Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Nov. 2017 - 3 StR 410/17

ECLI: ECLI:DE:BGH:2017:021117B3STR410.17.0
published on 02/11/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Nov. 2017 - 3 StR 410/17
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 410/17
vom
2. November 2017
in dem Sicherungsverfahren
gegen
ECLI:DE:BGH:2017:021117B3STR410.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 2. November 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 16. Mai 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und bei ihm sichergestellte Waffen und Munition eingezogen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, auf die Verfahrensbeanstandung kommt es danach nicht mehr an.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der im Tatzeitraum 89 bzw. 90 Jahre alte Beschuldigte nach dem Tod seiner Ehefrau - aus der Ehe gingen drei in den Jahren 1959 bis 1963 geborene Kinder hervor - mit der etwa acht Jahre jüngeren Nebenklägerin seit Mitte der 1980er Jahre eine harmonische Beziehung. Mit ihrem Sohn aus erster Ehe verstand er sich ebenfalls gut und erwarb mit ihm gemeinsam ein Grundstück, das sie sich teilten. Ab dem Jahr 2014 änderte sich das Verhalten des Beschuldigten, der sowohl gegen- über seiner Lebensgefährtin, deren Sohn, aber auch gegenüber seinen leiblichen Kindern zunehmend misstrauisch wurde. Es zeigten sich zudem Anzeichen einer Demenzerkrankung, so dass er sich im März 2015 bei einem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie vorstellte, der eine leichte kognitive Störung sowie eine im Vordergrund stehende paranoide Störung diagnostizierte und den zudem auf einen Rollator angewiesenen Beschuldigten medikamentös behandelte. Im täglichen Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin kam es gleichwohl zunehmend zu Unstimmigkeiten, die in heftige Streitigkeiten ausarteten. Der Beschuldigte mutmaßte - zu Unrecht -, sie habe sich einem anderen Mann zugewandt; außerdem verfestigte sich bei ihm die - gleichfalls unzutreffende - Überzeugung, er sei bei dem gemeinsamen Grundstücksgeschäft mit dem Sohn seiner Lebensgefährtin übervorteilt worden. Aus diesem Grund versteckte er unter anderem Notarverträge in dieser Angelegenheit vor der Nebenklägerin, vergaß aber in der Folgezeit den Ablageort und beschuldigte anschließend seine Lebensgefährtin, sie habe ihm die Dokumente gestohlen.
3
Auf der Grundlage dieser Vorgeschichte hat die Strafkammer die folgenden Taten festgestellt:
4
Bereits im Mai 2015 kam es zu einem Streit, in dessen Verlauf die Nebenklägerin ins Schlafzimmer lief; der Beschuldigte folgte ihr, warf sie aufs Bett, drückte ihr für ein paar Sekunden den Hals zu und verlangte von ihr, dass sie das gemeinsam bewohnte Haus verlassen solle. Da sie sich wehrte, ließ er von ihr ab; sie verließ ihn wegen der langjährigen Lebenspartnerschaft nicht (Fall 1).
5
Im Oktober 2016 glaubte der Beschuldigte, seine Lebensgefährtin habe ihn bestohlen. In der Küche des Hauses umfasste er von hinten ihren Hals und drohte, ihr ein Messer in den Bauch zu stechen, so dass sie "verrecke". An- schließend zog er sie zur Haustür und schubste sie mit den Worten: "Das ist hier mein Haus, hier kommst Du nicht mehr rein." aus dem Haus. Die Nebenklägerin kehrte gleichwohl nach einiger Zeit zurück und legte sich unbehelligt in ihr Bett. Auch jetzt wollte sie den Beschuldigten nicht verlassen und hoffte auf Besserung infolge der ärztlichen Behandlung (Fall 2).
6
Am Abend des 4. November 2016 kam es indes zu einem erneuten Streit. Der Beschuldigte warf seiner Lebensgefährtin, die ihm die verordneten Medikamente bereitgestellt hatte, vor, sie wolle ihn vergiften. Die Nebenklägerin wollte sich dem "Geschrei" entziehen und begab sich ins Schlafzimmer. Der Beschuldigte folgte ihr, drückte sie gegen einen Schrank und würgte sie mit beiden Händen am Hals. Sodann zog er aus seiner Hosentasche eine geladene Pistole, drückte ihr den Lauf schmerzhaft gegen den Kopf und drohte, sie zu erschießen. Kurzzeitig ließ er jedoch von ihr ab, so dass sie auf die Straße fliehen konnte. Er folgte ihr, forderte sie auf, stehen zu bleiben und drohte erneut, sie zu erschießen. Sodann schoss der Beschuldigte mindestens zweimal gezielt mit Tötungsabsicht auf seine fliehende Lebensgefährtin, verfehlte sie indes , so dass sie erfolgreich in die Dunkelheit flüchten konnte (Fall 3). Anschließend suchte er weiter nach ihr und vermutete sie im Haus eines Nachbarn, bei dem gerade eine Hochzeitsfeier stattfand. Als man ihm dort den Zutritt verwehrte , zog er erneut die Pistole und zielte auf den Kopf des Nachbarn, bis er sich schließlich überzeugen ließ, dass die Nebenklägerin sich dort nicht aufhielt, er die Waffe wieder einsteckte und nach Hause ging (Fall 4); auf dem Weg dorthin versteckte er die Pistole in einem Gebüsch, wo sie nach seiner Festnahme gefunden wurde. Bei der anschließenden Durchsuchung seines Hauses wurden weitere Schusswaffen und Munition sichergestellt; der Beschuldigte verfügte nicht über die erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis für den Besitz daran.
7
Das Landgericht ist - sachverständig beraten - zu der Annahme gelangt, bei dem Beschuldigten sei zu den jeweiligen Tatzeitpunkten aufgrund einer leichtgradigen Demenz und akuten Realitätsverkennungen die Einsichtsfähigkeit aufgehoben gewesen.
8
II. Die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB hält auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
9
