Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Nov. 2015 - 4 StR 403/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagte J. wegen Untreue in 34 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten Ja. hat es wegen Beihilfe zur Untreue in 13 tateinheitlichen Fällen zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Ferner hat es „festgestellt, dass wegen eines Geldbetrags in Höhe von 3.943.855,66 Euro, den die Angeklagte aus den Taten erlangt hat, und wegen eines Geldbetrags in Höhe von 1.122.147,40 Euro, den der Angeklagte aus der Tat erlangt hat, abzüglich am 13.06.2014 gezahlter 11.250 Euro, am 31.07.2014 gezahlter 80.000 Euro sowie am 25.08.2014 gezahlter 18.625,05 Euro, von der Anordnung von Wertersatzverfall nur deshalb abgesehen wird, weil Ansprüche von Verletzten entgegen- stehen“. Hiergegen richten sich die mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründeten Revisionen der Beschwerdeführer. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die jeweils nur allgemein erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
- 3
- 2. Die Schuld- und Strafaussprüche halten der materiell-rechtlichen Überprüfung stand, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
- 4
- 3. Keinen Bestand haben jedoch die vorzitierten Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO.
- 5
- Die Wirtschaftsstrafkammer hat die Summe des von den beiden Angeklagten jeweils Erlangten durch eine Addition der verursachten Vermögensschäden ermittelt und die so errechneten Summen als die Beträge bezeichnet, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen. Auch im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung hat der Tatrichter indes die Regelung des § 73c Abs. 1 StGB zu beachten (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 50; Beschlüsse vom 29. Februar 2012 – 2 StR 639/11, wistra 2012, 264, 265, vom 17. Juli 2013 – 4 StR 208/13, wistra 2013, 386, und vom 27. Februar 2014 – 4 StR 498/13). Deren Prüfung ist hier rechtsfehlerhaft unterblieben. Dafür, dass die Voraussetzungen des § 73c StGB im vorliegenden Fall nicht zu erörtern gewesen wären, bieten die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten keinen Anhalt.
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- 4. Der neue Tatrichter wird die Vermögensverhältnisse der Angeklagten im Zeitpunkt seiner Entscheidung festzustellen haben. Daran anknüpfend wird sich das Landgericht mit den weiteren Voraussetzungen für die Anwendung des § 73c Abs. 1 StGB auseinanderzusetzen haben (vgl. zur Systematik des § 73c Abs. 1 StGB BGH, Urteile vom 26. März 2009 – 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, und vom 26. März 2015 – 4 StR 463/14, NStZ-RR 2015, 176; zur Frage einer unbilligen Härte nach Pfändung tätereigener Vermögensgegenstände BGH, Urteil vom 26. März 2015, aaO).
Mutzbauer Quentin
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(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.
(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.
(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.
(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.
(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.