Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2014 - 3 StR 134/14

published on 06/05/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2014 - 3 StR 134/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 3 4 / 1 4
vom
6. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 6. Mai
2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 11. Dezember 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung ma- teriellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem sich aus der Beschlussformel ergebenden Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Schuldspruch wegen schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrat der mit einer Sturmhaube maskierte Angeklagte durch eine offen stehende Terrassentür die Wohnung der Geschädigten. In der einen Hosentasche trug er griffbereit ein Pfefferspray , in der anderen einen Elektroschocker bei sich. Diese Gegenstände wollte er erforderlichenfalls einsetzen, um etwaigen Widerstand gegen die geplante Wegnahme von Geld aus der Wohnung zu brechen. Als die Geschädigte den Angeklagten bemerkte, drückte er ihr mit dem Elektroschocker mehrmals auf den Arm und versuchte, einen Stromschlag auszulösen. Dies scheiterte jedoch, weil der Sicherungsstift nicht eingeführt war, den der Angeklagte möglicherweise gar nicht bei sich hatte. Die Geschädigte fürchtete dennoch weitere körperliche Übergriffe und wies den Angeklagten deshalb auf Geld in ihrer Handtasche hin, in der er einen Umschlag mit 1.000 € und ein Portemonnaie mit 285 € fand, die er an sich nahm. Zudem öffnete die Geschädigte auf Aufforderung des Angeklagten den Tresor, dem er weitere 900 € entnahm.
4
2. Danach kann die Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung keinen Bestand haben; denn das Landgericht hat nicht erörtert, ob der Angeklagte vom unbeendeten Versuch der gefährlichen Körperverletzung zurückgetreten ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB). Dies ist rechtsfehlerhaft, weil die Feststellungen den von der Strafkammer angenommenen Fehlschlag des Ver- suchs nicht tragen, so dass die Frage eines freiwilligen Rücktritts der Prüfung bedurft hätte.
5
Dem Angeklagten war es aus technischen Gründen nicht gelungen, einen Stromstoß auszulösen. Damit hatte er ersichtlich noch nicht alles getan, um den Körperverletzungserfolg herbeizuführen. Den Urteilsgründen lassen sich keine Umstände entnehmen, die ihn daran gehindert haben konnten, mit dem griffbereit zur Verfügung stehenden und von ihm von vornherein zum Einsatz vorgesehenen Pfefferspray weitere körperliche Angriffe gegen die Geschädigte zu führen; ein Fehlschlag des Körperverletzungsversuchs ist daher nicht belegt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 228; Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 346/12, NStZ 2013, 156, 157 f.). Ebenso wenig verhält sich das Urteil zu der Frage, ob der Angeklagte nur unfreiwillig davon absah, die Geschädigte doch noch körperlich zu verletzen. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er sich aufgrund äußerer Zwänge oder psychischer Hemmungen nicht mehr in der Lage gesehen hätte, die Geschädigte nunmehr unter Einsatz des Pfeffersprays anzugreifen. Dass der Angeklagte möglicherweise deshalb von weiteren Einwirkungen auf die Geschädigte absah, weil diese bereits aufgrund des folgenlosen Einsatzes des Elektroschockers um Leib und Leben fürchtete und sich zur Duldung der Wegnahme des Geldes veranlasst sah, schließt einen Rücktritt vom unbeendeten Versuch nicht aus; denn dem steht nicht entgegen, dass der Angeklagte sein mit der Verwendung des Elektroschockers verfolgtes außertatbestandliches Ziel, an das Geld der Geschädigten zu gelangen, erreicht hatte (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221; Beschluss vom 20. September 2012 - 3 StR 367/12, NStZ-RR 2013, 105).
6
Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung lässt auch die - von diesem Rechtsfehler nicht betroffene - Verurteilung wegen des tateinheitlich dazu begangenen schweren Raubes entfallen (KK/Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der Wegfall der für diese Tat verhängten Einzelstrafe entzieht auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.
Becker Pfister RiBGH Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.