Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Dez. 2002 - 4 StR 462/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten - ohne Strafaussetzung zur Bewährung - verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 7. November 2002 ausgeführt:
"1. Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen schwerer Brandstiftung gemäß § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht.
Ein Kellerraum in einem Wohngebäude kann Tatobjekt des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Alternative des Inbrandsetzens sein, wenn das Feuer wesentliche Gebäudeteile
erfaßt hat oder es sich - zum Beispiel von der Holzverlattung einer Tür oder Trennwand aus - auf Gebäudeteile ausbreiten kann, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, also das Wohnen, wesentlich sind (BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02). Holzwände, die einzelne Kellerabteile abtrennen, stellen keine wesentlichen Teile eines Wohngebäudes dar (vgl. BGH NJW 1999, 299). Ihr Inbrandsetzen erfüllt daher den äußeren Tatbestand des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB nur, wenn das Feuer auf wesentliche Gebäudeteile, die zu Wohnzwecken dienen, übergreifen konnte. Dies ist hier nicht festgestellt. Der Brand, den der Angeklagte durch das Anzünden von Hausrat entfacht hatte, hat lediglich auf 'die Holztrennwände der Kellerverschläge' (UA S. 8) übergegriffen. Damit ist ein vollendetes Inbrandsetzen des Wohngebäudes nicht belegt. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung, wobei auch die subjektive Tatseite aufzuklären ist.
2. Ausgehend von einem vollendeten Delikt hätte es sich nach dem festgestellten Sachverhalt aufgedrängt, die Vorschrift der tätigen Reue gemäß § 306 e StGB zu prüfen [vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02]. Denn der Angeklagte hat entweder durch einen eigenen Anruf oder zumindest durch die Warnung der Nachbarn die Alarmierung der Feuerwehr veranlaßt, die den Brand im Keller gelöscht hat (UA S. 9). Eigenhändiges Löschen ist nicht gefordert. Vielmehr darf sich ein Angeklagter der Hilfe Dritter wie zum Beispiel der Feuerwehr bedienen (BGH StV 1997, 518). Sollten sich in der neuen Verhandlung die Feststellungen insoweit nicht ändern, allerdings lediglich ein Versuch der schweren Brandstiftung vorliegen, wären die Voraussetzungen des strafbefreienden Rücktritts (§ 24 StGB) zu prüfen.
3. Rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme einer negativen Sozialprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) mit der Begründung , der Angeklagte sei ein wiederholter Bewährungsversager , der sich durch Bewährungsaufsicht nicht beeindrucken lasse. Dies steht mit den getroffenen Fest-
stellungen nicht in Einklang. Der Angeklagte ist letztmals mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 3. Dezember 1981, also vor zwanzig Jahren, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hat diese Strafe nicht voll verbüßen müssen, weil ihm ein Strafrest nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist (UA S. 6).
4. Eine Aussetzung der Maßregel kam, was die Revision - und auch die Strafkammer - übersieht, im Hinblick auf die versagte Strafaussetzung zur Bewährung gesetzlich nicht in Betracht (§ 67 b Abs. 1 Satz 2 StGB). Sollte allerdings der neue Tatrichter die Voraussetzungen einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ebenfalls bejahen und die Aussetzung der Maßnahme zur Bewährung zulässig sein, könnte eine - insbesondere schon erfolgreich laufende - Betreuung einen besonderen Umstand im Sinn des § 67 b Abs. 1 Satz 1 StGB darstellen."
Dem stimmt der Senat mit dem Hinweis zu, daß - wie die Revision zu Recht beanstandet - die bisherigen Feststellungen nicht nachprüfbar belegen, daß beim Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung solchen Ausmaßes vorliegt, daß zur Tatzeit die Voraussetzungen des § 21 StGB sicher gegeben waren und daß die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) erforderlich ist (vgl. hierzu BGHSt 37, 397 ff.; Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 20 Rdn. 40 ff., 65 ff.; § 63 Rdn. 4, 6 ff.). Zur Prognosebeurteilung
kann es sich möglicherweise empfehlen, das nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellte Verfahren wieder aufzunehmen.
Tepperwien Kuckein Athing
Sost-Scheible
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.