Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 295/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (Embargoverstoß) sowie wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (Embargoverstoß) in fünf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 90 € verurteilt und gegen die Nebenbeteiligte, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Angeklagte ist, den Verfall eines Geldbetrages angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- Der Einzelstrafenausspruch im Fall II.2 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Kammer hat nicht feststellen können, dass der Angeklagte wusste, dass die von seiner Gesellschaft in diesem Fall zu beliefernde A. (A. ) in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran (Iran-Embargo-VO) genannt wird. Diese Listung hat zur Folge, dass es nach Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO verboten ist, der A. wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, worunter das zu liefernde Tritium zu subsumieren ist. Mit der Veröffentlichung der Iran-Embargo-VO im Bundesanzeiger am 8. Mai 2007 ist ein Verstoß gegen dieses Bereitstellungsverbot gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG mit Strafe bedroht.
- 3
- Zutreffend hat die Strafkammer ausgeführt, dass die (mögliche) Unkenntnis von der Listung den Vorsatz des Angeklagten unberührt lässt, weil der Irrtum über den Inhalt und oder die Reichweite einer Ausfüllungsnorm, auf die ein Blankettstraftatbestand wie § 34 Abs. 4 AWG ausdrücklich verweist, sich als Verbots-, nicht aber als Tatbestandsirrtum darstellt (BGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 5 StR 105/06, NStZ 2007, 644; Urteil vom 11. Juli 1995 - 1 StR 242/95, NStZ-RR 1996, 24, 25; vgl. auch Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 92, 116, 209). Nicht zu beanstanden ist auch, dass sie einen solchen Irrtum für vermeidbar gehalten hat.
- 4
- Da das Landgericht damit aber das Vorliegen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nicht ausgeschlossen, sondern für zumindest möglich gehalten hat, hätte es sich im Rahmen der Strafzumessung auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der - wegen Versuchs bereits nach § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderte - Strafrahmen des § 34 Abs. 4 AWG gegebenenfalls gemäß § 17 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB ein weiteres Mal zu mildern war. Der Senat kann trotz der maßvollen Strafe nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des zweifach gemilderten Strafrahmens zu einer geringeren Einzelstrafe gelangt wäre.
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- Der Wegfall der im Fall II.2 verhängten Einsatzstrafe entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.