Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Nov. 2014 - 3 StR 451/14

published on 11/11/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Nov. 2014 - 3 StR 451/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 5 1 / 1 4
vom
11. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. November 2014
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 2. Juni 2014 aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen verurteilt worden ist (Taten Ziff. II. 2. der Urteilsgründe); jedoch bleiben die insoweit getroffenen bisherigen Feststellungen aufrechterhalten,
b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Generalbundesanwalt hat seinen Antrag auf Aufhebung des Schuldspruchs zu den Taten Ziff. II. 2. der Urteilsgründe und des gesamten Strafausspruches wie folgt begründet: "Ein durchgreifender Rechtsfehler liegt jedenfalls darin, dass die Strafkammer keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Gaspistole geladen war oder zumindest geeignete Munition griffbereit oder in Reichweite so zur Verfügung stand, dass die Waffe unschwer und ohne erheblichen Zeitverlust geladen werden konnte (BGH StV 2003, 80; NStZ-RR 2004, 169; StV 2003, 80; Weber BtMG 4. Aufl. § 30a Rdn. 99; Körner/Patzak BtMG 7. Aufl. § 30a Rdn. 64, jew. mwN). Die Urteilsgründe weisen auch nicht auf, dass es sich bei der Gaspistole um einen sonstigen Gegenstand im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG handelte. Der Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung der Feststellungen über die Funktionsweise der Gaspistole, ihren Ladezustand sowie die Frage des Vorhandenseins von Munition im vorbezeichneten Sinne. Die übrigen Feststellungen zum Schuldspruch sind von dem Rechtsfehler nicht berührt und können daher bestehen bleiben. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand. In den vier Fällen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln folgt dies auch aus der Aufhebung des Schuldspruchs. Auch die Einzelstrafen für die fünf Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterliegen der Aufhebung. Das Landgericht hat nicht geprüft, ob in diesen Fällen ebenfalls eine Strafmilderung nach §§ 31 BtMG, 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt. Der Tatbegriff des § 31 Nr. 1 BtMG ist nicht identisch mit dem des § 264 StPO, sondern ein weitergehender, eigenständiger , der den besonderen Erfordernissen der Aufklärungshilfe gerecht wird (BGH NStZ-RR 2011, 57; Weber aaO § 31 Rdn. 40 mwN). Ausreichend ist, wenn die aufgeklärten Taten mit der eigenen strafbaren Tätigkeit des Aufklärungsgehilfen im Zusammenhang stehen (Weber aaO Rdn. 42 mwN aus der Rspr.; ebenso § 31 BtMG a.F.). Ein solcher Zusammenhang kommt ausweislich der Urteilsgründe auch mit den fünf Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Betracht. Danach hat der Angeklagte auch Angaben zu zahlreichen seiner Abnehmer gemacht, die zur Einleitung von rund 80 Ermittlungsverfahren geführt haben (UA S. 5, 7). Überdies weisen die Feststellungen zu diesen Taten den Namen und den Wohnort des Abnehmers aus (UA S. 4), was zusätzlich einen Zusammenhang im Sinne des § 31 Nr. 1 BtMG nahe legt."
3
Dem schließt sich der Senat an. Ergänzend bemerkt er:
4
Dass den Urteilsausführungen nicht unmittelbar entnommen werden kann, ob bei der aufgefundenen Gaspistole der Explosionsdruck konstruktionsbedingt nach vorn austritt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1999 - 4 StR 380/98, BGHSt 45, 92, 93; Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 2/02, BGHSt 48, 197; Beschluss vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, NStZ 2010, 390), hätte für sich der Revision noch nicht zum Erfolg verholfen. Nach den Feststellungen befand sich in der Wohnung des Angeklagten, in der er Betäubungsmittel in nicht geringer Menge zum gewinnbringenden Weiterverkauf lagerte und portionierte , griffbereit eine Gaspistole der Marke Umarex/Beretta Px4 Storm. Aus dieser konkreten Typenbezeichnung ergibt sich die Bauweise der Pistole mit Mündung nach vorne; denn die Typenbezeichnung ermöglicht es dem Revisionsgericht , die Bauweise aus einer jedermann zugänglichen Quelle (Internet) im Sinne der Allgemeinkundigkeit zuverlässig festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - 3 StR 57/11, NStZ 2011, 702; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 337 Rn. 25 i.V.m. § 244 Rn. 51 je mwN).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.