Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 4 StR 551/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat :
Zwar ergibt sich die Verhältnismäßigkeit der erneuten Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB gegen den Angeklagten, der sich – unterbrochen von Zeiten der Strafvollstreckung – bereits seit 2003 im Maßregelvollzug befindet, entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht schon aus der Dauer des bisherigen Maßregelvollzugs und der fortbestehenden Gefährlichkeit des Angeklagten; denn seiner fortbestehenden Gefährlichkeit wird bereits durch die bestehende Unterbringung Rechnung getragen.
Vorliegend war die neuerliche Anordnung der Maßregel aber deshalb geboten, um zu gewährleisten, dass der Maßregelvollzug gemäß § 67 Abs. 4 StGB auf die zugleich gegen den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 3 StR 329/14, StV 2015, 217, 218; Beschlüsse vom 24. März 2015 – 1 StR 39/15, StV 2016, 733, 734; vom 17. Juli 2012 – 4 StR 179/12, StraFo 2012, 369; vom 14. Juli 2005 – 3 StR 216/05, BGHSt 50, 199, 202).
Eine andere Beurteilung ist hier auch nicht aufgrund der am 1. August 2016 in Kraft getretenen Vorschrift des § 67 Abs. 6 StGB veranlasst. Zwar ermöglicht diese Vorschrift in Fällen, in denen der Vollzug der Strafe für den Verurteilten eine unbillige Härte wäre, eine Anrechnung des Maßregelvollzugs auf eine verfahrensfremde Strafe.
Gemäß § 67 Abs. 6 Satz 3 StGB ist eine solche Anrechnung jedoch in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrundeliegende Tat nach Anordnung der Maßregel begangen wurde; ein solcher Fall ist hier gegeben, da die Maßregel im Jahr 2003 angeordnet wurde und die sechs verfahrensgegenständlichen Straftaten zwischen Oktober 2016 und August 2017 begangen wurden.
Quentin Roggenbuck Bender
Ri'inBGH Dr. Bartel ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Feilcke Quentin
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Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.