Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2019 - 4 StR 383/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 11. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchter gefährlicher Körperverletzung, wegen gefährlicher Körperverletzung, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit einem Verstoß gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz , wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung, wegen Verstoßes gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz in Tateinheit mit Bedrohung, wegen Verstoßes gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz in zwei Fällen und wegen Bedrohung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, von der es drei Monate aufgrund überlanger Verfahrensdauer für bereits vollstreckt erklärt hat. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und die Verwaltungsbehörde angewiesen , ihm vor Ablauf von drei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
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- Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Während die Rüge der Verletzung formellen Rechts unausgeführt geblieben und damit nicht in zulässiger Weise erhoben ist, hat das Rechtsmittel mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die sachlich-rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Auch die Anordnung der Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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- 2. Das angefochtene Urteil hat jedoch keinen Bestand, soweit das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat.
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- a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung im Sinne der in § 20 StGB genannten Eingangs- merkmale schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war, und die Tatbegehung hierauf beruht. Der erforderliche symptomatische Zusammenhang besteht, wenn der festgestellte, für die Schuldfähigkeit bedeutsame Zustand des Täters für die Anlasstat kausal geworden ist, wobei Mitursächlichkeit genügt (BGH, Urteil vom 9. Mai 2017 – 1 StR 658/16, NStZ-RR 2017, 272, 273). Erforderlich ist stets die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 4. August 2016 – 4 StR 230/16, insofern nicht abgedruckt in NStZ 2016, 747 mwN).
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- b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
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- aa) Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte an einer schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, dissozialen, impulsiven und histrionischen Anteilen leidet. Im Hinblick auf den symptomatischen Zusammenhang hat es lediglich zusammenfassend festgestellt, die Persönlichkeitsstörung des Angeklagten habe „in allen Fällen“ zu einer Störung seines Realitätsbezuges geführt, wodurch er Grund und Ursache des Verhaltens anderer Personen verkannt und sich selbst als deren Opfer angesehen habe (UA S. 15). Auch in der Beweiswürdigung hat die Strafkammer – unter Bezugnahme auf die gehörten Sachverständigen – insoweit nur summarisch ausgeführt, die Taten seien Ausdruck der regelmissachtenden, ich-bezogenen, grenzüberschreitenden, impulsiven und auf die Anerkennung eigener Wünsche zentrierten Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten; seine Steuerungsfähigkeit sei hierdurch jeweils erheblich beeinträchtigt gewesen (UA S. 40).
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- bb) Damit ist der erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen der festgestellten Störung und den Anlasstaten nicht ausreichend dargetan. Dem angefochtenen Urteil kann auch unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe nicht entnommen werden, wie die festgestellte kombinierte Persönlichkeitsstörung in der jeweiligen konkreten Tatsituation auf den Angeklagten und seine Vorstellungswelt eingewirkt hat; auf eine solche situationsbezogene Erörterung der Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten unter dem Einfluss der psychischen Erkrankung zum Zeitpunkt der jeweiligen Taten kann jedoch nicht verzichtet werden.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.