oder weil binnen angemessener Frist kein Erziehungsberechtigter und kein gesetzlicher Vertreter erreicht werden konnte, so ist einer anderen für den Schutz der Interessen des Jugendlichen geeigneten volljährigen Person die Anwesenheit zu gestatten, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 im Hinblick auf diese Person erfüllt sind.

(4) Das Jugendgericht kann die Rechte nach den Absätzen 1 bis 3 Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern entziehen, soweit sie verdächtig sind, an der Verfehlung des Beschuldigten beteiligt zu sein, oder soweit sie wegen einer Beteiligung verurteilt sind. Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 bei einem Erziehungsberechtigten oder einem gesetzlichen Vertreter vor, so kann der Richter die Entziehung gegen beide aussprechen, wenn ein Mißbrauch der Rechte zu befürchten ist. Stehen den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern ihre Rechte nicht mehr zu, so bestellt das Familiengericht einen Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten im anhängigen Strafverfahren. Die Hauptverhandlung wird bis zur Bestellung des Pflegers ausgesetzt.

(5) Sind mehrere erziehungsberechtigt, so kann jeder von ihnen die in diesem Gesetz bestimmten Rechte der Erziehungsberechtigten ausüben. In der Hauptverhandlung oder in einer sonstigen gerichtlichen Verhandlung werden abwesende Erziehungsberechtigte als durch anwesende vertreten angesehen. Sind Mitteilungen oder Ladungen vorgeschrieben, so genügt es, wenn sie an eine erziehungsberechtigte Person gerichtet werden.

(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.

(2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.

(3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.

(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.