Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2013 - 2 StR 586/12

published on 13/03/2013 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2013 - 2 StR 586/12
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Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 586/12
vom
13. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. März 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 19. Juli 2012, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen 1 bis 6 und 14 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl in sechs Fällen (Fälle 1 bis 6 der Urteilsgründe), schweren Bandendiebstahls in vier Fällen (Fälle 7 bis 10), vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung (Fall 15), gewerbsmäßiger Hehlerei (Fall 14) sowie Diebstahls (Fall 16) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Feststellungen tragen in den Fällen 1 bis 6 der Urteilsgründe die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl in sechs Fällen nicht.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich der Angeklagte K. und die nicht revidierenden Mitangeklagten L. und G. spätestens Anfang Juni 2011 mit dem gesondert Verfolgten T. zusammen , um in Thüringen hochwertige "Radio-Navigationsgeräte" aus Kraftfahrzeugen zu entwenden und anschließend gewinnbringend zu veräußern. L. und der Angeklagte waren für die eigentliche Tatausführung sowie das anschließende Verpacken und Versenden der Navigationsgeräte nach Litauen an G. zuständig. T. koordinierte die Tätigkeit und leitete L. und den Angeklagten an. Zwischen dem 8. und dem 11. Juli 2011 brach "zumindest" L. in Erfurt sechs Fahrzeuge der Marke VW bzw. Audi auf, indem er jeweils die rechte vordere Seitenscheibe zertrümmerte. Anschließend entwendete er die herstellerseits eingebauten Navigationssysteme und brachte sie in eine von ihm und dem Angeklagten benutzte Wohnung in Jena. Dort wurden sie mit Hilfe des Angeklagten am 19. Juli 2011 in zwei an G. adressierte Pakete verpackt, die L. anschließend unter Angabe eines falschen Absenders bei einem Paketdienst aufgab. Die Pakete und die in ihnen enthaltenen Navigationsgeräte konnten auf Grund eines anonymen Hinweises vor dem Versand nach Litauen sichergestellt werden.
4
b) Damit ist nicht in ausreichender Weise belegt, dass sich der Angeklagte in sechs Fällen der Beihilfe zum Bandendiebstahl schuldig gemacht hat.
5
aa) Das Landgericht sieht die maßgebliche Beihilfehandlung des Angeklagten darin, das er in der Wohnung in Jena beim Verpacken der entwendeten Navigationsgeräte behilflich war (vgl. UA S. 21, 27). Dabei hat es übersehen, dass zu diesem Zeitpunkt der Gewahrsam an den Geräten bereits gesichert, die Taten mithin bereits beendet waren (vgl. BGHSt 8, 390, 391; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 54 mwN). Nach Beendigung der Haupttat ist eine Beihilfe aber ausgeschlossen (vgl. Fischer aaO § 27 Rn. 6 mwN).
6
bb) Hinzu kommt Folgendes: Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage der Handlungseinheit oder -mehrheit nach dem individuellen Tatbeitrag eines jeden Beteiligten zu beurteilen. Fördert deshalb der Gehilfe durch ein und dasselbe Tun - wie hier der Angeklagte durch das Verpacken der Navigationsgeräte - mehrere rechtlich selbständige Taten des Haupttäters, so ist nur eine Beihilfe im Rechtssinne gegeben (vgl. BGHSt 49, 306, 316; Fischer aaO § 27 Rn. 31, jeweils mwN). Auch unter diesem Gesichtspunkt tragen die Feststellungen daher eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl in sechs Fällen , für die das Landgericht jeweils eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt hat, nicht.
7
cc) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann nach den bisherigen Feststellungen auch nicht in einer möglichen Zusage des Angeklagten vor Tatbegehung, bei dem Verpacken und Versenden der Navigationsgeräte behilflich sein zu wollen, eine taugliche Beihilfehandlung gesehen werden. Denn es fehlen jegliche Feststellungen dazu, inwieweit eine solche Zusage, die allein der Bandenabrede zu entnehmen sein könnte, die übrigen Beteiligten in ihrem Tatentschluss bestärkt oder in sonstiger Weise eine die Taten 1 bis 6 fördernde Funktion entfaltet und der Angeklagte dies - im Sinne eines doppelten Gehilfenvorsatzes - gewollt haben könnte. Das versteht sich angesichts der Zusage einer für sich genommen sichtlich unbedeutenden Hilfeleistung auch nicht von selbst.
8
c) Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 1 bis 6 der Urteilsgründe mit sämtlichen dazu gehörenden Feststellungen und damit auch, soweit die Strafkammer von einer Beteiligung des Angeklagten an der Bande schon im Juni 2011 (und nicht erst im Juli 2011) ausgegangen ist. Das gibt dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu in sich widerspruchsfreier und schlüssiger Sachverhaltsfeststellung, anhand derer zu prüfen ist, ob sich der Angeklagte wegen Beteiligung an den Diebstahlstaten oder womöglich wegen Begünstigung oder Geldwäsche strafbar gemacht hat.
9
2. Auch die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei im Fall 14 der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
10
a) Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte ein Navigationsgerät , welches zwischen dem 23. September 2011, 23.00 Uhr und dem 24. September 2011, 09.00 Uhr in Jena "mit einiger Wahrscheinlichkeit" durch L. aus einem VW-Passat entwendet worden war, "in Kenntnis der deliktischen Herkunft" dem gesondert Verfolgten G. "überließ". Dieser sollte das Gerät dem gesondert Verfolgten K. für 300,- bis 400,- Euro verkaufen. Als K. den Ankauf ablehnte, überließ ihm G. das Na- vigationsgerät als Pfand, wofür er darlehensweise 100,- Euro erhielt. Das Darlehen wurde nie zurückgezahlt, das Gerät später bei K. sichergestellt.
11
b) Eine (gewerbsmäßige) Hehlerei ist durch diese Feststellungen nicht hinreichend belegt. Die Hehlerei setzt in all ihren Begehungsformen ein einverständliches Zusammenwirken mit dem Vortäter voraus (vgl. nur BGHSt 42, 196, 197f. mwN). Es bleibt indes unklar, ob und inwieweit der Angeklagte im Einverständnis mit dem Vortäter des Diebstahls handelte. Das Landgericht hat weder zur Person des Vortäters noch zu etwaigen, gegebenenfalls auch konkludenten , Absprachen mit diesem konkrete Feststellungen getroffen. Soweit das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung (UA S. 23) pauschal ausführt, L. und der Angeklagte K. hätten durch den Verkauf des Geräts dauerhaft Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts erzielen wollen, lässt sich daraus zwar ein übereinstimmender Willen des L. und des Angeklagten hinsichtlich der angestrebten Veräußerung des Geräts entnehmen. Indes hat die Strafkammer eine Täterschaft des L. gerade nicht festgestellt, sondern bezeichnet eine solche lediglich als naheliegend und schließt sie im Ergebnis nicht aus.
12
c) Auch insoweit bedarf die Sache daher neuer Verhandlung und Entscheidung , zumal angesichts der lückenhaften Feststellungen auch nicht nachvollziehbar ist, welche Tatmodalität der Hehlerei das Landgericht seiner Verurteilung zu Grunde gelegt hat.
13
3. Durch die Aufhebung der Verurteilungen in den Fällen 1 bis 6 und 14 und dem Wegfall der damit verbundenen sieben Einzelstrafen wird auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage entzogen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.