Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2016 - 3 StR 428/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 5. April 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.
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- 1. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung die ihm zur Last gelegte Tat eingeräumt, jedoch - erstmals - angegeben, er habe das Kokain in den Niederlanden zusammen mit dem Mitangeklagten Ö. , der auch zunächst das für den Kauf notwendige Geld gestellt habe, erworben und über die Grenze in die Bundesrepublik Deutschland transportiert; hier hätten die Drogen hälftig geteilt werden sollen. Der Mitangeklagte hat seine Beteiligung an der Tat bestritten. Das Landgericht hat ihn freigesprochen und insoweit von Ausführungen zur Beweiswürdigung abgesehen, weil für den Angeklagten bei der Strafzumessung kein positiver Effekt durch die von ihm behauptete Beteiligung des Mitangeklagten eintreten würde. Vielmehr wäre eine gemeinschaftliche Begehung sowie die Mitwirkung daran, dem Mitangeklagten Kokain zu dessen Eigenkonsum zu verschaffen, strafschärfend zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen.
- 4
- 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht bedacht und in die Abwägung mit den von ihm aufgeführten Strafschärfungsgründen eingestellt, dass eine erfolgreiche Aufklärungshilfe oder auch nur ein ernsthaftes Aufklärungsbemühen auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 31 BtMG, § 46b Abs. 1 StGB ein bestimmender Strafmilderungsgrund sein kann (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 3 StR 513/15, juris Rn. 3 mwN; Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 75/11, BGHSt 56, 191, 193). Ungeachtet der Frage, ob in diesem Zusammenhang der Zweifelssatz anwendbar ist, soweit über das Vorliegen eines Aufklärungserfolgs zu befinden ist (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 5. August 2010 - 3 StR 271/10, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 27), ist der Angeklagte schon deshalb durch das Vorgehen der Strafkammer beschwert, weil sich angesichts der vollständig fehlenden Beweiswürdigung hierzu nicht nachvollziehen lässt, ob deren Zweifel an der Mittäterschaft des Mitangeklagten auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruhen.
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- Überdies erweist sich die Wertung der Strafkammer, ein mittäterschaftliches Handeln mit dem Angeklagten Ö. sei strafschärfend zu berücksichtigen , in ihrer Pauschalität als nicht tragfähig. Beteiligen sich mehrere Personen an einer Straftat, kann dies zwar unter Umständen eine erhöhte Strafwürdigkeit begründen (vgl. LK/Theune, StGB, 12. Aufl., § 46 Rn. 141; MüKoStGB/Miebach, 2. Aufl., § 46 Rn. 92). Gleichwohl besagt allein der Umstand mittäterschaftlichen Handelns noch nichts über das Maß der Tatschuld des einzelnen Beteiligten. Dass der Täter mit anderen Tatgenossen zusammengewirkt hat, kann im Einzelfall seinen Tatbeitrag sogar in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - 3 StR 281/93, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 25; Beschluss vom 12. September 2013 - 2 StR 226/13, BGHR § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 39; SSWStGB /Eschelbach, 2. Aufl., § 46 Rn. 80). Die strafschärfende Berücksichtigung der mittäterschaftlichen Tatbeteiligung selbst, ohne - wie hier - die konkreten Umstände der Tatbeteiligung in den Blick zu nehmen, verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (BGH, Beschluss vom 7. September 2015 - 2 StR 124/15, NStZ-RR 2016, 74).
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- 3. Der Strafausspruch bedarf damit neuer Verhandlung und Entscheidung. Um dem neuen Tatgericht insoweit eine widerspruchsfreie Beurteilung zu ermöglichen, hat der Senat die zugehörigen Feststellungen insgesamt aufgehoben.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie - 2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.
(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.