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung im Sinne eines der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruht. In diesem Zusammenhang ist darzulegen, wie sich die festgestellte, einem Merkmal der §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden Zustand zurückzuführen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - 3 StR 181/17, juris Rn. 6 mwN).
10
2. Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
11
Bereits die Voraussetzungen einer aufgrund aufgehobener Einsichtsfähigkeit ausgeschlossenen Schuldfähigkeit (§ 20 StGB) des Beschuldigten bei Begehung der Anlasstaten sind nicht in nachvollziehbarer Weise dargestellt und belegt.
12
Das Landgericht hat insoweit die Ausführungen des Sachverständigen referiert, dass die bei dem Beschuldigten diagnostizierte leichtgradige Demenz dem Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung zuzuordnen sei, aufgrund der nicht sehr stark ausgeprägten kognitiven Störungen damit allein jedoch keine aufgehobene Einsichtsfähigkeit begründet werden könne; zu den jeweiligen Tatzeitpunkten hätten jedoch zusätzlich jeweils aktuelle Realitätsverkennungen vorgelegen, so dass "im Ergebnis von einer aufgehobenen Einsichtsfähigkeit auszugehen sei". Dem hat sich die Strafkammer angeschlossen und ausgeführt, in den Fällen 1 und 2 sei der Beschuldigte fälschlicherweise davon ausgegangen, dass seine Lebensgefährtin ihn betrüge und finanziell ausnutze. Im Fall 3 habe er angenommen, sie wolle ihn vergiften und hätte ihm wichtige notarielle Urkunden entwendet - letzteres ergibt sich allerdings nicht aus den Feststellungen zu diesem Fall. Tatsächlich habe sie keine Unterlagen an sich genommen und nur gewollt, dass er seine Medikamente nahm. Die "kaum nachvollziehbare Bedeutung", die der Beschuldigte der gesuchten Urkunde beigemessen habe, zeige, dass es ihm aufgrund seiner eingeschränkten Hirnleistungsfähigkeit nicht möglich sei, "vernünftige Einsichten zu bilden", weshalb das Landgericht "die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 StGB bejaht" hat.
13
Dies genügt nicht. Dass der Beschuldigte aufgrund seiner kognitiven Einschränkungen eine unzutreffende Vorstellung von der Wirklichkeit gehabt haben mag, führt nicht für sich genommen schon zur Annahme aufgehobener Einsichtsfähigkeit, insbesondere fehlt eine nachvollziehbare Begründung dafür, warum der Beschuldigte zweifelsfrei nicht in der Lage gewesen sein sollte, das Unrecht seiner Tat zu erkennen; es geht weder aus den wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen noch aus den Schlussfolgerungen der Strafkammer hervor, dass und warum er in der konkreten Situation angenommen haben sollte, er habe seine Lebensgefährtin würgen, auf sie schießen oder - im Fall 4, zu dem sich die Urteilsgründe insoweit ebenso wenig verhalten, wie zu der Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten bei der Begehung des Dauerdelikts des unerlaubten Waffenbesitzes - seinen Nachbarn mit einer Schusswaffe bedrohen dürfen.
14
Die Sache bedarf deshalb umfassend neuer Verhandlung und Entscheidung.
15
III. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
16
1. Im Sicherungsverfahren nach § 413 StPO können nur Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordnet werden. Einziehungsentscheidungen kommen bei schuldunfähigen Tätern dagegen allein im selbständigen Einziehungsverfahren in Betracht (§ 435 StPO), wenn die Voraussetzungen des § 76a Abs. 1 Satz 1 StGB vorliegen (vgl. zur früheren Gesetzeslage nach § 76a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB aF BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2017 - 3 StR 121/17, juris Rn. 3; vom 16. März 2016 - 4 StR 39/16, juris Rn. 3; jeweils mwN). Der insoweit gemäß § 435 Abs. 1 StPO im Sinne einer Verfahrensvoraussetzung erforderliche gesonderte Antrag ist bislang nicht gestellt worden, er kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass die Staatsanwaltschaft in der dem Sicherungsverfahren zugrunde liegenden Antragsschrift (§ 414 Abs. 2 Satz 2 StPO) ausgeführt hat, dass "die sichergestellten Asservate der Einziehung unterliegen" (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2017 - 3 StR 121/17, juris Rn. 4).
17
2. Die für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB notwendige Prognose, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlassdelikte zu entwickeln. Sie muss sich auch darauf erstrecken, welche rechtswidrigen Taten in Zukunft von dem Beschuldigten drohen und wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist. Neben der sorgfältigen Prüfung dieser Anordnungsvoraussetzungen ist das Tatgericht auch verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (BGH, Beschluss vom 22. August 2017 - 3 StR 249/17, juris Rn. 9 mwN). Es erscheint zweifelhaft, ob die bisherigen, ausgesprochen knappen Ausführungen des Landgerichts hierzu diesen Anforderungen genügen; insbesondere befasst sich das Urteil insoweit nicht mit der aus den Feststellungen ersichtlichen körperlichen Gebrechlichkeit des Beschuldigten , dem nach dem schriftlichen Sachverständigengutachten daraus resultierenden, "als sehr begrenzt" anzusehenden konkreten Gefahrenpotential und den von dem Sachverständigen in Erwägung gezogenen alternativen Unterbringungsmöglichkeiten.
Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Führt die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters nicht durch, so kann sie den Antrag stellen, Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie als Nebenfolge die Einziehung selbständig anzuordnen, wenn dies gesetzlich zulässig ist und die Anordnung nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist (Sicherungsverfahren).

