Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2002 - 5 StR 188/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen (Einzelfreiheitsstrafen sieben Monate, acht Monate, ein Jahr und zweimal zehn Monate) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt, wobei die durch ein Urteil des Landgerichts Lübeck wegen Betruges in sechs Fällen verhängten Strafen (Einzelfreiheitsstrafen jeweils ein Jahr) unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten einbezogen worden sind. Die mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten ist zum Schuldspruch und zum Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafen unbe- gründet (§ 349 Abs. 2 StPO), führt indes zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe. Im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer und den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK hat das Landgericht bei der Bemessung der verhängten Einzelstrafen eine spezielle Strafzumessung vorgenommen und das Maß der zugebilligten Kompensation genau bestimmt. Bei der Bildung der Gesamt -strafe wird ausgeführt, es habe “nochmals ... insbesondere die lange Verfahrensdauer und den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK sowie den zeitlichen , tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang” berücksichtigt und “deshalb eine besonders enge Zusammenziehung der Einzelstrafen bei der Bildung der Gesamtstrafe” vorgenommen. Diese zutreffende Wertung hat jedoch keinen Eingang in das Ergebnis der Gesamtstrafenbildung gefunden. Es wird nicht erkennbar, worin die vom Landgericht beabsichtigte besonders enge Zusammenziehung der Einzelfreiheitsstrafen besteht und ob es den engen Zusammenhang der Taten bedacht hat, der in der einbezogenen Sache bestand und zu einer straffen Zusammenziehung der dortigen Einzelfreiheitsstrafen geführt hatte.
Dies führt zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe. Die Feststellungen können insgesamt bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, daß bei einer gegen Art. 6 Abs. 1 MRK verstoßenden Verfahrensverzögerung auch bei Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe regelmäßig eine spezielle Strafzumessung erforderlich ist, in der das Maß der hierfür zugebilligten Kompensation genau bestimmt wird (vgl. BGHSt 45, 308, 309; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13; jeweils m. w. N.; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 2002 – 5 StR 201/02, 5 StR 203/02 und 5 StR 237/02).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.