Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2017 - 2 StR 57/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 21. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) soweit es den Angeklagten D. betrifft,
b) soweit es den Angeklagten B. betrifft im Fall II. 2. der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten B. wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten D. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen richten sich die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Das Rechtsmittel des Angeklagten D. hat in vollem Umfang Erfolg, das Rechtsmittel des Angeklagten B. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Den Verfahrensrügen bleibt aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 19. August 2016 der Erfolg versagt.
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- 2. Die materiellrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revision des Angeklagten B. hat zum Schuldspruch im Fall II. 1. der Urteilsgründe und hinsichtlich der insoweit verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten ergeben.
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- 3. Hingegen hat das Urteil keinen Bestand, soweit die Angeklagten im Fall II. 2. der Urteilsgründe wegen tateinheitlich begangenem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden sind.
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- a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen des Landgerichts bestellte der Mitangeklagte M. Anfang Dezember 2013 bei seinem Lieferanten in den Niederlanden 5 kg Marihuana und kündigte ihm telefonisch an, die Betäubungsmittel abzuholen. M. „bestellte sodann die Angeklagten B. und D. telefonisch zu sich, um mit diesen gemeinsam die Einkaufsfahrt in die Niederlande anzutreten“.
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- Die drei Angeklagten begaben sich am 9. Dezember 2013 mit dem Mietwagen des Mitangeklagten M. nach N. , wo M. mehr als 5,2 kg Marihuana erwarb. „Das Rauschgift bewahrten sie in einem weiteren Mietfahrzeug […] auf, welches von einem unbekannt gebliebenen Kurier gesteuert wurde“. Die Angeklagten fuhren mit dem Mietwagen des M. vor, der Kurier fuhr mit seinem mit Rauschgift beladenen Fahrzeug in einem „gewissen Abstand“ dahinter. „Dabei steuerte der Angeklagte M. den Kurier während der Fahrt per Mobiltelefon, indem er Anweisungen zu dessen Fahrweise gab und sich mit ihm über mögliche Auffälligkeiten auf der Strecke austauschte , sollte doch verhindert werden, dass dieser in eine Polizei- oder Zoll- kontrolle geriet“. Beide Fahrzeuge erreichten sodann F. , wo das Rauschgift auf einem Parkplatz in das Mietfahrzeug des M. umgeladen wurde. Die Betäubungsmittel, die zum gewinnbringenden Verkauf durch die Angeklagten bestimmt waren, wurden in der weiteren Folge in unterschiedlichen Mengen auf die Angeklagten aufgeteilt.
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- b) Diese Feststellungen tragen die vom Landgericht in Bezug auf die Einfuhr der Betäubungsmittel angenommene Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht. Zwar erfordert der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt.
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- Nach diesen Grundsätzen kann die Verurteilung jeweils wegen mittäterschaftlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - wie die Revisionen zu Recht einwenden - keinen Bestand haben. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts beschränken sich darauf, dass die Angeklagten zwar wussten, dass die Betäubungsmittel in dem weiteren Kurierfahrzeug eingebaut waren und mitbekommen haben dürften, dass der Mitangeklagte M. den Kurier während der Fahrt per Mobiltelefon „steuer- te“; weitere Umstände, aus denen sich ein gewisser Einfluss der Angeklagten B. und D. auf den Einfuhrvorgang als solchen ergeben würde - etwa die Festlegung der einzuhaltenden Fahrroute, telefonische Anweisungen an den Kurier oder ähnliches - hat das Landgericht ebenso wenig festgestellt wie sonstige Umstände, die den Täterwillen hinsichtlich der Einfuhr tragfähig begründen. Der vom Landgericht als wesentlich angesehene Tatbeitrag der anschließenden Lagerung der Betäubungsmittel durch die Angeklagten und die gemeinsame Verkaufsabsicht weisen nicht den hier erforderlichen Bezug zum Einfuhrvorgang selbst auf. Auch der - nicht unbedenkliche - Erfahrungssatz, wonach „zu der Abwicklung von Drogengeschäften in der vorliegenden Größenordnung in aller Regel weitere Personen mitgenommen werden, da zunächst eine größere Menge Geld, anschließend größere Mengen Betäubungs- mittel vorhanden sind“, die zu schützen seien, rechtfertigt nach den oben dar- gestellten Grundsätzen keine andere Beurteilung. Ein maßgebliches Abhängen der Durchführung und des Ausgangs der Einfuhr der Betäubungsmittel auch vom Willen der Angeklagten B. und D. lässt sich aus den Feststellungen damit nicht ableiten. Diese rechtfertigen gegebenenfalls eine Verurteilung der Angeklagten wegen (tateinheitlicher) Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (BGH, Beschlüsse vom 24. April 1997 - 4 StR 151/97, StV 1998, 598; vom 22. April 1997 - 4 StR 133/97, StV 1998, 597 und vom 22. März 1991 - 3 StR 34/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 21). Es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, dass der neue Tatrichter im Rahmen einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen treffen kann, die eine Verurteilung wegen mittäterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtfertigen.
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- Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln bedingt auch die Aufhebung des - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Schuldspruchs wegen tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie - hinsichtlich des Angeklagten B. - der Gesamtstrafe.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.