(1) Die Staatsanwaltschaft und der Privatkläger können den Antrag stellen, die Einziehung selbständig anzuordnen, wenn dies gesetzlich zulässig und die Anordnung nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist. Die Staatsanwaltschaft kann insbesondere von dem Antrag absehen, wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat oder das Verfahren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde.

(2) In dem Antrag ist der Gegenstand oder der Geldbetrag, der dessen Wert entspricht, zu bezeichnen. Ferner ist anzugeben, welche Tatsachen die Zulässigkeit der selbständigen Einziehung begründen. Im Übrigen gilt § 200 entsprechend.

(3) Für das weitere Verfahren gelten die §§ 201 bis 204, 207, 210 und 211 entsprechend, soweit dies ausführbar ist. Im Übrigen finden die §§ 424 bis 430 und 433 entsprechende Anwendung.

(4) Für Ermittlungen, die ausschließlich der Durchführung des selbständigen Einziehungsverfahrens dienen, gelten sinngemäß die Vorschriften über das Strafverfahren. Ermittlungsmaßnahmen, die nur gegen einen Beschuldigten zulässig sind, und verdeckte Maßnahmen im Sinne des § 101 Absatz 1 sind nicht zulässig.

(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.

(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung.

(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.

(4) Ein wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellter Gegenstand sowie daraus gezogene Nutzungen sollen auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der ihr zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
aus diesem Gesetz:
a)
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c)
Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e)
gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f)
Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
3.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
4.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
6.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
7.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
8.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.

(1) Die Staatsanwaltschaft und der Privatkläger können den Antrag stellen, die Einziehung selbständig anzuordnen, wenn dies gesetzlich zulässig und die Anordnung nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist. Die Staatsanwaltschaft kann insbesondere von dem Antrag absehen, wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat oder das Verfahren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde.

(2) In dem Antrag ist der Gegenstand oder der Geldbetrag, der dessen Wert entspricht, zu bezeichnen. Ferner ist anzugeben, welche Tatsachen die Zulässigkeit der selbständigen Einziehung begründen. Im Übrigen gilt § 200 entsprechend.

(3) Für das weitere Verfahren gelten die §§ 201 bis 204, 207, 210 und 211 entsprechend, soweit dies ausführbar ist. Im Übrigen finden die §§ 424 bis 430 und 433 entsprechende Anwendung.

(4) Für Ermittlungen, die ausschließlich der Durchführung des selbständigen Einziehungsverfahrens dienen, gelten sinngemäß die Vorschriften über das Strafverfahren. Ermittlungsmaßnahmen, die nur gegen einen Beschuldigten zulässig sind, und verdeckte Maßnahmen im Sinne des § 101 Absatz 1 sind nicht zulässig.

(1) Für das Sicherungsverfahren gelten sinngemäß die Vorschriften über das Strafverfahren, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Antrag steht der öffentlichen Klage gleich. An die Stelle der Anklageschrift tritt eine Antragsschrift, die den Erfordernissen der Anklageschrift entsprechen muß. In der Antragsschrift ist die Maßregel der Besserung und Sicherung zu bezeichnen, deren Anordnung die Staatsanwaltschaft beantragt. Wird im Urteil eine Maßregel der Besserung und Sicherung nicht angeordnet, so ist auf Ablehnung des Antrages zu erkennen.

(3) Im Vorverfahren soll einem Sachverständigen Gelegenheit zur Vorbereitung des in der Hauptverhandlung zu erstattenden Gutachtens gegeben werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.