Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2010 - 3 StR 17/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen, wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen Verabredung einer schweren räuberischen Erpressung, den Angeklagten F. wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fäl- len, wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen Verabredung einer schweren räuberischen Erpressung sowie den Angeklagten Me. wegen schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen, wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
- 2
- Die Angeklagte Me. hat es wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat; eine Digitalkamera und ein Mobiltelefon dieser Angeklagten hat es eingezogen.
- 3
- Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass der Anordnung des Verfalls von 365.050 € betreffend den Angeklagten M. , 345.050 € betreffend den Angeklagten F. , 339.000 € betreffend den Angeklagten Me. und 30.000 € betreffend die Angeklagte Me. lediglich Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
- 4
- Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 5
- 1. Die Schuldsprüche wegen schwerer räuberischer Erpressung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung, Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung und Verabredung einer schweren räuberischen Erpressung halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die vom Landgericht jeweils angenommene Qualifizierung der Taten wegen der Verwendung einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) - die zu deren rechtlicher Te- norierung als "besonders schwer" hätte führen müssen (BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4) - wird von den Feststellungen nicht getragen.
- 6
- Zutreffend geht das Landgericht zwar davon aus, dass der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB kein Durchladen der verwendeten Schusswaffe erfordert, sondern deren Unterladung durch Einfügen des bestückten Magazins genügt. Bedroht der Täter bei einer Raubtat das Opfer mit einer - geladenen oder unterladenen - Schreckschusswaffe, erfüllt er den Qualifikationstatbestand indes nur dann, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Kartuschenmunition nach vorne durch den Lauf austritt (vgl. BGHSt 48, 197). Dies hat das Landgericht nicht festgestellt; Feststellungen hierzu waren auch nicht entbehrlich, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne kann nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Der neue Tatrichter wird deshalb zur Bauart der Waffen ergänzende Feststellungen zu treffen haben.
- 7
- Die sonstigen bisherigen Feststellungen sind in den Fällen II. 1. bis 6. der Urteilsgründe insgesamt rechtsfehlerfrei und können daher bestehen bleiben (§ 352 Abs. 2 StPO). Gleiches gilt hinsichtlich der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall II. 8. der Urteilsgründe. Jedoch hat sich das Landgericht insoweit nicht mit den Einlassungen der Angeklagten M. und F. auseinandergesetzt , sie hätten es für nicht strafbar gehalten, am Telefon die Durchführung eines Banküberfalls zu vereinbaren. Ob diese Angaben glaubhaft sind, sich die beiden Angeklagten aufgrund dessen in einem Verbotsirrtum befanden, dieser vermeidbar und gegebenenfalls von der Möglichkeit der Strafmilderung nach § 17 Satz 2 StGB Gebrauch zu machen war, hat das Landgericht nicht erörtert. Daher hat der Senat in diesem Fall die Feststellungen zur subjektiven Tatseite insgesamt aufgehoben.
- 8
- 2. Mit der Aufhebung der Verurteilung in den genannten Fällen kommen die insoweit für die jeweils beteiligten Angeklagten festgesetzten Einzelstrafen sowie die unter deren Einbeziehung gebildeten Gesamtfreiheitsstrafen in Wegfall. Gleiches gilt für die Einziehungsanordnung sowie die Feststellung, dass die Anordnung des Verfalls in je unterschiedlicher Höhe wegen Ersatzansprüchen der Geschädigten ausgeschlossen ist. Insoweit sieht der Senat für das weitere Verfahren Anlass zu folgenden Hinweisen:
- 9
- a) Die Einziehung der Digitalkamera und des Mobiltelefons der Angeklagten Me. ist schon für sich rechtsfehlerhaft. Die Kamera stellte sie dem Angeklagten M. im Falle II. 8. der Urteilsgründe zur Ausspähung möglicher Tatobjekte zur Verfügung. Da die Angeklagte an der Verabredung des Überfalls (§ 30 Abs. 2 StGB) nicht als Täterin beteiligt war und Beihilfe hierzu nicht leisten konnte (Fischer, StGB 57. Aufl. § 30 Rdn. 14), kommt lediglich eine Dritteinziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht, deren Voraussetzungen nicht festgestellt sind. Eine Verwendung des Mobiltelefons der Angeklagten Me. wird nicht ersichtlich.
- 10
- b) Die Feststellung der Geldbeträge, hinsichtlich deren das Landgericht nur wegen des Bestehens von Ansprüchen Verletzter von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen hat (§ 111 i Abs. 2 Sätze 1 und 3 StPO), lässt besorgen, dass sie sich nicht auf den Wert des von den Angeklagten jeweils im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangten beschränkt. Bei mehreren Beteiligten an einer Tat ist entscheidend, was der einzelne Beteiligte selbst tatsächlich erlangt hat. Zwar reicht es aus, dass er die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt an dem Vermögensgegenstand erlangt, jedoch kann ihm nach § 73 StGB nicht darüber hinaus auch das zugerechnet werden, was ausschließlich von einem anderen Tatbeteiligten erlangt ist (Fischer aaO § 73 Rdn. 16 m. w. N.). Jedenfalls die Angeklagten Me. , denen die Angeklagten M. und F. nur nachträglich ihre Anteile ausbezahlten, hatten keine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt an der gesamten jeweils erzielten Tatbeute; gleichwohl hat das Landgericht sie ihnen zugerechnet.
- 11
- Die Angeklagten sind hierdurch auch beschwert, denn der nach § 111 i Abs. 2 StPO festgestellte Betrag bestimmt den gegen sie gerichteten, aufschiebend bedingten Zahlungsanspruch des Staates (§ 111 i Abs. 5 Satz 1 StPO). Zu Recht hat das Landgericht deshalb auch die Beute aus der Tat II. 1. der Urteilsgründe , begangen vor Inkrafttreten der Neufassung von § 111 i StPO am 1. Januar 2007 (Gesetz vom 24. Oktober 2006; BGBI I 2350), nicht in seine Berechnung einbezogen (vgl. BGH NJW 2008, 1093; wistra 2008, 193; 2009, 241; NStZ-RR 2009, 56, 113).
- 12
- Vermögensgegenstände, in die Verletzte die Zwangsvollstreckung betreiben (können), müssen im Urteil nicht bezeichnet werden (vgl. § 111 i Abs. 3 StPO).
- 13
- 3. Rechtsfehlerfrei ist die Verurteilung des Angeklagten Me. im Fall II. 7. der Urteilsgründe wegen versuchter Nötigung. Auch die insoweit festgesetzte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten kann bestehen bleiben; der Senat vermag auszuschließen, dass die Höhe dieser Strafe durch die übrigen gegen diesen Angeklagten verhängten Einzelstrafen beeinflusst ist.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.
(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind.
(2) Eine weitere Begründung der Revisionsanträge als die in § 344 Abs. 2 vorgeschriebene ist nicht erforderlich und, wenn sie unrichtig ist, unschädlich.
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.
(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.
(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat