Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2007 - 4 StR 576/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Diebstahl schuldig ist,
b) im Rechtsfolgenausspruch, auch soweit eine Entscheidung nach § 64 StGB unterblieben ist, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tatmehrheit mit Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel er- sichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Schuldspruch bedarf der Änderung, weil die Strafkammer das Konkurrenzverhältnis zwischen der schweren räuberischen Erpressung und dem Diebstahl unrichtig beurteilt und insoweit Tatmehrheit angenommen hat.
- 3
- Zwar sind mehrere natürliche Handlungen grundsätzlich auch mehrere Taten im Rechtssinne. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn mehrere an sich selbständige Betätigungen zeitlich, räumlich und situativ derart miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise eine einheitliche Handlung bilden. Unter diesen Umständen ist von einer Tat im Rechtssinne auszugehen (BGHR StGB vor § 1/natürliche Handlungseinheit, Entschluss einheitlicher 13). So verhält es sich hier. Die Wegnahme des Mobiltelefons erfolgte bei Gelegenheit der zwar vollendeten, aber noch nicht beendeten schweren räuberischen Erpressung zum Nachteil desselben Tatopfers.
- 4
- Der Senat kann den Schuldspruch umstellen, da auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte gegen das geänderte Konkurrenzverhältnis anders als geschehen hätte verteidigen können.
- 5
- 2. Mit der Schuldspruchänderung entfallen die von der Strafkammer festgesetzten Einzelstrafen (vier Jahre sowie sechs Monate Freiheitsstrafe). Die Festsetzung der vom Landgericht als angemessen erachteten Gesamtstrafe oder der höheren Einzelstrafe als Strafe für das einheitliche Delikt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO kommt hier nicht in Betracht, da die vom Landgericht vorgenommene Strafzumessung nicht frei von Rechtsfehlern ist (vgl. nachstehend a). Darüber hinaus hätte sich das Landgericht ange- sichts der getroffenen Feststellungen zur Prüfung der Frage, ob eine Maßregel nach § 64 StGB anzuordnen ist, veranlasst sehen müssen (vgl. nachstehend b). Der Rechtsfolgenausspruch unterliegt deshalb insgesamt der Aufhebung.
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- a) Soweit das Landgericht bei Bemessung der Einzelstrafen maßgeblich zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er "zur Tatzeit wegen nicht weniger als vier Verurteilungen ... unter laufender Bewährung ... stand", hat es, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, übersehen, dass die Verurteilung durch das Amtsgericht St. Ingbert vom 19. September 2006 nach der verfahrensgegenständlichen Tat vom 28. August 2006 ergangen ist. Der Senat kann in Anbetracht der Höhe der verhängten Strafen nicht ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe ausgewirkt hat. Die Strafe ist deshalb für das einheitliche Delikt neu zuzumessen. Der neue Tatrichter wird auch zu berücksichtigen haben, dass die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert vom 19. September 2006 gesamtstrafenfähig (§ 55 StGB) ist.
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- b) Nach den Feststellungen konsumiert der vielfach wegen Gewalt- und Eigentumsdelikten vorbestrafte Angeklagte seit vielen Jahren regelmäßig Heroin. Die verfahrensgegenständliche Tat spielte im Drogenmilieu. Der Angeklagte hatte sich vor Tatbeginn nicht ausschließbar Heroin gespritzt und wies im Tatzeitpunkt überdies eine Blutalkoholkonzentration von 2,48 ‰ auf. Er hatte bei seiner kurz nach der Tat erfolgten Festnahme deutliche Ausfallerscheinungen. Deshalb hat das Landgericht nicht auszuschließen vermocht, dass er die Tat im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen hat.
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- In Anbetracht dieser Umstände hätte der Tatrichter - gemäß § 246 a StPO unter Hinzuziehung eines Sachverständigen - über die Frage einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB (n.F.) befinden müssen. Zwar muss nach der Neuregelung des § 64 StGB die Maßregel nicht mehr zwingend angeordnet werden. Gleichwohl soll auch weiterhin, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen, nur in besonderen Ausnahmefällen von der Unterbringung abgesehen werden (BTDrucks. 16/5137, S. 10, 16/1344, S. 12). Ein solcher liegt hier nach den bisherigen Feststellungen nicht vor. Die Urteilsgründe lassen trotz einer im Rahmen eines früheren Maßregelvollzugs gescheiterten Therapie auch nicht erkennen, dass bei dem Angeklagten die erforderliche hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 Satz 2 StGB n.F.) nicht besteht. Vielmehr hat sich der Angeklagte im September 2006 aus eigenem Antrieb um die Aufnahme in einer Therapieeinrichtung bemüht, was auf eine bei ihm vorhandene Therapiebereitschaft hinweist.
- 9
- Der Anordnung einer Unterbringung nach § 64 StGB (n.F.) steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Nichtanordnung der Maßregel hat der Beschwerdeführer auch nicht von seinem Revisionsangriff ausgenommen.
Ernemann Sost-Scheible
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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.