Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2012 - 3 StR 190/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Antrag des Beschuldigten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat gegen den Beschuldigten die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die vom Verteidiger rechtzeitig eingelegte Revision hat dieser mit Schriftsatz vom 23. Februar 2012 zurückgenommen. Hiergegen hat sich der Beschuldigte mit Schreiben vom 28. Februar 2012 gewandt und vorgetragen, er habe "die Revision nicht … einstellen lassen und auch nicht über den Pflichtverteidiger" …, weil er "mit ihm diesbezüglich keine Absprachen getroffen habe". Außerdem bitte er "um Wiedereinsetzung in den alten Stand, d.h. Unterbringung gemäß § 126a StPO". Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 14. März 2012 erklärt, dass er bei dem letzten Gespräch mit dem Beschuldigten "aufgrund der Diskussion über die Erfolgsaussichten der Revision und der daraufhin von Herrn S. getätigten Aussagen unmissverständlich davon ausgehen" musste, dass "die Revision nicht durchgeführt werden soll".
- 2
- Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt : "Wird die Wirksamkeit einer Rechtsmittelrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten bestritten, ist in der Regel eine feststellende Klärung durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (BGH NStZ 2001, 104; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 8). Diese führt hier zur deklaratorischen Feststellung, dass die Revision des Beschuldigten vom 16. Dezember 2011 am 23. Februar 2012 durch seinen Verteidiger, Rechtsanwalt V. , wirksam zurückgenommen wurde. 1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme wirksam ermächtigt. Dies ergibt sich schlüssig aus seinem Vortrag mit Schriftsatz vom 14. März 2012 (Bl. 97, Band II d. A.). Danach musste der Verteidiger unmissverständlich nach einer Diskussion der Erfolgsaussichten davon ausgehen, dass die Revision nicht durchgeführt werden soll. Zweifel an der Darstellung des Verteidigers bestehen nicht und ergeben sich auch nicht daraus, dass sich der Beschuldigte von der Revisionsrücknahme überrascht zeigt und eine Ermächtigung in Abrede stellt. Für die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erfolgen und braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6). Für den Nachweis der Ermächtigung, der noch nach Abgabe der Erklärung geführt werden kann, genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (BGH NStZ-RR 2010, 55; NStZ-RR 2005, 211, 212; NStZ 2001, 104; BGH, Beschluss vom 13. September 2007 - 4 StR 394/07).
3. Im Übrigen wäre die Revision bei unterstellter Unwirksamkeit der Rücknahme unzulässig, weil sie entgegen § 344 StPO nicht begründet worden ist (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 3). Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist lägen mangels formgerechtem Antrag (§§ 45 Abs. 2 Satz 2, 344 Abs. 1, 2 Satz 1, 345 Abs. 2 StPO) nicht vor."
- 3
- Dem schließt sich der Senat an.
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(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.
(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116 Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119a, 123, 125 und 126 entsprechend. Die §§ 121, 122 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen.
(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.
(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten im Sinne des § 1831 Absatz 5 und des § 1820 Absatz 2 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.
(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.